Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 292/10)

 

Tenor

Die Zeugnisverweigerung des Zeugen Rechtsanwalt G T ist berechtigt.

Die außergerichtlichen Kosten des Zeugen T im Zwischenstreitverfahren werden dem Beklagten und der Streithelferin als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Zwischenurteil ist (hinsichtlich der Kosten) vorläufig vollstreckbar.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Gegenstandswert des Zwischenstreits wird auf bis 150.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Zwischen dem Beklagten und der Streithelferin einerseits und dem Zeugen T andererseits steht die Frage der Berechtigung der Zeugnisverweigerung im Termin zur Beweisaufnahme vor dem Senat am 18.05.2017 in Streit.

Der Zeuge war als Rechtsanwalt mit dem Entwurf eines privatschriftlichen Vertrages befasst, der die Schenkung eines Wertpapierdepots der mittlerweile verstorbenen N C an die Klägerin zum Inhalt hatte. Der Beklagte und die Streithelferin haben den Zeugen zum Beweis der Tatsache benannt, dass die Schenkung unter einer aufschiebenden und einer auflösenden Bedingung gestanden habe. Die Prozessbevollmächtigten der Streithelferin haben zwei Schreiben des Zeugen T vom 15.01.2015 und 11.02.2015, in denen dieser zu den Umständen um den Schenkungsvertrag Stellung genommen hat, zur Akte gereicht. Der Senat hat daraufhin unter anderem den Zeugen T nach § 273 Abs. 2 ZPO zur Vernehmung über die Beweisthemen "mündliche Nebenabreden zum Schenkungsvertrag, Vernichtung eines Originals und/oder einer Kopie der Schenkungsvertragsurkunde vom 12.05.2007" auf den 20.02.2017 geladen. Nachdem der Zeuge sich im Vorfeld dieses Termins auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach §§ 383 Abs. 1 Nr. 6, 384 Nr. 1 und 2 ZPO berufen hat, hat der Senat den Termin aufgehoben; sodann hat er einen Beweisbeschluss (Bl. 1152 ff. d.A.) erlassen, in dem 37 Beweisfragen formuliert sind, und neuen Termin zur Beweisaufnahme auf den 18.05.2017 bestimmt.

Mit Schreiben vom 13.02.2017 (Bl. 1102 ff. d.A.), 26.04.2017 (Bl. 1173 f.) und 05.05.2017 (Bl. 1176 ff.) hat der nunmehr anwaltlich vertretene Zeuge mitgeteilt, dass er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berufe, weil ihn weder die verstorbene N C noch die Klägerin wirksam von der Verschwiegenheitspflicht entbunden hätten. Zu näheren Angaben zu einem von der Klägerin erteilten Mandat sei er nicht verpflichtet. Der Geheimhaltungspflicht unterliege bereits die Frage, wer im Einzelnen Mandant gewesen sei. Ferner hat der Zeuge sich bezüglich sämtlicher Beweisfragen aus dem Beweisbeschluss vom 23.02.2017 auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 1 und 2 ZPO gestützt und hierzu ausgeführt, dass ihm sowohl die Kläger- als auch die Beklagtenseite zivilrechtliche Ansprüche angedroht und strafrechtliche Schritte angekündigt hätten. Es könnten Fragen einer Urkundenvernichtung tangiert sein, die strafrechtliche Auswirkungen haben könnten.

Die vormalige Beklagte N C hat den Zeugen mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.03.2015 (Bl. 849 d.A.) bzw. ihres Betreuers G vom 28.01.2013 (Bl. 477 d.A.) von seiner Verschwiegenheitspflicht im Hinblick auf die Umstände des Schenkungsvertrages entbunden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.05.2017 haben überdies sowohl der Beklagte als auch die Streithelferin den Zeugen umfassend von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden.

Der Beklagte und die Streithelferin haben beantragt, durch Zwischenurteil zu erkennen, dass die Zeugnisverweigerung des Zeugen T insgesamt unberechtigt sei, hilfsweise, dass der Zeuge T nicht zur Zeugnisverweigerung berechtigt sei, soweit er im Umfang seiner beiden Schreiben vom 15.01.2015 und 11.02.2015 zu den Umständen des Schenkungsvertragsabschlusses gehört werden soll. Hierzu haben sie die Auffassung vertreten, dass der Zeuge sich nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berufen könne, weil er von der vormaligen Beklagten wirksam von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden sei und zu der Klägerin zum Zeitpunkt der Erstellung und des Abschlusses des Schenkungsvertrages kein Mandatsverhältnis bestanden habe. Auch Regressansprüche oder eine Strafverfolgung seien nicht zu befürchten, so dass dem Zeugen auch kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO zustehe.

Der anwaltlich vertretene Zeuge T hat beantragt, durch Zwischenurteil festzustellen, dass ihm ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht zustehe.

Die Klägerin ist der Auffassung des Beklagten und der Streithelferin entgegengetreten; sie hat sich ausdrücklich auf ein zwischen ihr und dem Zeugen in den Jahren 2007/2008 bestehendes Mandatsverhältnis berufen.

II. Der Senat hat gem. § 387 ZPO durch Zwischenurteil über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung zu entscheiden, wobei Parteien des Zwischenverfahrens auf der einen Seite der Beklagte und die Streithelferin und auf der anderen Seite der die Aussage verweigernde Zeuge T sind.

1. Die umfassende Zeugnisverweigerung des Zeugen T ist nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berechtigt.

a) Zwar hat der...

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