Leitsatz (amtlich)

Anforderungen an die Feststellung einer vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr.

 

Normenkette

StGB § 316

 

Verfahrensgang

AG Bad Säckingen (Entscheidung vom 12.03.2018; Aktenzeichen 7 Cs 24 Js 7904/17)

 

Tenor

  1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bad Säckingen vom 12. März 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen bleiben aufrechterhalten.
  2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bad Säckingen zurückverwiesen.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bad Säckingen verurteilte den Angeklagten am 12.03.2018 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu der Freiheitsstrafe von vier Monaten, die es zu Bewährung aussetzte. Ferner wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein wurde eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von 15 Monaten festgesetzt.

Das Amtsgericht hat zur abgeurteilten Tat unter Ziffer II. folgende "Feststellungen" getroffen:

"Der Angeklagte fuhr am 12.10.2017 gegen 20:10 Uhr mit dem Pkw Suzuki Vitara, amtliches Kennzeichen XX-YY 000, auf der F-straße und der H-straße in W, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Eine bei dem Angeklagten um 21:10 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine durchschnittliche Blutalkoholkonzentration von 1,31 Promille und eine um 21:49 Uhr entnommene Blutprobe eine durchschnittliche Blutalkoholkonzentration von 1,22 Promille. Aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere aufgrund seiner einschlägigen Vorstrafen, ist davon auszugehen, dass der Angeklagte seine Fahruntüchtigkeit auch erkannt hat oder jedenfalls zumindest billigend in Kauf genommen hat. Aufgrund einer Trunkenheitsfahrt am 27.11.2015 wurde dem Angeklagten bereits zuvor die Fahrerlaubnis entzogen. Am 29.10.2017, also nur drei Tage vor der oben genannten Fahrt, hat er erneut eine Fahrerlaubnis erworben."

Zur Würdigung der subjektiven Tatseite hat das Amtsgericht unter Ziffer IV. im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen Folgendes ausgeführt:

"Der Angeklagte hat sich damit wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr nach § 316 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Aufgrund des Umstandes, dass ihm vor drei Jahren bereits wegen desselben Deliktes schon einmal der Führerschein entzogen worden war und er in der Zwischenzeit sogar wegen einer MPU längere Zeit abstinent gelebt hat, ist davon auszugehen, dass der Angeklagte auch bedingt vorsätzlich gehandelt hat."

Der Angeklagte rügt mit der Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision durch Beschluss gemäß §§ 349 Abs. 2, 354 Abs. 1 StPO mit der Maßgabe, den Schuldspruch dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt wird (§ 316 Abs. 2 StGB), als unbegründet zu verwerfen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel des Angeklagten hat weitgehend Erfolg.

1. Die Verfahrensrügen greifen aus den von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 14.02.2019 genannten Gründen nicht durch. Soweit die Revision beanstandet, die Verhandlung habe unter Verstoß gegen § 233 Abs. 1 StPO an zwei Hauptverhandlungstagen in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers stattgefunden (§ 338 Nr. 5 StPO), ist sie bereits nicht zulässig erhoben, weil verschwiegen wurde, dass die an diesen Hauptverhandlungstagen vorgenommenen Verfahrensvorgänge durch nochmalige Verlesung von Urkunden an einem anderen Hauptverhandlungstag in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers wiederholt wurden. Entsprechender Vortrag wäre vorliegend jedoch erforderlich gewesen, da mit dieser Wiederholung eine etwaige anfängliche rechtsfehlerhafte Verhandlungsdurchführung möglicherweise geheilt wurde (zum Gebot des Vortrags zu sogenannten rügevernichtenden Umständen: MüKoStPO/Knauer/Kudlich, 1. Aufl. 2019, StPO § 344 Rn. 125; Cirener, NStZ-RR 2014, 33, 35 unter d. m.w.N.; BGH, Beschluss vom 15.03.2011 - 1 StR 33/11 -, juris Rn.12; zur Heilbarkeit von Verfahrensstößen im Zusammenhang mit absoluten Revisionsgründen s. Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl. 2018, § 338 Rn. 3; zur nochmaligen Verlesung von Urkunden siehe auch BGH, Beschluss vom 11.12.2018 - 2 StR 250/18, NJW 2019, 692 Rn. 17 m.w.N.).

2. Der Revision hat jedoch mit der Sachrüge weitgehend Erfolg, weil die Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung durch die Beweiswürdigung nicht hinreichend getragen wird.

Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Dies gilt selbst dann, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2015 - 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist allein darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlic...

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