Leitsatz (amtlich)

Vermögenslosigkeit i.S.d. § 394 Abs. 1 FamFG ist nicht mit Unterbilanz, Überschuldung oder Masselosigkeit gleichzusetzen; sie liegt nur vor, wenn nach kaufmännischer-wirtschaftlicher Betrachtungsweise überhaupt keine Zugriffs- und Verteilungsmasse für die Gläubiger zur Verfügung steht.

 

Normenkette

FamFG § 394 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Gesellschaft wendet sich gegen ihre beabsichtigte Amtslöschung wegen Vermögenslosigkeit. Gegenstand der (...) Gesellschaft ist insbesondere der Groß- und Einzelhandel mit Blumen und Pflanzen aller Art (...).

Mit Verfügung vom 25.1.2010 untersagte die Stadt K. den Beteiligten zu 1 und 2 nach § 35 Abs. 1 GewO die weitere selbständige Ausübung des Gewerbes "Großhandel mit Blumen und Pflanzen aller Art" sowie die Ausübung aller anderen Gewerbe, für die § 35 Abs. 1 GewO gilt. Grund hierfür waren erhebliche Steuerrückstände, die in dem Bescheid gegenüber dem Finanzamt mit 142.886,36 EUR und gegenüber der Stadt K. mit 7.126,77 EUR beziffert wurden. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium K. am 18.4.2011 zurück. Gegen diese Bescheide haben die Beteiligten zu 1 und 2 beim VG Karlsruhe am 23.5.2011 Klage erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem VG am 27.9.2011 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach die Kläger ihre Klagen zurücknehmen, die beklagte Stadt einstweilen auf die Vollstreckung der Gewerbeuntersagungsverfügungen sowie die Meldung an das Gewerbezentralregister verzichtet und sich bereit erklärt, vor Ablauf der Jahresfrist des § 35 Abs. 6 GewO das Wiedergestattungsverfahren auf Antrag einzuleiten.

Mit Verfügung vom 28.6.2013 teilte das AG Mannheim dem Beteiligten zu 2 mit, dass es beabsichtigt, die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister zu löschen. Zur Geltendmachung eines Widerspruchs wurde eine Frist von einem Monat gesetzt. Durch Telefax vom 21.7.2013 wurde dem AG ein auf dem Briefpapier der Beteiligten zu 1 geschriebener Widerspruch mit unleserlicher Unterschrift übermittelt. Mit Schreiben vom 22.7.2013 bat das AG um Klarstellung, wer das Widerspruchsschreiben unterschrieben habe. Durch Schreiben vom 12.8.2013 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 mit, dass die Gesellschaft nicht vermögenslos sei und auch im Hinblick auf die gewerberechtlichen Verfahren kein Grund für eine Amtslöschung bestehe. Gleichzeitig wurde die Bilanz des Steuerberaters für 2012 vorgelegt, die u.a. Aktiva von 247.224,47 EUR (darunter Sachanlagen 1 EUR, Vorräte 18.367,50 EUR, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 24.657,91 EUR, sonstige Vermögensgegenstände 80.644,61 EUR, Kassenbestand 6.819,70 EUR sowie ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 116.713,75 EUR), Eigenkapital von 0 EUR sowie Verbindlichkeiten von 247.224,47 EUR aufweist. Mit Schreiben vom 13.8.2013 bat das AG den Verfahrensbevollmächtigten um Nachreichung der Vollmacht.

Das AG hat durch Beschluss vom 3.9.2013 den Widerspruch gegen die Löschungsankündigung zurückgewiesen. Der Widerspruch sei mangels hinreichender Legitimation unzulässig. Außerdem habe die vorgelegte Bilanz die Vermögenslosigkeit bestätigt. Ein Zustellungsnachweis ist in der Akte nicht vorhanden. Durch Schriftsatz vom 8.10.2010 legte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 Beschwerde ein. Dabei rügte er, das Schreiben vom 13.8.2014 nicht erhalten zu haben, und wiederholte sein Vorbringen, dass die Gesellschaft nicht vermögenslos sei. Der Beschwerdeschrift waren Vollmachten beigefügt.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurden Auskünfte des Finanzamts K. und des AG K. - Schuldnerverzeichnis - eingeholt. Weiterhin reichte die Beteiligte zu 1 ihren Jahresabschluss zum 31.12.2013 ein. Schließlich versicherte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1, dass die ihm gegenüber erteilten Vollmachten vom Beteiligten zu 2 unterschrieben worden seien (...).

 

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist gem. §§ 394 Abs. 3, 393 Abs. 3 Satz 2 FamFG statthaft.

Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt, da sich wegen des fehlenden Nachweises der Zustellung des Beschlusses vom 3.9.2013 der Fristbeginn nach § 63 Abs. 3 Satz 2 bemisst (Keidel/Sternal, FamFG 18. Aufl., § 63 Rz. 27).

Die Beteiligte zu 1 ist als Widerspruchsführerin beschwerdebefugt (vgl. Bahren-fuss/Steub, FamFG 2. Aufl., § 394 Rz. 24). Dabei kann es dahinstehen, wer das Widerspruchsschreiben vom 20.6.2013 unterzeichnet hat, da das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 12.8.2018 gleichermaßen als Widerspruch aufzufassen ist. Unerheblich ist, dass insoweit die in der Löschungsankündigung vom 28.6.2013 gesetzte Frist von einem Monat versäumt wurde, da ein Widerspruch auch dann zu berücksichtigen ist, wenn er verspätet aber vor Löschung beim zuständigen Registergericht eingeht (Bahrenfuss/Streub, FamFG 2. Aufl., § 394 Rz. 16; OLG Köln Rpfleger 1994, 360; BayObLGZ 1977, 320, 323...

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