Verfahrensgang

AG Herne (Urteil vom 30.01.2002; Aktenzeichen 16 F 515/01)

 

Gründe

(abgekürzt gemäß § 540 ZPO)

I.

Die Parteien sind getrennt lebende Ehegatten. Aus der am ... 1992 geschlossenen Ehe sind die Kinder ..., geb. am ... 1993 und ..., geb. am ... 1998 hervorgegangen. Die Kinder leben seit der Trennung bei der Klägerin.

Der Beklagte erzielte im Jahre 2001 ein Gesamtbruttoeinkommen von 47.122,16 DM. Unter Zugrundelegung der Steuerklasse 3 bei 2,0 Kinderfreibeträgen lässt sich aus den aufgelaufenen Jahreswerten der Abrechnung für Dezember 2001 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.982,49 DM entnehmen. Seit dem Jahr 2002 hat er sein Einkommen nach Steuerklasse I bei 1,0 Kinderfreibeträgen zu versteuern. Bis einschließlich Juni erzielte der Beklagte im Jahre 2002 ein Gesamteinkommen von 12.903,17 Euro (vgl. Juni-Abrechnung Bl. 101 d.A.). Darin sind Vergütungen von Überstunden und ein Urlaubsgeld von 170 Euro enthalten (vgl. Mai Abrechnung, Bl. 100 d.A.). Im Jahre 2001 erhielt der Beklagte ein Weihnachtsgeld von brutto 600 DM.

Er zahlt monatlich Gewerkschaftsbeiträge von 17,38 Euro (34 DM) Der einfache Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte beträgt 6 km. Diese legt er mit dem Pkw zurück, wodurch ihm ermöglicht wird, auf dem Heimweg für seinen Arbeitgeber kleinere Arbeiten zu verrichten und dadurch Überstunden zu leisten.

Die Klägerin erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 500 Euro.

Die Parteien schlossen am 14.04.2000 als Gesamtschuldner einen Kreditvertrag mit der Citibank (vgl. Bl. 66 d.A.) über einen Nettobetrag von 53.794,19 DM zzgl. eines Versicherungsbeitrags von 7.624,40 DM bei einem Effektivzins vom 14,2 % mtl. (11,99 % nominal) und 71 Monaten Laufzeit ab. Die monatlich zu entrichtende Rate betrug bis Dezember 2001 1.245 DM und ab Januar 2002 636,56 Euro. Mit der Kreditsumme wurden in der Ehe aufgelaufene Verbindlichkeiten umgeschuldet. Die Raten werden von dem Beklagten regelmäßig entrichtet.

Durch Anwaltsschreiben vom 25.11.2001 wurde der Beklagte aufgefordert, Unterhalt für die Klägerin und die Kinder zu zahlen.

Nachdem die Klägerin die Klage wegen eines monatlichen Trennungsunterhalts von 227 Euro zurückgenommen hat, hat sie beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ab Dezember 2001 für den Sohn ... monatlich 188 Euro und für die Tochter ... monatlich 227 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß mit der Begründung verurteilt, die Kreditraten seien nicht zu berücksichtigen.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Er beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, für die Zeit ab Dezember 2001 monatlich mehr als 100 Euro für den Sohn ... und mehr als 100 Euro für die Tochter ... zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Beklagte ist für höhere Unterhaltszahlungen als die durch die Berufung nicht angegriffenen monatlichen 100 Euro je Kind nicht leistungsfähig.

Die von dem Beklagten zu tragenden Kreditraten können nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben.

Da die minderjährigen Kinder an den Lebensverhältnissen teilhaben, die durch die tatsächlich verfügbaren Mittel der Eltern bestimmt werden, bemisst sich ihr Unterhaltsanspruch grundsätzlich nach diesen Verhältnissen. Dass bedeutet, dass die Kreditverbindlichkeiten der Eltern bereits bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen sind.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Mindestbedarf nicht gewahrt ist, da minderjährige Kinder auch bei äußerster eigener Anstrengung ihren notwendigen Lebensbedarf nicht selbst verdienen können und außerdem eine Eigenverantwortlichkeit an der Schuldenbegründung regelmäßig ausscheidet (so Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rdn. 1002 m.w.N.).

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.05.1984 (FamRZ 1986, 657, 658) ist bei der Frage der Berücksichtigung von Kreditverbindlichkeiten im Mangelfall ein Ausgleich der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger vorzunehmen.

Dabei haben die Interessen der Drittgläubiger in Fällen, in denen die Berücksichtigung ihrer Ansprüche den Mindestbedarf minderjähriger Kinder beeinträchtigen würden, regelmäßig zurückzustehen.

Würden die Kinder weiterhin im Familienverbund mit dem Unterhaltspflichtigen leben, müsste dieser auch dafür Sorge leisten, dass die Mindestbedürfnisse der Kinder gedeckt werden. Bei der Bemessung von Sozialleistungen, wie etwa der Sozialhilfe würden die Schulden nicht berücksichtigt.

Das Vollstreckungsrecht gewährt durch die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO einen weitgehenden Schutz des Schuldners, um sich und seinen Unterhaltsberechtigten das Existenzminimum zu sichern.

Nach der nunmehr geltenden Lohnpfändungstabelle ist bei zwei Unterhaltsberechtigten ein Monatsnettoeinkommen von 1.479,99 Euro pfändungsfrei.

Wenn das Vollstreckungsrecht dem Sch...

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