Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 01.08.1994; Aktenzeichen 2 O 449/92)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen – das am 01. August 1994 verkündete Urteil des Landgerichts Hagen abgeändert.

Der Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 6.762,76 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. September 1992 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 4 % und der Beklagte 96 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Beklagten in Höhe von 6.762,76 DM und den Kläger um 232,13 DM.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt im wesentlichen ohne Erfolg.

Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger Schadenersatz in Höhe von 6.762,76 DM zu leisten, weil am 17. April 1992 ein vom Beklagten auf dem Grundstück … in … im Oktober/November 1991 errichtetes Carport auf den Pkw des Klägers gestürzt ist und diesen beschädigt hat.

I

Die Haftung des Beklagten ergibt sich aus § 836 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Der Beklagte ist Miteigentümer des Grundstücks. Er räumt seinen Eigenbesitz daran ein. Als Eigenbesitzer des Grundstücks haftet er gemäß § 836 Abs. 3 BGB, als Eigenbesitzer nur des Gebäudes gemäß § 837 BGB.

Daß der Einsturz des Carport die Folge fehlerhafter Errichtung war, räumt der Beklagte ein. Er trägt in der Klageerwiderungsschrift unter Anführung der Einzelheiten selbst vor, die Carportkonstruktion sei nicht standsicher gewesen; das Stabilitätsversagen sei auf eine nicht fachgerecht geplante Carportkonstruktion zurückzuführen.

Die fehlende Baugenehmigung und die fehlende baupolizeiliche Abnahme ändern an der Haftung des Beklagten nach § 836 Abs. 1 Satz 1 BGB ebensowenig etwas wie die Tatsache, daß das Carport noch nicht vollständig fertiggestellt gewesen sein soll, zumal der Beklagte das Gelände, auf dem das Carport stand, bereits an den Kraftfahrzeug-Mechaniker … vermietet hatte (vgl. auch BGH, NJW 1985, 1076).

Dem Beklagten ist es nicht gelungen, den ihm obliegenden Entlastungsbeweis, daß er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat (§ 836 Abs. 1 Satz 2 BGB), zu führen. An diesen Entlastungsbeweis stellt die Rechtsprechung strenge Anforderungen (vgl. Kreft in RGRK-BGB, 12. Aufl., Rdn. 37 zu § 836 m.N.d.Rspr.), denen der Beklagte bei weitem nicht gerecht geworden ist. Der Entlastungsbeweis scheitert – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – bereits daran, daß der Beklagte die erforderliche Baugenehmigung nicht eingeholt hat. Das Carport gehört zu den anderen baulichen Anlagen im Sinne von § 62 Abs. 1 Nr. 1 Landesbauordnung. Gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 3 LandesbauO war jedenfalls ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren erforderlich. Hätte der Beklagte die Baugenehmigung entsprechend den genannten Vorschriften der Landesbauordnung eingeholt, wäre der Einsturz des Carport vermieden worden, denn im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren muß der Nachweis der Standsicherheit erbracht werden (§ 64 Abs. 3 LandesbauO). Daß die Konstruktion des Carport wegen fehlerhafter Planung und Konstruktion nicht standsicher war, trägt der Beklagte selbst vor (siehe oben). Es kann den Beklagten nicht entlasten, wenn er – wie er behauptet – die Notwendigkeit der Einholung einer Baugenehmigung nicht gekannt hat. Abgesehen davon, daß der Architekt …, der nach seiner schriftlichen Zeugen-Aussage vom Beklagten mit der Planung und der örtlichen Bauleitung (nicht mit der geschäftlichen Bauleitung) beauftragt worden war, aufgrund des Architektenvertrages verpflichtet war, den Beklagten auf die Notwendigkeit der Baugenehmigung hinzuweisen (vgl. BGH, VersR 1983, 980) und ohne Vorliegen der Baugenehmigung den Bau überhaupt nicht beginnen durfte (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 53. Aufl., 1994, Rdn 7 vor § 631 m.N.), und abgesehen davon, daß die Erarbeitung der Vorlage für die Baugenehmigung zur Genehmigungsplanung des Architekten gehört (vgl. § 15 Ziff. 4 HOAI), war es Sache des Bauherrn, der den Bauantrag stellen und unterschreiben muß (§ 63 Abs. 3 Satz 1 LandesbauO), sich – falls der Architekt ihn wirklich nicht auf die Notwendigkeit der Baugenehmigung hingewiesen haben sollte – von sich aus nach einer Baugenehmigung zu erkundigen. Wenn auch ein vorschriftsmäßig errichtetes Werk noch nicht in jedem Falle zugleich fehlerfrei sein muß (vgl. Kreft, a.a.O., Rdn 22 zu § 836 m.N.), so gehört es doch zu den Mindestanforderungen, die an den nach § 836 Abs. 1 Satz 2 zu führenden Entlastungsbeweis zu stellen sind, daß der Bauherr sich selbst um die auch aus Gründen der baulichen Sicherheit (vgl. § 64 Abs. 3 LandesbauO) erforderliche Baugenehmigung kümmert. Insoweit kann ihn die Beauftragung eines Architekten nicht entlasten. Das gilt im vorliegenden Falle zusätzlich deshalb, weil der Beklagte nach der schriftlichen Zeugen-Aussage des Architekten … die „geschäftliche ...

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