Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei einstweiligen Anordnungen

 

Normenkette

RVG §§ 18, 24

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 25.10.2005; Aktenzeichen 561 F 1017/05)

 

Tenor

1. Die Entscheidung über die Beschwerde wird wegen der Bedeutung der Sache auf den Senat zurückübertragen.

2. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - FamG - München vom 25.10.2005 dahin gehend abgeändert, dass für das Verfahren der einstweiligen Anordnung insgesamt ein Gegenstandswert von 1.000 EUR festgesetzt wird.

 

Gründe

I. Das AG - FamG - München hat mit Beschluss vom 1.7.2005 den Geschäftswert für das Verfahren der einstweiligen Anordnung im Rahmen des Sorgerechtsverfahrens für das minderjährige Kind der Parteien auf 500 EUR festgesetzt und mit Beschluss im Rahmen des Abänderungsverfahrens am 25.10.2005 keinen weiteren Geschäftswert festgesetzt. Beide Parteien hatten auch im Rahmen der einstweiligen Anordnung gegenläufige Anträge zur Übertragung der elterlichen Sorge gestellt. Die Mutter hatte darüber hinaus den Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners, einen Antrag auf Passerteilung mit zu unterzeichnen, gestellt.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde und begründet diese damit, dass angesichts der Bedeutung und des Umfangs der Angelegenheit insgesamt 500 EUR viel zu niedrig für die Angelegenheiten seien, da es daneben auch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgang gegeben habe und den Antrag auf Unterschrift im Passerteilungsantrag.

II. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

1. Das FamG hat den Geschäftswert für die einstweilige Anordnung im Rahmen des isolierten Sorgerechtsverfahren zunächst zutreffend mit 500 EUR festgesetzt (§ 24 RVG).

Der Antrag auf mündliche Verhandlung und/oder Abänderung der einstweiligen Anordnung nach § 620b Abs. 2, Abs. 1 ZPO ist jedoch seit In-Kraft-Treten des RVG zum 1.7.2004 als weiteres Verfahren gem. § 18 Nr. 1 Halbs. 4 RVG anzusehen, für das ein eigener Wert gem. § 24 RVG festzusetzen ist (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl. 2004, § 18 RVG Rz. 8). Der Gegenstandswert hierfür ist gleichfalls mit 500 EUR zu bestimmen. Beide Verfahren betreffen denselben Gegenstand, somit sind die Werte nach § 18 Nr. 1 Halbs. 4 RVG zusammenzurechnen und der Wert ist insgesamt auf 1.000 EUR festzusetzen.

2. § 24 RVG hat im Wesentlichen unverändert die Regelung von § 8 Abs. 3 BRAGO übernommen. Hiernach ist weiterhin bei einem Verfahren über eine einstweilige Anordnung nach § 621g ZPO von einem Gegenstandswert von 500 EUR auszugehen. Ein solcher "Ausgangswert" kann im Einzelfall höher angesetzt werden (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl. 2004, § 24 Rz. 5). Ob er im Einzelfall auch niedriger angesetzt werden kann, ist streitig (so jedoch: Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl. 2005, § 24 Rz. 3; anders Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl. 2004, § 24 Rz. 5). Es bleibt jedoch nach wie vor Raum für die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (Wick, FPR 2004, 357 [362]). Eine pauschale Erhöhung allein z.B. wegen der Zahl der Kinder ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht geboten, solange nicht weitere tatsächliche Schwierigkeiten, die einen erhöhten Aufwand des Prozessbevollmächtigten bedeuten, hinzutreten. Dies können z.B. mehrere mündliche Verhandlungen und Anhörungen sein. Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Umstände rechtfertigen die Erhöhung des Ausgangswertes nach Auffassung des Senats jedoch nicht. Sorgerechtsverfahren sind für Eltern eines Kindes in jedem Fall wichtig und belastend. Eine Unterscheidung nach dem Grad der Wichtigkeit für einen Elternteil ist nicht veranlasst. Besondere weitere tatsächliche Umstände, die eine Erhöhung des Ausgangswertes erforderten, sind nicht vorgetragen. Beide Parteien sind türkische Staatsangehörige, die Möglichkeit einer Reise eines Elternteils in das Heimatland der Parteien vor Entscheidung in der Hauptsache stellt keinen besonderen Umstand dar, der eine Erhöhung des Gegenstandswertes erfordert.

3. Darüber hinaus rechtfertigen weder der Umstand, dass beide Parteien gegenläufige Anträge im Verfahren der einstweiligen Anordnung gestellt haben, noch der zusätzliche Antrag auf Unterschriftsleistung auf dem Antrag zur Passerteilung eine Erhöhung des Gegenstandswertes nach § 24 RVG. Nach § 18 RVG sind mehrere Verfahren, die unter demselben Buchst. der Vorschrift genannt sind, eine Angelegenheit, deren Gegenstandswerte zusammenzurechnen sind. Dies gilt nach § 18 Nr. 1 Halbs. 4 RVG auch dann, wenn die mehreren Verfahren denselben Gegenstand betreffen.

Wenn beide Elternteile die Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teilbereiches der elterlichen Sorge auf sich beantragen, handelt es sich immer noch um nur ein Verfahren der einstweiligen Anordnung, nicht um mehrere Verfahren. Auch bei der Hauptsache "Elterliche Sorge" als isoliertes FGG-Verfahren oder als Folgesache im Scheidungsverbund erhöhen sich die Gegenstandswerte durch beidseitige Anträge auf Sorgerechtsübertragung nicht. Nu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge