Leitsatz (amtlich)

Wer nichtexistente Sachen versichert, um deren Vorhandensein im Rahmen eines Betrugs Dritten ggü. vorzutäuschen, kann nach Aufdeckung der Tat geleistete Versicherungsprämien vom Versicherer nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern.

 

Normenkette

VVG § 68 Abs. 1; BGB §§ 812, 814, 817

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 11.10.2004; Aktenzeichen 2 O 212/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 11.10.2004 - 2 O 212/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufige vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma F Rückzahlungsansprüche wegen von dieser geleisteter Versicherungsprämien geltend.

Über das Vermögen der Firma F (künftig Schuldnerin) wurde mit Beschluss des AG Karlsruhe vom 1.4.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt (AH I, Anlage K 1). Die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin bestand in der gewerblichen Vermarktung eines Horizontalspülbohrverfahrens durch Einsatz von Horizontalbohrsystemen. Dabei stellte die Schuldnerin die Geräte nicht selbst her, sondern erwarb sie durch Leasingverträge.

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt wurden seitens der Firma K nicht existierende Bohranlagen an die Leasinggesellschaft, von denen die Schuldnerin die Bohranlagen auf Grund der Leasingverträge erhielt, verkauft. Die Anteile an der Firma K wurden im Jahre 1998 von der Geschäftsführerin N übernommen, die diese im Innenverhältnis treuhänderisch für die Geschäftsführer der Schuldnerin Sch und Dr. Kl hielt. Da die Lieferung der Bohrsysteme nicht über die Leasingunternehmen, sondern direkt vom Hersteller bzw. von der Firma K an die Schuldnerin erfolgte, die die Übernahme der Geräte jeweils bestätigte, wurde das Betrugssystem über viele Jahre hinweg nicht aufgedeckt. Bestandteil des Gesamtkonzepts war, dass die Schuldnerin Leasingverträge mit der jeweiligen Leasinggesellschaft abschloss und die Leasingraten zahlten musste, wobei die Leasingverträge die Verpflichtung der Schuldnerin enthielten, für die Leasinggeräte auch jeweils Maschinenversicherungen abzuschließen.

1987 schloss die Firma F-GmbH mit der Beklagten für die Maschinenversicherung einen Rahmenvertrag der in den Folgejahren mehrfach aktualisiert wurde. Die zu versichernden Maschinen wurden jeweils gesondert angemeldet und versichert (. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 13.11.1997 wurde die F-GmbH in eine Kommanditgesellschaft, die Firma F (Schuldnerin), umgewandelt.

Das LG hat mit Urt. v. 11.10.2004, auf das wegen der weiteren Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Soweit die versicherten Horizontalbohrsysteme tatsächlich nicht existierten, habe es zwar von Anfang an einem versicherbaren Interesse gefehlt mit der Folge, dass die Schuldnerin als Versicherungsnehmerin von der Verpflichtung zur Zahlung der Prämien befreit gewesen wäre. Einem Rückzahlungsanspruch stünde aber § 814 1. Alt BGB entgegen. Es sei nicht überzeugend, dass die gesetzlichen Vertreter der Schuldnerin vom Nichtbestehen der Schuld keine Kenntnis gehabt hätten. Dass ein Versicherungsvertrag nur bei einem versicherbaren Interesse abgeschlossen werden könne, eine Schadensversicherung mithin nur Sinn mache, wenn auf Grund der Existenz der versicherten Sache überhaupt ein Schaden entstehen könne, dürfte für jeden durchschnittlich verständigen Vertragspartner offenkundig sein. Aber selbst wenn ein Rückforderungsausschluss mangels Kenntnis der Nichtschuld nicht eingreife, stelle die Rückforderung durch den Kläger eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser macht geltend, Streitgegenstand seien ausschließlich die Prämienzahlungen für die fingierten, also nicht existenten Bohrsysteme. Die dennoch gezahlten Prämien seien ohne Rechtsgrund (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB) erfolgt. Die gesetzlichen Vertreter der Klägerin seien davon überzeugt gewesen, dass sie nach Abschluss des Versicherungsvertrages auch verpflichtet gewesen seien, die Prämien zu bezahlen. Das LG sei dem hierzu angebotenen Beweisantritt nicht nachgegangen. Da es auf ein Verschulden des Leistenden im Rahmen von § 814 BGB nicht ankomme, entfalle die Rückforderung auch nicht in Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Rechtsfolge der Nichtschuld ergebe, sofern der Leistende daraus nicht den Schluss gezogen habe, dass er nichts schulde. Die Schuldnerin habe aus den tatsächlichen Umständen nicht die rechtliche Schlussfolgerung der fehlenden Zahlungsverpflichtung gezogen oder erkannt. Es liege auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB vor). Es fehl...

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