Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Haftung des Kfz-Versicherers bei Vorsatz des Fahrers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Haftung der Kfz-Pflichtversicherung ist ggü. dem vorsätzlich handelnden Fahrer, der das Fahrzeug als Waffe benutzt hat, gem. § 152 VVG ausgeschlossen.

2. Der Fortfall des Deckungsanspruchs des mitversicherten Fahrers gegen die Pflichtversicherung wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens wirkt aber nicht zugleich gegen die Halterin und Versicherungsnehmerin, der kein vorsätzliches Verhalten zur Last fällt (im Anschluss an BGH VersR 1971, 239; OLG Hamm v. 28.9.1992 - 6 U 45/92, VersR 1993, 1372 = NJW-RR 1993, 1180).

 

Normenkette

StVG §§ 7, 18; StGB § 823 Abs. 1-2; PflVG § 3

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 04.03.2005; Aktenzeichen 21 O 120/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 4.3.2005 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. In der Nacht vom 02.11. auf den 3.11.2002 kam es kurz nach Mitternacht an einem Bierstand der Herbstkirmes auf dem Rathausplatz in V zwischen dem Beklagten zu 1) und dessen Cousin X, beide Schausteller, zu einer Auseinandersetzung, in deren späterem Verlauf sich der Beklagte zu 1) von dem Kirmesgelände entfernte und seine Frau, die Beklagte zu 2) anrief, um sich - angeblich - abholen zu lassen. Als die Beklagte zu 2) den Beklagten zu 1) traf, setzte sich dieser unter Zurücklassung der Beklagten zu 2) an das Steuer und fuhr zu dem Kirmesgelände zurück. Die Einzelheiten, wie es ihm gelang, das Fahrzeug in seine Gewalt zu bringen, sind streitig. Der Beklagte zu 1) beschleunigte den Pkw der Beklagten zu 2) auf dem O-Straße und fuhr in die Einmündung der C-Straße in V ein, wo die Kirmesbuden aufgebaut waren. Nach dem Passieren des ca. 15 m langen Toilettenwagens vollführte der Beklagte eine Drehbewegung von ca. 45 , um zu der erwartungsgemäß an dem Bierstand stehenden Personengruppe zu gelangen, zu der auch der Cousin X gehörte, mit dem er zuvor die Auseinandersetzung hatte. Der Beklagte zu 1) fuhr auf diese Personengruppe zu und streifte zunächst mit der rechten vorderen Seite des Pkw die äußerst linke Ecke des dort stehenden Imbissstandes des Klägers, wodurch der auf Holzböcken stehende Stand um 90 gedreht und dabei beschädigt wurde.

Der Kläger macht gegen den Beklagten zu 1) als Fahrer, die Beklagte zu 2) als Halterin und die Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherung des schädigenden Kraftfahrzeuges Schadensersatz wegen Beschädigung seines Imbissstandes geltend. Die Beklagten zu 2) und 3) machen geltend, die Beschädigung des Imbissstandes des Klägers sei durch den Beklagten zu 1) vorsätzlich herbeigeführt worden, so dass sie von der Haftung freigestellt seien. Der Beklagte zu 1) habe sich durch Anwendung einer List bzw. Täuschung der Beklagten zu 2) in den Besitz des Pkw gebracht.

Das LG hat die Beklagten unter Abzügen in der Höhe des Anspruchs als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 16.056,45 EUR zu zahlen. Es hat die Haftungsvoraussetzungen gegenüber allen Beklagten bejaht und den Haftungsausschluss zugunsten der Beklagten zu 2) und 3) gem. § 152 VVG mit der Begründung verneint, der Beklagte zu 1) habe - entgegen der Auffassung der Strafkammer in dem gegen den Beklagten zu 1) geführten Strafverfahren 190 Js 516/02 V StA Dortmund - im Hinblick auf die Schädigung der Imbißstube des Klägers nicht bedingt vorsätzlich gehandelt. Vorsatz lasse sich insb. deshalb nicht feststellen, weil der Beklagte zu 1) zur Zeit der Tatbegehung mit 2,28 o/oo eine sehr hohe Blutalkoholkonzentration gehabt habe, die typischerweise dazu führe, dass er hier auf die Personengruppe in selbstüberschätzender Weise an dem Imbissstand vorbeigefahren sei, den er primär nicht habe treffen wollen. Die Beklagte zu 2) hafte, weil nicht bewiesen sei, dass der Beklagte zu 1) sich gegen deren Willen an das Steuer gesetzt habe.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten zu 2) und 3). Die Beklagte zu 2) beruft sich auf die Haftungsfreistellung nach § 7 Abs. 3 S. 1 StVG und behauptet weiterhin, der Beklagte zu 1) habe sie überrumpelt und ohne ihr Wissen und Wollen das Fahrzeug in seine Gewalt gebracht. Die Beklagte zu 3) beruft sich ferner auf § 152 VVG.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil und die beigezogene Strafakte Bezug genommen.

II. Die Berufung ist unbegründet. Neben dem Beklagten zu 1), dessen Haftung sich aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG a.F., §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 303 StGB ergibt, haftet die Beklagte zu 2) aus § 7 Abs. 1 StVG, die Beklagte zu 3) aus § 3 Nr. 1 PflVG. Dem LG kann jedoch insoweit nicht gefolgt werden, dass die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 2) deshalb nicht eingreife, weil sie nicht erkannt habe oder hätte erkennen können, dass der Beklagte zu 1) schwer angetrunken war und dass die Beklagte zu 3) sich auf de...

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