Verfahrensgang

LG Konstanz (Beschluss vom 23.02.2007; Aktenzeichen 62 T 16/07)

AG Radolfzell (Aktenzeichen 3 UR II 33/05)

 

Tenor

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Konstanz vom 23.2.2007 - 62 T 16/07 A - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Konstanz zurückverwiesen.

3. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten werden nicht erhoben.

4. Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage in R. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 9.11.2005 wurde durch Mehrheitsbeschluss unter TOP 4.06 das Verbleiben eines Windabweisers am Balkon der Wohnung Nr. B 10 genehmigt (AS 25).

Mit Schriftsatz vom 7.12.2005 (AS 5/7), der am selben Tag als Telefax beim AG einging (AS 1/3), hat der Antragsteller den genannten Beschluss mit der - durch Schriftsatz vom 6.3.2003 (AS 39/43) nachgereichten - Begründung angefochten, bei der Anbringung des Windabweisers habe es sich um eine das Gesamtbild der Anlage beeinträchtigende bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG gehandelt, über die nicht durch Mehrheitsbeschluss habe entschieden werden können. Die Beschlussanfechtungsschrift wurde der darin als Antragsgegnerin bezeichneten "WEG M.-S.-Weg ..., R., vertreten durch den Verwalter Lothar K." zugestellt (AS 97).

Durch Beschluss vom 28.12.2006 (AS 139/145) hat das AG dem Antrag des Antragstellers entsprechend entschieden. Diese Entscheidung hat das LG auf die Beschwerde der Antragsgegner mit - dem Antragsteller am 27.2.2007 (AS 313) zugestellten - Beschluss vom 23.2.2007 dahin abgeändert, dass der Antrag, den angefochtenen Beschluss für ungültig zu erklären, zurückgewiesen wird. Hiergegen richtet sich die mit Anwaltschriftsatz vom 13.3.2007 (AS 339), der am 13.3.2007 als Telefax beim Rechtsbeschwerdegericht einging (AS 337), eingelegte (sofortige weitere) Beschwerde des Antragstellers.

II. Das statthafte (§ 45 Abs. 1 WEG) und auch sonst zulässige (§§ 22 Abs. 1, 29 FGG) Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Da die Anfechtung von Beschlüssen die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft und damit eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen betreffe, habe sich der Anfechtungsantrag gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Im vorliegenden Fall richte er sich aber gegen die nach der neueren Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 163, 154 ff.) teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft, was sich u.a. daraus ergebe, dass diese als solche und als "Antragsgegnerin" bezeichnet wurde. Eine nachträgliche Bestimmung, "wer denn nun der wahre Antragsgegner ist", sei im Beschwerdeverfahren nicht möglich, weil die Entscheidung des AG nach dem Rubrum gegen die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft ergangen sei, wenn auch in den Gründen von den "Antragsgegnern" gesprochen werde. Da die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft nicht passivlegitimiert sei, habe der Beschluss der Wohnungseigentümer auch nicht aufgehoben werden können.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Antragsgegner sind nicht die WEG, sondern die einzelnen Wohnungseigentümer mit Aus nahme des Antragstellers.

a) In Rechtsprechung (vgl. zuletzt BGH, NJW-RR 2008, 582 ff., 583 m.w.N.) und Literatur (vgl. Wenzel, in: Staudinger, BGB, 13. Bearb. 2005, Rz. 22 vor §§ 43 ff. WEG) ist allgemein anerkannt, dass eine Parteibezeichnung als Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Maßgeblich ist dabei, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfängerseite (Gericht und Gegenseite) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der vom Kläger bzw. vom Antragsteller in der Klage- bzw. Antragsschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich derjenige als Partei anzusehen, der erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, a.a.O., m.w.N.).

b) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Anfechtung des Beschlusses der Eigentümerversammlung. Sie ist - wie das LG richtig ausgeführt hat - gegen die übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten (vgl. auch Wenzel, a.a.O.). In der Antragschrift vom 7.12.2005 ist zwar auf der Passiv-Seite die "WEG M.-S.-Weg ..." genannt. Es liegt aber ausgesprochen nahe, dass mit dieser Sammelbezeichnung nicht die rechtsfähige WEG selbst, sondern ihre einzelnen Mitglieder - mit Ausnahme des Antragstellers selbst - gemeint sind. In derartigen Fällen, in denen angesichts der gesamten Umstände, insbesondere des mit der Verfahrenseinleitung verfolgten Begehrens, keine vernünftigen Zweifel am wirklich ...

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