Leitsatz (amtlich)

1. Treffen ein gemeinsamer Geh- und Radweg und eine ohne Beschränkung dem Fahrzeugverkehr gewidmete Straße aufeinander handelt es sich um eine Kreuzung i.S.d. § 8 Abs. 1 StVO, an der "rechts vor links" gilt. (Anschluss an OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 1998, 37 und DAR 2000, 307).

2. Ein Vorfahrtberechtigter darf grundsätzlich auf die Beachtung seiner Vorfahrt vertrauen. Dieser Vertrauensschutz gilt jedoch nicht ausnahmslos; er darf sich dann nicht auf die Beachtung seiner Vorfahrt verlassen, wenn konkrete Umstände Anlass zu der Befürchtung geben, ein anderer Verkehrsteilnehmer werde die Vorfahrt verletzen. Solche Umstände können auch in den örtlichen Verhältnissen einer Einmündung liegen, wenn nämlich die vom Vorfahrtberechtigten befahrene Straße in eine Querstraße einmündet, ohne sich jenseits der Einmündung fortzusetzen (sog. T-Einmündung), und seine Straße für den Wartepflichtigen nicht oder nicht voll einsehbar ist. (im Anschluss an OLG Celle VersR 1976, 345 und OLG Koblenz DAR 2004, 272).

 

Normenkette

StVO § 8 Abs. 1; StVG § 9; BGB § 254

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 28.09.2011; Aktenzeichen 5 O 197/10)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers und der Drittwiderbeklagten wird das Urteil des LG Heidelberg vom 28.9.2011 - 5 O 197/10 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,59 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 22.5.2010 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten weitere 62,47 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 14.7.2010 zu bezahlen.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 5.690,70 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 17.8.2010 zu bezahlen.

4. Es wird festgestellt, dass der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Beklagten 80 % der zukünftig entstehenden materiellen Schäden sowie nicht vorhersehbare immaterielle Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 20 % zu ersetzen, die auf das Unfallereignis am 25.3.2010 gegen 20.30 Uhr in St. Leon-Rot, W. Straße zurückzuführen sind.

5. Der Kläger und die Drittwiderbeklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten 546,68 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus der Kläger seit dem 17.8.2010, die Drittwiderbeklagte seit dem 15.8.2010 zu bezahlen.

6. Im Übrigen werden die Klage, die Widerklage und die Drittwiderklage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 14 %, der Kläger weitere 38 % und die Beklagte 48 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in 1. Instanz trägt die Beklagte 48 %, von den außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten in 1. Instanz trägt die Beklagte 20 %, von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in 1. Instanz tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 14 %, der Kläger weitere 38 %. Im Übrigen behalten die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten 1. Instanz auf sich.

Von den Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 18 %, der Kläger weitere 47 % und die Beklagte 35 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in 2. Instanz trägt die Beklagte 35 %, von den außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten in 2. Instanz trägt die Beklagte 20 %, von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in 2. Instanz tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 18 %, der Kläger weitere 47 %. Im Übrigen behalten die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten 2. Instanz auf sich.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Gegner durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckenden Betrags geleistet hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 25.3.2010 gegen 20.30 Uhr in X ereignete.

Der Zeuge H. befuhr die in einer Zone 30 gelegene W.-Straße in westlicher Richtung, die auf Höhe der Hausnummer 25 durch eine Verkehrsinsel geteilt ist, die gemäß Zeichen 222 ("rechts vorbei") vom Zeugen H. rechts umfahren wurde. Am Ende des zur Hausnummer 25 gehörenden Grundstücks mündet von Norden - aus Fahrtrichtung des Zeugen betrachtet von rechts - die ehemalige S. straße, die für den Verkehr mit zweispurigen Fahrzeugen nicht (mehr) befahrbar und zur W. Straße hin für die Einfahrt mit zweispurigen Fahrzeugen durch einen Pfosten gesperrt ist, in die W. Straße. Die Beklagte/Widerklä...

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