Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 39 F 254/22)

 

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Wirksamkeit von Ziffer 2 des Tenors des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg im Breisgau vom 03.05.2022 wird abgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die nachträgliche Anordnung der sofortigen Wirksamkeit hinsichtlich von Unterhaltsrückständen in einem Beschwerdeverfahren.

Mit dem in der Hauptsache angefochtenen Beschluss vom 03.05.2022 hat das Familiengericht den Antragsgegner zur Zahlung von laufendem Trennungsunterhalt ab Mai 2022 in Höhe von monatlich 1.400 EUR (Ziffer 1 des Tenors) sowie zur Zahlung von rückständigem Trennungsunterhalt für den Zeitraum von April 2020 bis April 2022 in Höhe von insgesamt 7.773,36 EUR (Ziffer 2 des Tenors) verpflichtet. In Ziffer 5 des Tenors wird die sofortige Wirksamkeit der Ziffer 1 angeordnet.

Der Antragsgegner hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und begehrt eine Festsetzung von lediglich 1.180 EUR laufendem Trennungsunterhalt ab Mai 2022 sowie von lediglich 5.075 EUR Rückstand.

Die Antragstellerin tritt dem entgegen.

Die Antragstellerin beantragt mit Schriftsatz vom 29.07.2022, vorab die sofortige Wirksamkeit hinsichtlich des Rückstands anzuordnen.

Der Antragsgegner tritt diesem Antrag entgegen.

Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. 1. Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob der Antrag der Antragstellerin zulässig ist.

Es handelt sich um einen Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Familiengerichts, hinsichtlich des rückständigen Unterhalts keine sofortige Wirksamkeit anzuordnen. Diese Entscheidung ergibt sich hinreichend deutlich aus der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit hinsichtlich des laufenden Unterhalts, nicht aber hinsichtlich des Rückstands (vgl. zu einem solchen Fall BGH vom 01.08.2013 - VII ZB 1/13, juris Rn. 19).

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 28.02.2013 entschieden, dass das Beschwerdegericht die in erster Instanz unterbliebene Entscheidung zur sofortigen Wirksamkeit nicht nachholen kann (OLG Karlsruhe vom 28.02.2013 - 18 UF 363/12, juris Rn. 2). Ob daran festzuhalten ist (vgl. dazu obiter dictum in OLG Karlsruhe vom 07.01.2019 - 20 UF 146/18, juris Rn. 8 ff.), muss hier nicht entschieden werden.

2. Denn jedenfalls ist der Antrag der Antragstellerin in der Sache nicht begründet, da das Familiengericht zu Recht eine sofortige Wirksamkeit hinsichtlich der Rückstände nicht angeordnet hat.

Nach § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG soll das Gericht die sofortige Wirksamkeit anordnen, soweit eine Endentscheidung eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt enthält. Die Formulierung umfasst zwar auch die hier im Streit stehenden Rückstände. Nach dem Sinn und Zweck dieser Norm geht es jedoch um die Bedeutung des Unterhalts zur Sicherung des Lebensbedarfs. In der Gesetzesbegründung wird insoweit abgegrenzt zwischen dem laufenden Unterhalt einerseits und länger zurückliegenden Unterhaltsrückständen andererseits (BT-Drs. 16/6308, S. 224). Auf eine ausdrückliche gesetzliche Regelung (vergleichbar etwa mit § 708 Nr. 8 ZPO: Rückstand bis zu drei Monaten ab Klageerhebung) wurde aber verzichtet. Auch ein Rückgriff auf die Grundsätze der einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen (laufender Unterhalt ab Antragstellung, vgl. dazu Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, 6. Auflage 2018, § 246 Rn. 6 m.w.N.) ist wegen der Unterschiedlichkeit der Normen nicht angemessen.

Entscheidend ist daher, ob für zeitlich näherliegende Rückstände ein Bezug zur Sicherung des Lebensbedarfs ersichtlich ist, etwa wenn der Unterhaltsberechtigte vorbringt, dass sich auf Grund des nicht gezahlten Unterhalts auf seinem Bankkonto erhebliche Belastungen angesammelt haben (vgl. Musielak/Borth, a.a.O., § 116 Rn. 7).

Die Antragstellerin hat vorliegend nicht vorgetragen, dass es bei der Vollstreckung der mittlerweile fast ein halbes Jahr zurückliegenden Rückstandsbeträge noch um die Sicherung ihres laufenden Lebensbedarfs geht. Wäre die Antragstellerin tatsächlich auf diese Beträge für ihren Lebensbedarf angewiesen, hätte es nahegelegen, insoweit eine einstweilige Anordnung nach § 246 FamFG zu beantragen, die mit Erlass sofort wirksam und vollstreckbar gewesen wäre (vgl. dazu Keidel/Giers, FamFG, 20. Auflage 2020, § 53 Rn. 2).

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Fundstellen

Haufe-Index 15567971

NJW-RR 2022, 1660

FF 2023, 510

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