Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verzug durch Hinweis auf Erwerbsobliegenheit

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzungen des Eintritts des Verzuges durch Hinweis auf eine bestehende Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kindern

 

Normenkette

BGB §§ 286, 1613 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Münster (Urteil vom 12.03.2009; Aktenzeichen 46 F 354/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12.3.2009 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Münster abgeändert.

Das Versäumnisurteil des AG Münster vom 21.8.2008 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Ausgenommen hiervon sind die Kosten der Säumnis, die dem Beklagten zur Last fallen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.1. Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren getrennt lebenden Ehemann, auf Zahlung von Kindesunterhalt für die beiden gemeinsamen Kinder X, geboren am 12.8.1997, und X1, geboren am 6.11.1999, in Anspruch.

Wegen des in erster Instanz vorgetragenen Sachverhalts und wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Familiengerichts (Bl. 152 f. GA), § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO. Das Familiengericht hat mit der aus dem angegriffenen Urteil ersichtlichen Begründung (vgl. i. e. Bl. 153 - 155 GA) unter Aufhebung des Versäumnisurteils und unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten verurteilt, für jedes der beiden Kinder ab April 2007 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. jeweils 100 EUR zu zahlen.

2. Der Beklagte verfolgt mit der Berufung seinen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Zur Begründung führt er neben einer pauschalen Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen (Bl. 168 GA) im Wesentlichen aus (vgl. i.E. Bl. 166-168, 222-224 GA):

Er sei aufgrund mehrerer Bandscheibenvorfälle schwer erkrankt und seit 2007 drei Mal operiert worden. Er sei arbeitsunfähig, weil er bei jeder Bewegung unter ständigen Schmerzen leide. Er habe keine Ausbildung und sei mit mittlerweile 43 Jahren nicht vermittelbar. Mangels Erwerbschancen könne ihm kein fiktives Erwerbseinkommen zugerechnet werden.

Eine Reduzierung des Selbstbehalts könne mangels Leistungsfähigkeit seiner Lebensgefährtin nicht erfolgen, da diese nur eine monatliche Rente von 522 EUR erhalte. Der Hinweis der Klägerin auf angeblich ersparte Wohnkosten sei "schleierhaft". Ihm stehe lediglich die Regelleistung nach dem SGB II zur Verfügung, die wegen der Bedarfsgemeinschaft auf 316 EUR reduziert worden sei.

3. Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 12.3.2009 verkündeten Urteils des AG Münster das Versäumnisurteil vom 21.8.2008 insgesamt aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

4. Die Klägerin nimmt zur Begründung des Antrags auf Zurückweisung der Berufung pauschal auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug (Bl. GA) und trägt ansonsten im Wesentlichen vor (vgl. i.E. Bl. 174-176 GA):

Es werde bestritten, dass dem Beklagten aufgrund seines Gesundheitszustandes eine Erwerbstätigkeit nicht möglich sei. Das Vorbringen reiche nicht aus. Es könne auch nicht von dem Fehlen einer reellen Beschäftigungschance ausgegangen werden, weil er keine Nachweise über Erwerbsbemühungen vorgelegt habe. Es müsse daher bei der Zurechnung eines fiktiven Einkommens i.H.v. 1.000 EUR bleiben.

Die vom FamG vorgenommene Herabsetzung des Selbstbehalts sei angemessen. Eine gemeinsame Haushaltsführung führe zu Synergieeffekten. Ausweislich des Bescheides über Leistungen nach dem SGB II liege allein bei den Wohnkosten eine Ersparnis von 160 EUR.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages und der Rechtsansichten der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die aus dem Berichterstattervermerk ersichtlichen Angaben im Senatstermin Bezug genommen.

II. Die Berufung des Beklagten hat in der Sache in vollem Umfang Erfolg und führt zur Aufhebung des Versäumnisurteils des Familiengerichts vom 21.8.2008 und zur vollständigen Abweisung der Klage.

1. Für die Monate von April bis September 2007 besteht kein Anspruch auf Kindesunterhalt, weil die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB nicht vorliegen.

Das vorgerichtliche Schreiben der früheren Bevollmächtigten der Klägerin vom 20.4.2007 (Bl. 5 - 7 GA) hat den Beklagten nicht in Verzug gesetzt und enthält auch keine Aufforderung zur Auskunftserteilung i.S.d. § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB.

a) Es handelt es sich nicht um eine verzugsbegründende Mahnung i.S.d. § 286 BGB. Eine Mahnung muss eine eindeutige Aufforderung zur Leistung enthalten (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 286 Rz. 17). In dem Schriftsatz vom 20.4.2007 heißt es u.a.: "Des Weiteren sind Sie aufgrund der Trennung nun verpflichtet, sowohl Kindes- als auch Trennungsunterhalt zu leisten. Frau D hat hier mitgeteilt, dass Sie derzeit einer geringfügigen Beschäftigung als Taxifahrer nachgehen und im Übrigen die Familie ergänzend Sozialhilfe erhalten hat. Ihren Kindern gegenüber obliegen Sie einer gesteigerten E...

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