Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 25.05.1999; Aktenzeichen 6 O 173/99)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 25. Mai 1999 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Tatbestand

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, daß der Verfügungsklägerin ein durch einstweilige Verfügung zu sichernder Anspruch auf Herausgabe der begehrten Bauunterlagen zusteht:

I.

Die Verfügungsklägerin hat den nach §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Sie hat dargelegt und in zulässiger Weise nach §§ 294, 920, 936 ZPO durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, daß sie auf die im Urteilstenor bezeichneten Planungs- und Bauunterlagen dringend angewiesen ist, um das Bauvorhaben, nämlich den zweiten Bauabschnitt des Bauprojektes I-Sportplatz in H, realisieren zu können, wobei auch glaubhaft dargelegt ist, daß bei weiteren Verzögerungen die Realisierung des Gesamtobjektes wegen der Marktpräsenz konkurrierender Wohnungsbauunternehmen gefährdet ist. Der Geschäftsführer T der Verfügungsklägerin hat überdies im Senatstermin glaubhaft angegeben, daß die erforderlichen Baugenehmigungen nach Zahlung der entsprechenden Gebühren (vgl. Bl. 113) inzwischen abgeholt worden seien.

Die Verfügungsbeklagten können auch nicht mit Erfolg geltend machen, mit der begehrten Herausgabe der Unterlagen werde in unzulässiger Weise eine endgültige Regelung erstrebt. Eine auf Herausgabe von Bauunterlagen gerichtete Leistungsverfügung ist grundsätzlich zulässig (OLG Frankfurt BauR 1980, 193, 194; Werner/Pastor, Bauprozeß, 9. A. Rz. 354); allerdings beschränkt sie sich auf diejenigen Unterlagen, die zur Erreichung des mit der einstweiligen Verfügung verfolgten Zieles dringend benötigt werden (OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Köln BauR 1999, 189, 190). Die Verfügungsklägerin hat dem jedoch dadurch Rechnung getragen, daß sie ihr Herausgabebegehren auf die Mutterpausen beschränkt hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

In der Sache ergibt sich der Anspruch auf Herausgabe der Bauunterlagen aus § 631 BGB. Der planende Architekt ist im Hinblick auf die erstellten Baupläne und sonstigen Unterlagen vorleistungspflichtig, so daß er sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht oder sonstiges Leistungsverweigerungsrecht wegen noch offenstehender Honorarrechnungen berufen kann. Dies gilt auch bei einem vorzeitig gekündigten Architektenvertrag für die bis zur Kündigung erstellten Planungsleistungen (OLG Köln a.a.O.; OLG Frankfurt BauR 1982, 295, 297).

Die Verfügungsbeklagten können sich auch nicht mit Erfolg auf ein angebliches Urheberrecht an den streitgegenständlichen Plänen berufen. Es ist schon zweifelhaft und jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, daß die erstellten Pläne für die Häuser des zweiten Bauabschnittes, bei denen es sich um Mehrfamilien-Wohnhäuser und damit in aller Regel um funktionsbestimmte Zweckbauten ohne urheberrechtlich schutzwürdige Individualität handelt (Hesse/Vygen, HOAI, 3. A., § 4 Rz. 64 m.w.N.), überhaupt Urheberschutz genießen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da jedenfalls mit dem Abschluß eines sämtliche Leistungsphasen nach § 15 HOAI umfassenden Vollarchitektenvertrag auch ohne eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung die urheberrechtliche Nutzungsbefugnis, soweit sie zur Errichtung des konkreten Bauwerks erforderlich ist, stillschweigend mitübertragen wird (BGHZ 64, 145 = NJW 1975, 1165 = BauR 1975, 363; BGH NJW 1984, 2818 = BauR 1984, 416 = ZfBR 1984, 194; OLG Köln OLGR 1998, 138, 139 = NJW-RR 1998, 1097; OLG Nürnberg NJW-RR 1989, 407; OLG München NJW-RR 1995, 474; Werner/Pastor a.a.O. Rz. 1947 m.w.N.); dies gilt nach herrschender Auffassung, der sich der Senat anschließt, auch bei vorzeitiger Beendigung der vertraglichen Beziehungen durch Kündigung vor Vollendung des Bauwerkes (BGH – 7. ZS – a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; OLG Nürnberg a.a.O.; OLG München a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.; Werner/Pastor a.a.O.).

Im vorliegenden Fall haben die Parteien, wenn auch nur mündlich, für den hier streitgegenständlichen zweiten Bauabschnitt einen sämtliche Leistungsphasen umfassenden Architektenvertrag geschlossen. Dies ergibt sich daraus, daß die Verfügungsbeklagten unstreitig sämtliche Planungsleistungen bis einschließlich Leistungsphase 7 tatsächlich erbracht haben und für die beiden noch nicht erbrachten Phasen 8 und 9 eine Honorarabrechnung nach § 649 verlangen, wie aus ihrem Schreiben vom 24.03.1998 und der diesem Schreiben beigefügten Kündigungsrechnung (Bl. 28 ff) ersichtlich ist.

Besondere Umstände, die einer stillschweigenden Übertragung der eingeschränkten urheberrechtlichen Benutzungsbefugnis entgegenstehen, sind nicht dargelegt und nicht ersichtlich. Die Behauptung der Verfügungsbeklagten, daß die Parteien erst nach Abschluß der Ausschreibung eine Preisabsprache bezüglich des Archite...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge