Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Angebot auf Abschluss eines Prorogationsvertrages durch Angabe eines unzuständigen Gerichts im Mahnbescheidsantrag

 

Leitsatz (amtlich)

In der Bezeichnung nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO im Mahnbescheidsantrag eines nicht zuständigen Gerichts als das für das streitige Verfahren zuständige Gericht liegt kein Angebot auf Abschluss eines Prorogationsvertrages - auch wenn ersichtlich unter keinem Gesichtspunkt das bezeichnete Gericht für das Verfahren zuständig sein könnte. Vielmehr soll im Fall der Angabe eines offensichtlich nicht zuständigen Gerichts nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zurückgewiesen werden (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 690 Rz. 17). Weitergehende Rechtsfolgen sind der "Falschangabe" nicht beizumessen.

Durch die Ankündigung der Beklagten, sich auf die Klage beim unzuständigen Gericht rügelos einlassen zu wollen, wird eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht unzulässig.

 

Tenor

Zuständiges Gericht ist das LG T.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht aus eigenem und abgetretenem Recht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage in Form einer stillen Beteiligung an einer Fa. W. geltend.

Der Beklagte zu 1) ist Treuhänder der Fa. W. und für das Einsammeln und Weiterleiten der Anlegergelder im Inland zuständig gewesen. Der Beklagte zu 2) war Leiter des "Informationsbüros Deutschland" und für den Vertrieb der von der Fa. W. angebotenen stillen Beteiligungen in Deutschland verantwortlich. Der Beklagte zu 3) hat der Klägerin und dem Zedenten die Kapitalanlage an der Fa. W. vermittelt.

Die Klägerin stützt die Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 1) auf pVV des Treuhandvertrags zugunsten Dritter sowie auf unerlaubte Handlung wegen der Verletzung kapitalmarktrechtlicher Vorschriften, gegen den Beklagten zu 2) ebenfalls auf unerlaubte Handlung im Zusammenhang mit der Verletzung kapitalmarktrechtlicher Vorschriften und gegen den Beklagten zu 3) auf fehlerhafte Anlageberatung.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben ihren Wohnsitz in W. und M., der Beklagte zu 3) hat seinen Wohnsitz in D.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten Mahnbescheide beantragt und darin als für das streitige Verfahren zuständige Gericht jeweils das LG F. angegeben. Nachdem die Beklagten (durch den Beklagten zu 1) als Prozessbevollmächtigten für alle) Widerspruch eingelegt haben, wurde das Verfahren an das LG F. abgegeben.

In der Anspruchsbegründung hat die Klägerin beantragt, das Verfahren insgesamt an das LG T. zu verweisen und beim OLG Freiburg Antrag auf Bestimmung des LG T. als zuständiges Gericht gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestellt.

Die Beklagten sind dem Antrag entgegengetreten und haben geltend gemacht, sie würden sich beim LG rügelos einlassen.

II. Das OLG Karlsruhe ist gem. § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.

III. Auf den Antrag der Klägerin war als zuständiges Gericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das LG T. zu bestimmen.

Die Klägerin nimmt die drei Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch; ein gemeinsamer Gerichtsstand der Beklagten besteht nicht. Auch wenn nach dem Klagvortrag - auf den es ankommt - für beide Beklagten der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung mit dem Gerichtsstand am Wohnsitz der Klägerin als Eintrittsort des Schadens nach § 32 ZPO begründet ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 32 Rz. 16), so gilt dies nicht für den geltend gemachten Anspruch gegen den Beklagten zu 3) (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 32 Rz. 12).

Ein gemeinsamer Gerichtsstand ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin in allen drei Mahnbescheiden als das für das streitige Verfahren zuständige Gericht gem. § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das LG F. angegeben hat. Zwar bindet diese Wahl des Gerichtsstands grundsätzlich gem. § 35 ZPO (BayObLG v. 9.9.2002 - 1 Z AR 103/02, Rpfleger 2003, 139), dies gilt aber nicht, wenn das bezeichnete Gericht nicht zuständig ist (BayObLG v. 9.9.2002 - 1 Z AR 103/02, Rpfleger 2003, 139). Damit bleibt es bei der Zulässigkeit des Verfahrens nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

Auch der Umstand, dass sich die Beklagten beim LG F. auf die Klage einlassen wollen, begründet (noch) nicht die Zuständigkeit des LG F. Allerdings würde durch die rügelose Einlassung nach § 39 ZPO das LG F. zuständig. Jedoch sind die Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung vor dem LG F. - die bisher nicht stattgefunden hat - nicht an ihre Ankündigung gebunden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 40 Rz. 8).

Eine Prorogation gem. § 38 ZPO - die wiederum eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausschließen würde - ist nicht getroffen worden. Das Zustandekommen eines Prorogationsvertrages richtet sich nach materiell-rechtlichen Vorschriften (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 38 Rz. 5). In der Bezeichnung des LG F. als das für das streitige Verfahren zuständige Gericht liegt aber kein Angebot auf Abschluss eines Prorogationsvertrages - auch wenn ersich...

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