Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragungspflicht bezüglich des selbstständigen Beweisverfahrens bei Rücknahme der auf Anordnung nach § 494a ZPO erhobenen Klage

 

Normenkette

ZPO § 269 Abs. 3, § 494a

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 409 O 165/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Hamburg, Kammer 9 für Handelssachen, vom 17.12.2001 abgeändert:

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits unter Ausschluss der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens LG Hamburg 409 OH 1/00 zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten nach einem Streitwert von 9.000 DM auferlegt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist nach § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO a.F. statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

In der Regel hat allerdings der Kläger, der nach vorangegangener Fristsetzung gem. § 494a ZPO zunächst die Hauptsacheklage erhebt, sie dann aber zurücknimmt, auch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu tragen. Dabei kann offen bleiben, ob sich diese Rechtsfolge aus § 269 Abs. 3 ZPO ergibt, oder ob dem Antragsteller die Kosten in entsprechender Anwendung des § 494a Abs. 2 ZPO aufzuerlegen sind (so Zöller/Herget, § 494a ZPO Rz. 4a). Etwas anderes muss jedoch gelten, wenn es in dem Folgeprozess auf das Ergebnis der Beweiserhebung nicht ankam, aber zu erwarten ist, dass das Ergebnis der Beweissicherung in einem anderen zwischen den Parteien geführten Prozess entscheidungserheblich sein wird. So liegt der Fall hier. Denn in dem zwischen Kläger und Beklagten mit umgekehrter Parteirolle geführten Parallelprozess LG Hamburg 321 O 344/01, in dem die Beklagte ihre Vergütung nach § 631 BGB einklagt, hat der Kläger seine Einwendungen auf die Mängel der Bauleistungen gestützt. Hierüber ist aber im selbstständigen Beweisverfahren durch Einholung des Gutachtens des Sachverständigen A. Beweis erhoben worden. Das Beweisergebnis ist nach § 493 ZPO auch für den Parallelprozess benutzbar; denn hierfür ist es unerheblich, ob sich der Kläger oder der Beklagte im Prozess auf die Tatsachen beruft, über die selbstständig Beweis erhoben wurde. Wenn aber in dieser Situation dem Kläger/Beschwerdeführer schon jetzt die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens auferlegt würden, müsste er diese Kosten auch dann tragen, wenn er im Parallelprozess mit Rücksicht auf die Feststellungen des Sachverständigen obsiegte. Ein solches Ergebnis wäre zweckwidrig und mit dem Grundgedanken des Beweissicherungsverfahrens nicht zu vereinbaren, wonach die Beweisaufnahme bei Identität der Parteien und des Streitgegenstandes so anzusehen ist, als sei sie im Hauptprozess erfolgt, und wonach die Kosten dementsprechend solche des Rechtsstreits sind. Unter den gegebenen Umständen liegt es somit nahe, dass über die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens im Parallelprozess noch entschieden wird.

Dieses Ergebnis stimmt mit der zu § 91 ZPO vertretenen Auffassung überein, wonach die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens dann nicht als Kosten des Rechtsstreits anzusehen sind, wenn es auf das Beweisergebnis im Folgeprozess nicht ankommt, es aber in einem anderen Rechtsstreit der Parteien entscheidungserheblich sein kann (OLG Hamburg v. 23.4.1998 – 8 W 137/97, MDR 1998, 1124; vgl. Zöller/Herget, § 91 Rz. 13 „Selbständiges Beweisverfahren” a.E.). Auch dieser andere Prozess kann i.Ü. Hauptsacheprozess i.S.v. § 494a ZPO sein (OLG Köln v. 9.6.1999 – 17 W 241/98, OLGReport Köln 1999, 323 = NJW-RR 2000, 361). Jedenfalls darf dem Antragsteller des Beweisverfahrens die Möglichkeit, das Beweisergebnis erfolgreich benutzen zu können, ohne die Kosten der Beweisaufnahme tragen zu müssen, nicht über den Weg des § 494a ZPO genommen werden. Richtiger wäre es bei dieser Sachlage nach Auffassung des Senats allerdings gewesen, wenn der Beschwerdeführer sich bereits gegen die im Beweisverfahren beantragte und angeordnete Fristsetzung nach § 494a Abs. 1 ZPO gewandt hätte (vgl. OLG Nürnberg BauR 2000, 442). Aber auch wenn das unterblieben ist, kann die Rücknahme der erhobenen Klage nicht zur Kostentragung führen, solange eine Verwendung des Beweisergebnisses für den anhängigen Hauptsacheprozess in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Der Streitwert richtet sich nach den Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens.

Büchel Thiessen Wörner

 

Fundstellen

Haufe-Index 1111339

BauR 2002, 1283

MDR 2002, 1093

OLGR-BHS 2002, 229

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