Leitsatz (amtlich)

Wird im Kostenfestsetzungsbeschluss die Mehrwertsteuer abgesetzt, kommt eine Nachliquidation der Mehrwertsteuer nicht in Betracht. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Absetzung aus dem Tenor der Festsetzungsentscheidung oder nur aus den Gründen des Beschlusses ergibt.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Beschluss vom 01.09.2006; Aktenzeichen 9 O 551/04)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des LG Mannheim vom 1.9.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.012,80 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Urteil vom 13.10.2005 hat das LG Mannheim die Schadensersatzklage der Klägerin abgewiesen und der Klägerin gleichzeitig die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz vom 20.10.2005 hat die Beklagte Kostenfestsetzung wie folgt beantragt:

"geben wir zum Zwecke der Kostenfestsetzung die der Beklagten entstandenen Kosten bekannt:

Gegenstandswert: 369.070,73 EUR

Verfahrensgebühr § 13, Nr. 3100 RVG-VV 1,3 3.281,20 EUR

Terminsgebühr § 13, Nr. 3104 RVG-VV 1,2 3.028,80 EUR

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 RVG-VV 20 EUR

Zwischensumme netto 6.330 EUR

16 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 RVG-VV 1.012,80 EUR

Gesamtbetrag 7.342,80 EUR

Die Antragstellerin ist zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Es wird beantragt, den zu erstattenden Betrag verzinslich ab Antragsstellung mit 5 % über dem Basiszinssatz festzusetzen."

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.11.2005 hat die Rechtspflegerin des LG Mannheim die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 6.330 EUR nebst Zinsen festgesetzt und diese Festsetzung wie folgt begründet:

Gründe: "Grundlage der Kostenfestsetzung ist der Antrag der Beklagten vom 20.10.2005.

Dem Antrag ist zu entsprechen; die im Antrag aufgeführte Umsatzsteuer bleibt jedoch unberücksichtigt, da die Beklagte vorsteuerabzugsberechtigt ist."

Mit Schriftsatz vom 13.6.2006 hat die Beklagte beantragt, die Mehrwertsteuer i.H.v. 1.012,80 EUR "im Nachhinein noch festzusetzen". Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, entgegen der Angabe im früheren Kostenfestsetzungsantrag vom 20.10.2005 sei die Beklagte bis auf einen verschwindend geringen Anteil nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil sie - obwohl juristische Person - nahezu ausnahmslos umsatzsteuerfreie Geschäfte, wie die Vermittlung von Versicherungsverträgen und/oder Fondsanteilen, betreibe. Allenfalls in einem Umfang von 15 % des Auftragsvolumens würden umsatzsteuerpflichtige Geschäfte abgewickelt. Die Beklagte sei deshalb auch nur in dieser Höhe zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, was zur Folge habe, dass 85 % der von der Beklagten zu bezahlenden Umsatzsteuer für sie Kosten darstellten, die erstattungsfähig seien.

Mit Beschluss vom 1.9.2006 hat die Rechtspflegerin den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 13.6.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, der Zuerkennung von Mehrwertsteuer stehe die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 3.11.2005 entgegen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie hält an ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 13.6.2006 fest. Die Rechtskraft des Beschlusses vom 3.11.2005 stehe einer Nachfestsetzung der Mehrwertsteuer nicht entgegen. Denn im Kostenfestsetzungsbeschluss sei über die Erstattung der Mehrwertsteuer von der Rechtspflegerin keine Entscheidung getroffen worden. Aus den Gründen des Kostenfestsetzungsbeschlusses ergebe sich lediglich ein - unverbindlicher - Hinweis auf die Rechtslage. Die Beklagte habe im Schriftsatz vom 20.10.2005 auch keine Erstattung der Mehrwertsteuer beantragt, was sich aus dem - letztlich unrichtigen - Hinweis auf den Vorsteuerabzug in diesem Schriftsatz ergebe.

Die Klägerin tritt der sofortigen Beschwerde entgegen. Sie ist zum einen der Auffassung, eine Nachliquidation der Mehrwertsteuer sei nicht möglich, da im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.11.2005 diese Position bereits rechtskräftig aberkannt worden sei. Zum anderen hält sie eine Erstattung der Umsatzsteuer auch der Sache nach für nicht gerechtfertigt, da die Beklagte tatsächlich zum Vorsteuerabzug berechtigt sei und ein - prozentualer - Vorsteuerabzug rechtlich nicht möglich sei.

Die Rechtspflegerin des LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme im Beschwerdeverfahren.

II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat die Rechtspflegerin den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 13.6.2006 zurückgewiesen. Einer Nachfestsetzung steht die rechtskräftige Aberkennung der Mehrwertsteuer im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.11.2005 entgegen.

1. Eine Nachliquidation ist im Kostenfestsetzungsverfahren generell nicht möglich, wenn hinsichtlich derselben Kosten bereits eine rechtskräftige ablehnende Entscheidung ergangen ist (vgl. Zöller/Herget, Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 104 ZPO Rz. 21 "Rechts...

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