Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert eines Verfahrens über das Umgangsrecht für mehrere Kinder bei mehreren Anträgen auf Regelung des Umgangs durch einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Regelwert von 3.000 EUR gem. §§ 94 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO gilt auch für Verfahren betreffend mehrere Kinder. Eine Erhöhung erfolgt nur, wenn wegen der Mehrzahl der Kinder ein erhöhter Arbeitsaufwand, eine überdurchschnittliche Bedeutung oder sonstige besondere Umstände anzunehmen sind.

Der Streitwert für das Verfahren der einstweiligen Anordnung ist nicht schon deshalb über den Regelwert hinaus zu erhöhen, weil gegenläufige Anträge gestellt wurden (entgegen OLG Köln v. 16.3.2006 - 12 WF 10/06, FamRZ 2006, 1219; Anschluss OLG München FamRZ 2006, 1219)

Finden über zwei gesonderte Anträge auf Regelung des Umgangs im Wege einstweiliger Anordnung zwei gesonderte Verfahren statt, so ist der Streitwert für die - einheitliche - Angelegenheit zu verdoppeln.

 

Normenkette

ZPO § 620; KostO §§ 31, 91, 94; RVG §§ 18, 24

 

Verfahrensgang

AG Bruchsal (Beschluss vom 01.08.2006; Aktenzeichen 2 F 65/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagtenvertreters wird der Streitwertbeschluss des AG - FamG - Bruchsal vom 1.8.2006 - 2 F 65/06 - dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für die Verfahren der einstweiligen Anordnung auf insgesamt 1.000 EUR festgesetzt wird.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 31 Abs. 3 KostO zulässige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist nur teilweise begründet.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Hauptsacheverfahren zur Regelung des Umgangs für die beiden Kinder J. und M. auf 3.000 EUR ist nicht zu beanstanden. Die Festsetzung entspricht §§ 94 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO. Besondere Umstände, die vorliegend eine Überschreitung des Regelwertes rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Verfahren und Akteninhalt waren nicht überdurchschnittlich komplex; im Gegenteil war die in Umgangsverfahren nicht seltene Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich. Auch die Tatsache, dass das Umgangsrecht für zwei Kinder zu regeln war, rechtfertigt keine Erhöhung. Der Regelwert gilt auch für Verfahren betreffend mehrere Kinder; eine Erhöhung des Wertes ist in diesen Fällen nicht zwingend, sondern setzt voraus, dass wegen der Mehrzahl der Kinder ein erhöhter Arbeitsaufwand, eine überdurchschnittliche Bedeutung oder sonstige besondere Umstände anzunehmen sind (Rohs/Wedewer/Waldner, KostO, § 94 Rz. 22; OLG München v. 9.12.2005 - 16 WF 1831/05, OLGReport München 2006, 283 = FamRZ 2006, 1218; OLG Jena FamRZ 2000, 968; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 94 KostO Rz. 23; a.A. wohl OLG Köln v. 16.3.2006 - 12 WF 10/06, FamRZ 2006, 1219). Solche besonderen Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Die für die Entscheidung maßgeblichen Interessen und Lebensumstände waren und sind bei beiden Kindern im Wesentlichen gleich gelagert. Das Verfahren gestaltete sich somit trotz der Zahl von zwei Kindern nicht umfangreicher. Die in der vom Beklagtenvertreter zitierten Entscheidung des OLG Köln (OLG Köln v. 16.3.2006 - 12 WF 10/06, FamRZ 2006, 1219) vertretene Ansicht, schon die Tatsache der streitigen Durchführung des Verfahrens rechtfertige eine Anhebung über den Regelstreitwert hinaus, wird nicht geteilt; die streitige Verfahrensdurchführung mit gegenläufigen Anträgen ist kein besonderer Umstand, sondern Normalfall (zutreffend OLG München v. 9.12.2005 - 16 WF 1831/05, OLGReport München 2006, 283 = FamRZ 2006, 1218).

Obwohl für das Verfahren betreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Gerichtsgebühren erhoben werden (§ 91 Satz 2 KostO), ist die Festsetzung des Streitwertes im Hinblick auf die Maßgeblichkeit für die Rechtsanwaltsvergütung (§ 32 Abs. 1 RVG) angemessen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KostO). Die Bemessung des Streitwertes mit 500 EUR ist im Ansatz zutreffend (vgl. § 24 Satz 1 RVG). Dieser Wert ist allerdings im Hinblick auf § 18 Nr. 1b, Halbs. 3, 4 RVG zu verdoppeln, da über zwei gesonderte Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch je gesonderte Beschlüsse (vom 24.2.2006 sowie vom 15.5.2006) entschieden wurde; der zweite Antrag wurde erst gestellt, nachdem über den ersten Antrag (abschlägig) entschieden war. Es liegt zwar dennoch nur eine Angelegenheit vor (§ 18 Nr. 1 Halbs. 2 RVG). Die Gegenstandswerte der je selbständigen Verfahren sind jedoch zu addieren (§ 18 Nr. 1 Halbs. 3, 4 RVG; OLG München v. 9.12.2005 - 16 WF 1831/05, OLGReport München 2006, 283 = FamRZ 2006, 1218; Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG, 17. Aufl., § 18 Rz. 16).

Die weiter gehende Ansicht des Beklagtenvertreters, es lägen drei einstweilige Anordnungsverfahren vor, deren Streitwerte zu addieren seien, ist unzutreffend. Über den zweiten Antrag vom 24.3.2006 wurde in einem einheitlichen Verfahren abschließend mit einstweiliger Anordnung vom 15.5.2006 entschieden; dass hierbei unterschiedliche Zeiträume für den Umgang in B...

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