Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlungen auf rückständige Rente als Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zahlungen auf eine rückständige Rente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind als Vermögen für die Finanzierung von Prozesskosten einzusetzen.

2. Der allgemeine Hinweis auf die Vorfinanzierung des Lebensunterhalts durch private Kredite berechtigt nicht, zu deren Tilgung verwendete Beträge vorab vom Vermögen abzusetzen.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Mosbach (Beschluss vom 02.10.2007; Aktenzeichen 1 F 155/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des AG - FamG - Mosbach vom 2.10.2007 wird zurückgewiesen.

Beschwerdegebühr: 50 EUR (GKG KV Nr. 1812).

 

Gründe

Das AG hat Prozesskostenhilfe versagt, weil der Antragsgegner seine Prozesskosten aus eigenen Baumitteln finanzieren könne.

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners bleibt ohne Erfolg.

1. Das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner am 27.3.2007 formlos zugeleitet. Am 28.3.2007 wurden dem Antragsgegner mit diesem Betrag vergleichsweise bezifferte rückständige Renten aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung i.H.v. 32.050 EUR überwiesen. Der Antragsgegner hatte damit genügend Baumittel zur Finanzierung seines Prozesskostenbedarfs.

2. Der Antragsgegner möchte auch wertend berücksichtigt sehen, dass der Versicherer auch hätte die Versicherungsleistungen pünktlich erbringen können; in diesem Fall wären sie für den laufenden Bedarf aufgebraucht worden. Sollte der Antragsgegner daraus den Schluss ziehen, dass ihm der Betrag zur vollen freien Verfügung stehe, oder auch nur, dass er den Betrag beliebig zur Finanzierung aufgelaufenen Bedarfs und Rückzahlung von Schulden verwenden durfte, wäre ihm in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen.

3. Vielmehr gelten folgende Grundsätze:

Gemäß § 115 Abs. 2 ZPO hat eine bedürftige Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen, soweit nicht § 90 Abs. 2 und Abs. 3 SGB XII bestimmte Vermögenspositionen ausnimmt. Will eine Partei mit ihrem Vermögen Schulden tilgen oder hat sie dies bereits zu einem Zeitpunkt getan, zu dem ihr Prozesskostenbedarf bereits entstanden war, muss die Schuld als besondere Belastung bezeichnet werden können und die Tilgung als - ggü. dem Prozesskostenbedarf - angemessen (Gedanke des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO).

4. Der Antragsgegner hat für 11.000 EUR einen Personenkraftwagen Mercedes erworben. "Hintergrund" seien seine "extremen Rücken- und Beckenprobleme" gewesen; das Fahrzeug habe "spezielle orthopädische Sitze und Federung". Zugunsten des Antragsgegners sei unterstellt, dass er als Heilpraktiker Hausbesuche zu fahren hat und deshalb auf ein - seinen besonderen durch Krankheit bedingten Bedürfnissen angepasstes - Fahrzeug angewiesen ist. Gleichwohl bedarf es keiner Begründung dafür, dass eine Partei, die sich ihres grundsätzlich selbst zu finanzierenden Prozesskostenbedarfs bewusst gewesen wäre, sparsamer vorgegangen wäre.

5. Der Antragsgegner hat 10 am 28.8.2007 ausgedruckte Blatt Computerausdrucke zu seinem in direkter Verbindung mit der Datenverarbeitungsanlage geführten Postgirokonto vorgelegt, die eine Vielzahl von Überweisungsempfängern enthalten und wohl als Ausgabenbelege gedacht sind.

a) Die Ausgaben summieren sich auf rund 17.800 EUR, zusammen mit 11.000 EUR für ein Kraftfahrzeug auf 28.800 EUR. Der Betrag, den der Antragsgegner nicht für seine Prozesskosten verwenden muss, beschränkt sich auf höchstens 2.557 EUR (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII). Rund 700 EUR sind deshalb in jedem Fall für die Finanzierung der Prozesskosten frei.

b) Der Beschwerdeführer kann im Übrigen nicht erwarten, dass das Beschwerdegericht die Unterlagen selbst auswertet, wenn und soweit er eine eigene Auswertung nicht vorgenommen hat.

aa) Man soll aus den Belegen entnehmen, dass der Beschwerdeführer großteils Zahlungen an Versicherungen und Versorgungsträger vorgenommen hat. In einem Beiblatt zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beziffert der selbständig tätige Antragsgegner seinen Krankenversicherungsbetrag mit monatlich 720,72 EUR - darin ausweislich des vorgelegten Nachtrags zum Versicherungsschein vom 30.5.2007 enthalten auch rund 188 EUR für ein 1993 geborenes Kind Mandy - und trägt vor, dass er durch Krankheit und Insolvenz seine private Altersvorsorge verloren habe; seine Anwartschaft auf eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziffert der Antragsgegner mit 200 EUR.

Versicherungsprämien können das Einkommen und, wenn sie daraus nicht erbracht werden können, ohne dass das nach § 115 Abs. 1 ZPO einzusetzende Einkommen auf einen rechnerischen Wert unter Null sinkt, aus dem nach § 115 Abs. 2 ansonsten einzusetzenden Vermögen erbracht werden, wenn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII vorliegen; in verständli...

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