Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldnachzahlung im Rahmen der PKH

 

Normenkette

ZPO § 115

 

Verfahrensgang

AG Villingen-Schwenningen (Beschluss vom 15.12.2010; Aktenzeichen 4 (3) F 365/06 (PKH))

 

Tenor

1) Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 15.12.2010 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird angeordnet, dass die Antragsgegnerin auf die Prozesskosten monatliche Raten i.H.v. 45 EUR an die Staatskasse zu zahlen hat.

2) Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das Rechtsmittel richtet sich gegen die nachträgliche Anordnung, die der Antragsgegnerin im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe verauslagten Prozesskosten an die Staatskasse zu zahlen.

Im vorliegenden Verfahren wegen Ehescheidung wurde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 27.4.2007 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und später auf weitere Folgesachen erstreckt. Auf Anfrage legte die Antragsgegnerin im November 2010 eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor, aus der sich ergab, dass sie im November 2010 einen Betrag von 14.701,49 EUR erhalten hatte. Es handelte sich hierbei um nachträglich bewilligtes Kindergeld für die beiden im Haushalt der Antragsgegnerin befindlichen Kinder A., geb. am 3.9.1992, und F., geb. am 13.7.1995, für den Zeitraum Januar 2006 bis November 2010. Im Hinblick auf diesen Vermögenserwerb ordnete das AG in dem angefochtenen Beschluss vom 15.12.2010 an, dass die Antragsgegnerin nunmehr die entstandenen Kosten (5.049,74 EUR) aus ihrem Vermögen an die Staatskasse zu bezahlen habe.

Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Antragsgegnerin, mit dem sie ausführt, das Kindergeld sei nachträglich für die Vergangenheit gezahlt worden. Es könne deswegen nicht als einmaliger Zufluss beurteilt werden. In Betracht komme höchstens, ähnlich wie bei Abfindungen, den Betrag anteilig über einen längeren Zeitraum auf das laufende Einkommen umzulegen, was allenfalls für die Zukunft zur Anordnung von Ratenzahlungen führen könne.

Das AG hat nicht abgeholfen.

II. Das als sofortige Beschwerde i.S.v. § 127 ZPO auszulegende Rechtsmittel ist zulässig und insoweit begründet, als die Antragsgegnerin nicht zu verpflichten ist, die gesamten Prozesskosten in einer Einmalzahlung an die Staatskasse zu zahlen, sondern in Raten.

Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass Kindergeld grundsätzlich nicht Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO, sondern Einkommen i.S.v. § 115 Abs. 1 ZPO darstellt (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 115 Rz. 19). Denn dies bezieht sich nur auf das laufende Kindergeld, nicht jedoch auf eine größere Einmalzahlung rückständigen Kindergeldes.

Vermögen ist gem. § 115 Abs. 3 ZPO grundsätzlich für die Prozessführung einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Dies gilt gem. § 120 Abs. 4 ZPO auch in dem Fall eines nachträglichen Vermögenserwerbs nach Abschluss des Verfahrens. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit gilt § 90 SGB XII. Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist Vermögen nicht einzusetzen, wenn dies für den Berechtigten eine Härte bedeuten würde. Eine solche Härte liegt vor, wenn der Einsatz des Vermögens eine angemessene Lebensführung des Berechtigten wesentlich erschweren würde, § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII.

Im Fall nachträglich erlangten Vermögens unterscheiden Rechtsprechung und Lehre bei der Umsetzung dieser Grundsätze zwischen Vermögen, das einen zukünftigen Bedarf abdecken soll, und Vermögen, das einen Ausfall in der Vergangenheit auszugleichen bestimmt ist.

Vermögen, das einen zukünftigen Bedarf abdecken soll, kommt beispielsweise vor in Form von Abfindungen aus einem Arbeitsverhältnis oder Abfindungen eines zukünftigen Unterhaltsanspruchs. Diese Zahlungen sind dazu bestimmt, einen in der Zukunft liegenden Bedarf abzudecken. Sie sind daher regelmäßig auf einen längeren Zeitraum umzulegen, wodurch sich gegebenenfalls das laufende Einkommen erhöht, so dass eine Ratenzahlung auf die bewilligte Prozesskostenhilfe in Betracht kommt. Zu dieser Fallgruppe gehören die von der Antragsgegnerin vorgelegten Entscheidungen des OLG Nürnberg (FamRZ 2008, 1261) bzw. OLG Saarbrücken (FamRZ 2010, 2001; vgl. auch Zöller/Geimer, a.a.O., § 115 Rz. 5).

Etwas anderes gilt für einen Vermögenserwerb, der einen in der Vergangenheit liegenden Bedarf abdecken soll. Hier wird differenziert.

Soweit es sich bei dem Vermögenserwerb um Zahlungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine Krankengeldnachzahlung handelt, wurde in der Rechtsprechung erkannt, dass diese nur dann nicht gem. § 115 Abs. 3 ZPO als Vermögen einzusetzen sind, wenn der Lebensunterhalt für den Zeitraum in der Vergangenheit, für den die Nachzahlung erfolgt, durch die übergangsweise Aufnahme von Darlehen oder von Dritten finanziert wurde. Denn dann ist der Empfänger berechtigt, aus der Rückstandszahlung zunächst die aufgrund des Ausbleibens der Zahlungen entstandenen Verbindlichkeiten zurückzuführen (OLG Karlsruhe, FamRZ 2008, 126...

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