Tenor

  • 1.

    Der belehrende Hinweis der Rechtsanwaltskammer Hamm vom 27.10.2011 wird aufgehoben.

  • 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

  • 3.

    Die Berufung wird zugelassen.

  • 4.

    Der Gegenstandswert wird auf 5.000,-- € festgesetzt.

 

Tatbestand

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen einen belehrenden Hinweis der beklagten Rechtsanwaltskammer, wonach die Führung der Bezeichnung "VorsorgeAnwalt" auf dem Briefkopf des Klägers ohne weitere Erläuterung eine unzulässige Form der Wer-bung darstelle (Verstoß gegen die Berufspflicht nach §§ 43b BRAO i.V.m. § 6 BORA).

Der Kläger ist als Rechtsanwalt und Notar in I tätig; ein Schwerpunkt seiner Tätig-keit ist die Beratung im Bereich anwaltlichen Vorsorgerechtes, insbesondere im Zusammen-hang mit Erbrecht, Vorsorgevollmachten und Patienten- und Betreuungsverfügungen. Der Kläger bildet zusammen mit Rechtsanwältin X und Rechtsanwalt und Notar X2 eine Sozietät; auf dem Briefkopf der Sozietät wird für den Kläger unter seiner Bezeichnung "Rechtsanwalt und Notar" die Bezeichnung "VorsorgeAnwalt" genutzt. Nach dem Briefkopf befindet sich die Sozietät außerdem in Bürogemeinschaft mit Frau Rechtsanwältin D, unter deren Namen ebenfalls die Bezeichnung "VorsorgeAnwältin" verwendet wird.

Auf Hinweis dritter Anwaltskollegen beanstandete die beklagte Rechtsanwalts-kammer die Verwendung der Bezeichnung "VorsorgeAnwalt" auf dem Briefkopf. Außergerichtlich machte der Kläger gegenüber der Rechtsanwaltskammer geltend, eine Verwechselungsge-fahr der Bezeichnung "VorsorgeAnwalt" mit dem Fach-anwaltstitel sei nicht gegeben; es gäbe auch keinen Fachanwalt für "Vorsorgerecht". Mit "VorsorgeAnwalt" werde in erster Linie seine Tätigkeit beschrieben; er bringe auch in Artikeln bzw. in Anzeigen in Zeitschrif-ten zum Ausdruck, dass er spezialisiert sei auf Vorsorgevollmachten sowie auf Patienten- und Betreuungsverfügungen. Er habe in den letzten Jahren mehr als 200 Vorsorgevollmach-ten und Patienten-verfügungen entwickelt und beurkundet. Der Kläger legt ferner fünf Teilnahme-bescheinigungen des Vereins K e.V. für den Zeitraum 25.04.2009 bis 13.05.2011 vor. Er macht weiter geltend, die Auffassung des AGH Nordrhein-Westfalen, auf die sich die Anzeigeerstatter und die Rechtsanwaltskammer zur Begründung bezogen hätten, sei im Wesentlichen durch eine Entscheidung des BGH vom 9. Juni 2011 aufgehoben wor-den, der bei nachgewiesener Spezialisierung durchaus die Bezeichnung "Zertifizierter Tes-tamentsvollstrecker" zugelassen habe. Bei Nachweis der entsprechenden Tätigkeit und Spe-zialisierung hätten gegen diese Bezeichnung keine Bedenken bestanden. Entsprechendes müsse auch für "Vor-sorgeAnwalt" gelten.

Mit dem angefochtenen belehrenden Hinweis vom 27.10.2011 macht die beklagte Rechtsanwaltskammer geltend, die Führung dieser Bezeichnung stelle eine unzulässige Form der Werbung dar; sie sei zur Irreführung des rechtssuchenden Publikums geeignet. Es handele sich nicht um eine zulässige Angabe von Teil-bereichen der Berufstätigkeit, da die Bezeich-nung "VorsorgeAnwalt" gerade nicht bestimmbar und hinreichend konkret in Bezug auf den tatsächlichen Tätigkeits-bereich des Anwalts sei. Der Begriff "Vorsorge" trete in unterschied-lichen, tatsächlichen und rechtlichen Bereichen auf. Die Rechtsanwaltskammer bezieht sich ferner auf die Entscheidung des erkennenden Senats des Anwaltsgerichtshofes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 07.01.2011 (Az.: 2 AGH 36-38/10, AGH NW); in dieser Ent-scheidung habe der Anwaltsgerichtshof darauf hingewiesen, dass es keinen klaren Begriff oder fest umgrenzte Begrifflichkeit des Vorsorgerechtes gebe. Die Rechtsanwaltskammer macht sich diese Auffassung des erkennenden Senats aus der Entscheidung vom 07.01.2011 zur Begründung der Berufswidrigkeit der Bezeichnung "Vorsorgeanwalt" zu Eigen.

Mit seiner Klagebegründung vom 14.05.2012 legt der Kläger dar, dass als Rechtsgrundlage für den belehrenden Hinweis nur das Verbot der irreführenden Werbung nach § 5 UWG i.V.m. § 43 BRAO in Betracht komme. Dem Berufsrecht komme neben dem UWG keine Bedeutung mehr zu. § 43b BRAO oder § 7 BORA gingen nicht über das Irreführungsverbot des § 5 UWG hinaus. Der Begriff des "Vorsorge-anwalts" stelle keine Angabe eines qualifi-zierenden Zusatzes i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 2 BORA seiner Berufstätigkeit dar. Vielmehr erfolge nur ein Hinweis auf sein Schwer-punktgebiet. Auch sei die Bestimmung des § 7 Abs. 1 S. 2 BORA verfassungs-konform zu interpretieren. Es müsse jeder - auch der junge - Anwalt an-geben können, in welchen Teilbereichen er schwerpunktmäßig tätig sei bzw. sein wolle.

Der Kläger vertritt die Auffassung, der Begriff des "Vorsorgeanwalts" sei nicht irreführend i.S.d. § 5 UWG. Dagegen spreche in tatsächlicher Hinsicht schon, dass er spezialisiert sei auf Vorsorgevollmachten und Vorsorgerecht. Insbesondere durch seine Mitgliedschaft in dem Verein "K e.V." habe seine Tätigkeit in diesem Bereich noch einmal stark zu-genommen. Dem Begriff des "Vorsorgeanwalts" komme ein eigenständiger Informations-wert zu. ...

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