Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des zuständigen Nachlaßgerichtes. Örtliche Zuständigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein im Verfahren nach § 5 FGG zu entscheidender Streit über die örtliche Zuständigkeit liegt vor, wenn das Verwahrgericht ein Testament, das es in seiner amtlichen Verwahrung hatte, nach Eröffnung an das seines Erachtens für die weitere Aufbewahrung örtlich zuständige Nachlaßgericht übersendet, dieses aber die Annahme ablehnt, weil es sich nicht für örtlich zuständig hält.

 

Normenkette

FGG §§ 5, 72-73; BGB § 2261

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 67 IV 49/90)

 

Tenor

Die Bestimmung eines örtlich zuständigen Nachlaßgerichts wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Am 19. Juni 1978 errichtete die Erblasserin beim Notariat Baden-Baden ein Öffentliches Testament. Sie starb am 7. Mai 1989 in der DDR, wo sie auch ihren letzten Wohnsitz hatte.

Das Notariat Baden-Baden eröffnete als Nachlaßgericht das Testament und übersandte den Vorgang an das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg. Dieses verneinte seine Zuständigkeit und schickte die Akten zurück. Das Notariat Baden-Baden hielt an seiner Auffassung fest, daß das Amtsgericht Schöneberg zuständig sei und sandte die Akten erneut nach Berlin. Daraufhin legte das Amtsgericht Schöneberg dem Oberlandesgericht Karlsruhe die Akten vor mit der Bitte, nach § 5 FGG das zuständige Nachlaßgericht zu bestimmen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG zur Entscheidung berufen.

Ein im Verfahren nach § 5 FGG zu entscheidender Streit über die örtliche Zuständigkeit liegt vor, wenn das Verwahrgericht ein Testament, das es in seiner amtlichen Verwahrung hatte, nach Eröffnung an das seines Erachtens für die weitere Aufbewahrung örtlich zuständige Nachlaßgericht übersendet, dieses aber die Annahme ablehnt, weil es sich nicht für örtlich zuständig hält (vgl. KG Rpfleger 1977, 100; Soergel-Harder BGB-Komm. 11. Aufl. 1982 Rdn. 6 zu § 2261 BGB).

Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist zuständig, weil das zu seinem Bezirk gehörende Notariat (Nachlaßgericht) Baden-Baden zuerst mit der Sache befaßt worden ist.

2. Die Bestimmung eines örtlich zuständigen Nachlaßgerichtes ist abzulehnen.

Eine Bestimmung des zuständigen Nachlaßgerichtes kann nicht erfolgen, weil weder eines der streitenden Gerichte noch ein anderes Gericht der Bundesrepublik Deutschland für die hier in Frage stehende, dem Nachlaßgericht obliegende Verrichtung, nämlich die endgültige Verwahrung des eröffneten Testaments (§ 2261 Satz 2 BGB, §§ 72, 73 FGG), örtlich zuständig ist.

Im Verfahren nach § 5 FGG kann in Ermangelung eines gemeinschaftlich oberen Gerichtes die Zuständigkeit eines Gerichtes oder einer Behörde außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes nicht bestimmt werden (KG OLGZ 1970, 223, 224; OLG Karlsruhe NJW 1955, 1885).

a) Werden Gerichte der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlins mit Nachlaßsachen befaßt, bei denen der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der DDR hatte, so ist von der örtlichen Zuständigkeit die interlokale als selbständige Verfahrensvoraussetzung zu unterscheiden (vgl. hierzu BayOblG IPRspr 82 Nr. 201; KG OLGZ 1970, 223 ff. mit Anm. von Geimer in DNotZ 1970, 679, 683).

Bei der interlokalen Zuständigkeit handelt es sich – ebenso wie bei der internationalen Zuständigkeit – um die Frage der Befugnis der deutschen Gerichte im Bereich der Bundesrepublik Deutschland, in der Sache überhaupt tätig zu werden. Zwar bedarf es bei einer Entscheidung nach § 5 FGG grundsätzlich keiner Erörterung der internationalen bzw. interlokalen Zuständigkeit; über sie muß vielmehr das örtlich zuständige Gericht selbst befinden. Eine Prüfung der internationalen (interlokalen) Zuständigkeit durch das zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts berufene Gericht ist aber inzidenter dann erforderlich, wenn sich aus dem Gesetz unmittelbar eine Gerichtsstandsbestimmung nicht ergibt und wenn die örtliche Zuständigkeit nur aus einer gegebenen internationalen oder interlokalen Zuständigkeit hergeleitet werden könnte. Denn die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts ist abzulehnen, wenn eine solche Zuständigkeit nicht besteht (KG OLGZ 1970, 223; BayOblG IPRspr 82 Nr. 201 m.w.N.).

b) Die Erblasserin hatte im Zeitpunkt des Erbfalles in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlins weder Wohnsitz noch Aufenthalt.

Damit scheidet für eine Gerichtsstandsbestimmung die unmittelbare Anwendung des § 73 Abs. 1 FGG ebenso wie die des § 73 Abs. 2 und Abs. 3 FGG aus (BGHZ 52, 123 ff.).

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg in Berlin-Schöneberg nach § 73 Abs. 2 Satz 1 BGB ist ihrem Wesen nach im übrigen immer nur eine Auffangzuständigkeit, ausschließlich zur Erteilung unbeschränkter Erbscheine für deutsche Erblasser (vgl. BayOblG a.a.O.).

Eine entsprechende Anwendung des § 73 Abs. 2 und Abs. 3 FGG kommt gleichfalls nicht in Betracht, weil die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland für die endgülti...

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