Verfahrensgang

Vergabekammer Baden-Württemberg (Entscheidung vom 29.07.2008; Aktenzeichen 1 VK 25/08)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird die Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium Karlsruhe vom 29. Juli 2008 - 1 VK 25/08 - aufgehoben.

    Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen.

  • 2.

    Die Antragsgegnerin hat die für die Amtshandlungen der Vergabekammer entstandenen Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer zu tragen und der Antragstellerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer entstandene notwendigen Auslagen zu erstatten.

    Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

  • 3.

    Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

  • 4.

    Die bei der Vergabekammer entstandenen Kosten werden auf xxx festgesetzt.

  • 5.

    Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR xxx festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin schrieb die Konzeption und den Betrieb eines Mobilitäts-Erlebnis-Zentrums als Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb gemäß § 3 a Nr. 1 Abs. 2 und 5 VOL/A aus. Die Bekanntmachung erfolgte am 02. August 2007 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union. Gemäß Ziffer II. 1. 5) der Bekanntmachung wurde für das Erlebniszentrum ein kompetenter Betreiber gesucht, der zunächst ein Konzept unter Berücksichtigung der Zielvorstellungen der Landeshauptstadt Stuttgart entwickeln sollte. Die wesentliche Zielvorstellung für die Konzeptentwicklung bestand darin, naturwissenschaftliche Phänomene durch ein eigenes "Anfassen" begreifbar zu machen und damit erlebnisorientiert Neugierde, Motivation und ein positives Lernklima für die Naturwissenschaften zu wecken. Dieser pädagogische Aspekt sollte hohe Priorität haben. Neben den verkehrlichen Themen und der aktuellen Ressourcendiskussion sollte auch die "soziale Mobilität" behandelt werden. Das vom Betreiber auszuarbeitende Konzept sollte die Grundlage für die Investitionen der Landeshauptstadt Stuttgart bilden. Der Betreiber sollte auch während der Planung und des Umbaus bzw. der Neuerrichtung der Gebäude beratend tätig werden und nach Fertigstellung den Gesamtkomplex auf eigenes wirtschaftliches Risiko betreiben. Gemäß Ziffer III. 1. 1) sollte der Betreiber mit Auftragserteilung eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von einem Jahresmietzins stellen. Gemäß Ziffer III. 2. 2. 2 war dem Teilnahmeantrag eine unverbindliche Mitteilung eines in der EU niedergelassenen Kreditinstituts beizufügen, dass dieses Kreditinstitut für den Fall einer entsprechenden Anfrage die in Ziffer III. 1. 1 genannte Vertragserfüllungsbürgschaft stellen wird. Gemäß Ziffer IV. 1. 3) sollte das Verfahren in aufeinanderfolgenden Phasen zwecks schrittweiser Verringerung der Zahl der zu erörternden Lösungen bzw. zu verhandelnden Angebote abgewickelt werden.

Die Antragstellerin und drei weitere Wettbewerber schlossen den Teilnahmewettbewerb erfolgreich ab und wurden jeweils mit Schreiben vom 26. Oktober 2007 zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Nach Einreichung eines Angebots und Präsentation desselben wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 03. März 2008 informiert, dass sie als eine von zwei Konsortien weiterhin im Wettbewerb verbleibe. Sie erhalte Gelegenheit, ihr Konzept zu überarbeiten und in einer zweiten Präsentation vorzustellen. Nach durchgeführter Präsentation und Vorlage weiterer Informationen und Unterlagen wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 10. Juni 2008 darüber informiert, dass sie den Wettbewerb als Zweitplazierte beendet habe. Als Grund wurde angegeben:

- "Pachtzahlung bei Besucherzahlen von bis zu xxx Euro zu gering

- geringe Personalanzahl für das anspruchsvolle pädagogische Konzept"

Mit Schreiben vom 13. Juni 2008 beanstandete die Antragstellerin unter Hinweis auf § 3 a Nr. 1 Abs. 3 VOL/A und das Transparenzgebot die Zuspitzung des Verhandlungsverfahrens auf nur einen bevorzugten Bieter sowie die unzulässige Verwendung des nicht bekannt gemachten Wertungskriteriums der Zusage einer Mindestpacht. Mit Schreiben vom 26. Juni 2008 machte sie geltend, dass sie es angesichts des fehlenden Konzernhintergrunds bei ihrem Wettbewerber, der xxx für zweifelhaft halte, ob diese die erforderliche Vertragserfüllungsbürgschaft zugesagt habe. Darüber hinaus sei fraglich, ob der, xxx eine vollständig eigenständige Leistungserbringung möglich sei und ob die xxx im Rahmen des Angebots die Unterauftragnehmer benannt habe, an die sie Leistungen zu vergeben gedenke. Schließlich beanstandete die Antragstellerin, dass sie aufgrund von Presseberichten auf Seiten ihres Wettbewerbers von einem unzulässigen Wechsel in der Person des Bieters ausgehen müsse. Sie nehme an, dass der Wettbewerber, die xxx als Einzelunternehmen den Teilnahmewettbewerb bestritten habe, das...

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