Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Verjährung in der Vermögenshaftpflicht durch Aufforderung zum Verzicht auf die Verjährungseinrede

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 VVG beginnt in der Vermögenshaftpflichtversicherung, wenn der Geschädigte den Versicherungsnehmer unter Androhung der Erhebung einer Feststellungsklage zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung auffordert und feststeht, dass nur der Versicherungsnehmer als Anspruchsgegner in Betracht kommt und das Ob nud die Höhe des Schadens nur vom Ausgang eines anderen Verfahrens abhängt.

 

Normenkette

VVG § 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 05.08.2005; Aktenzeichen 2 O 34/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Konstanz vom 5.8.2005 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht mit seiner Klage einen Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz aus einer Vermögenshaftpflichtversicherung geltend. Das LG hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen.

Zum Sachverhalt wird auf die tatsächlichen Feststellungen des LG Bezug genommen.

In der Berufung wiederholt der Kläger lediglich seine Rechtsansicht, dass nach dem Urteil des BGH vom 3.10.1979 die Erfüllung des Haftpflichtanspruchs frühestens in dem Zeitpunkt möglich sei, in dem der Gläubiger seinen Anspruch beziffert. Keinesfalls genüge es, dass der Gläubiger den Versicherungsnehmer lediglich zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung auffordere.

In der Berufungsinstanz stellt der Kläger nach zwischenzeitlichem Vergleich mit den

Eheleuten S. auf Zahlung von 40.000 EUR dahin um, dass die Beklagte diesen Betrag nebst einer halben Gerichtsgebühr zu zahlen habe.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 40.000 EUR nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und 1.103 EUR nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des LG.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 5.10.2005 (II 9) und vom 21.11.2005 (II 35) Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Nach der Rechtsprechung des BGH - auch im Urt. v. 3.10.1979 (BGH, Urt. v. 3.10.1979, VersR 19179, 1117) wird der Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers in der Vermögenshaftpflichtversicherung frühestens in dem Zeitpunkt fällig (und damit beginnt die Verjährungsfrist zu laufen), in dem der Gläubiger seinen Anspruch beziffert oder, wenn nicht Schadensersatz in Geld gefordert wird, den geforderten Gegenstand hinreichend konkretisiert hat. Die Verjährung beginnt, sobald die geschuldete Leistung gefordert und klageweise geltend gemacht werden kann. Von einer Abwehr des geltend gemachten Haftpflichtanspruchs kann frühestens in dem Zeitpunkt gesprochen werden, in dem der Gläubiger mit dem Angriff begonnen hat. Das ist allerdings nicht erst dann der Fall, wenn er gerichtliche Schritte zur Durchsetzung seines Anspruchs ergriffen hat; es genügt vielmehr die außergerichtliche Aufforderung zur Zahlung von Schadensersatz oder zur Anerkennung der Schadensersatzforderung, ja selbst das Verlangen nach Abgabe eines auf den Grund des Anspruchs beschränkten Anerkenntnisses der Schadensersatzpflicht. Keinesfalls kann es aber genügen, dass der Gläubiger den Versicherungsnehmer lediglich zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung auffordert.

Der Versicherungsanspruch eines Haftpflichtversicherungsnehmers ist damit fällig, wenn mit der Abwehr des geltend gemachten Haftpflichtanspruchs begonnen werden kann. Dieser Zeitpunkt ist gekommen, sobald der Gläubiger den Versicherungsnehmer gerichtlich oder außergerichtlich zur Zahlung von Schadenersatz oder zur Anerkennung von Schadenersatzansprüchen aufgefordert hat. Dem Versicherungsnehmer ggü. muss klargestellt sein, dass ein ernsthaftes Schadensersatzverlangen vorliegt. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Gläubiger ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet hat und in der anschließenden Korrespondenz seinen Anspruch konkretisiert. Die Verjährung des Versicherungsanspruchs beginnt dann mit dem Ende des Jahres, in dem die Forderung fällig gestellt worden ist. Weiter ist nicht zu fordern, dass feststeht, ob und in welcher Höhe der Anspruch begründet ist (OLG Köln RuS 1998, 323; KG v. 21.2.2003 - 6 U 301/01, VersR 2003, 1246; LG Düsseldorf Schaden-Praxis 2004, 98; OLG Hamburg VersR 1999, 1012). So hat die Rechtsprechung anerkannt, dass bereits die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens genügt, um die Verjährungsfrist in Gang zu setzen, auch wenn dieses vors...

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