Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 05.11.1997; Aktenzeichen 4 O 591/96)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 05. November 1997 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger macht mit der Klage Ansprüche aus einer bei der Beklagten zu den Bedingungen der VHB 74 bestehenden Hausratversicherung wegen eines Einbruchdiebstahls in seiner Wohnung vom 28. Februar 1996 geltend, bei dem ihm ein Schaden von rund 26.000,00 DM entstanden ist.

Die Beklagte hat die Regulierung des Schadens abgelehnt und dem Kläger vorgeworfen, er habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, weil er ein Fenster, der im Hochparterre gelegenen Wohnung angeblich während seiner Abwesenheit auf „Kipp” habe stehen lassen, und sich im übrigen auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers, der keine Stehlgutliste bei der Polizei abgeliefert hatte, berufen. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 26.252,22 DM nebst Zinsen verurteilt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt und die Auffassung vertritt, die Geltendmachung der Klageforderung sei schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger bis heute keine Stehlgutliste bei der Polizei vorgelegt und damit seine Verpflichtung gemäß § 13 Nr. 1 a VHB 74 verletzt habe, obwohl er dazu von der Beklagten mit Schreiben vom 15.07., 08.08. und 05.09.1996 aufgefordert worden sei. Der Kläger habe auch der Beklagten die Stehlgutliste erst am 12.04.1996 und damit verspätet übermittelt. Schließlich sei der Anspruch auf Versicherungsleistung gemäß § 62 Abs. 2 VVG ausgeschlossen, denn in den oben genannten Aufforderungen der Stehlgutliste bei der Polizei liege eine Weisung im Sinne von § 62 VVG.

Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Landgerichts unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Mit Schreiben vom 28. April 1998 hat er sowohl der Polizei als auch der Staatsanwaltschaft die Schadensaufstellung Bl. 19 bis 22 d.A. als „Stehlgutliste” übersandt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Dem Kläger steht wegen des unstreitigen Einbruchdiebstahls in seiner Wohnung die vom Landgericht zugesprochene Versicherungsleistung für die entwendeten Gegenstände gemäß den §§ 1, 49 VVG zu.

1.

Soweit die Beklagte die Schadensregulierung u.a. wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles abgelehnt hat, hat sie in der Berufungsinstanz diesen Einwand nicht weiterverfolgt. Insoweit kann es auch dahinstehen, ob ein Fenster in der Wohnung des Klägers vor dem Einbruch in Kippstellung war, was der Kläger bestreitet; denn dem Kläger als Versicherungsnehmer kann selbst dann, wenn es so gewesen sein sollte, keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, weil nicht er, sondern seine Ehefrau, die nicht seine Repräsentantin war, vor dem Einbruchdiebstahl am 28.02.1996 als Letzte die Wohnung verlassen hat.

2.

Entgegen ihrer Auffassung ist die Beklagte auch nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers nach § 6 Abs. 3 VVG in Verbindung mit § 13 Nr. 1 a VHB 74 leistungsfrei, weil der Kläger der Polizei nicht unverzüglich nach dem Einbruchdiebstahl, sondern erst mit Schreiben vom 28.04.1998 eine „Stehlgutliste” eingereicht hat.

Gemäß § 13 Nr. 1 a der VHB 74 ist ein Versicherungsnehmer zwar verpflichtet, unverzüglich über etwa abhanden gekommene Sachen der Polizeibehörde eine Aufstellung einzureichen. Es entspricht aber der gefertigten Rechtsprechung zu dieser Klausel, daß ein Versäumnis insoweit durch Nachholung heilbar ist und eine Verletzung dieser Obliegenheit folgenlos bleibt, wenn ihre Erfüllung nachgeholt wird. Das fehlende Verzeichnis hat – ebenso wie eine verspätete Anzeige des Einbruchs bei der Polizei – nur ein Leistungsverweigerungsrecht des Versicherers bis zur Nachholung zur Folge (so u.a.: BGH VersR 1985, 557 und VersR 1984 429). Da der Kläger zwischenzeitlich der Polizei eine Stehlgutliste eingereicht hat, wenn auch erst ca. 2 Jahre nach dem Versicherungsfall, ist das Versäumnis nachgeholt, so daß sich die Beklagte auf ein Leistungsverweigerungsrecht nicht mehr berufen kann.

Es kann hier dahinstehen, ob in jedem Fall das Versäumnis der unverzüglichen Einreichung einer Stehlgutliste auch noch nach mehreren Jahren nachholbar ist;, denn dem Kläger kann die Verzögerung des Einreichens der Stehlgutliste hier schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil die Beklagte bereits mit Schreiben vom 15.07.1996 (Bl. 27 f. d.A.) die Regulierung abgelehnt hatte. Nach der endgültigen Leistungsablehnung bestand für den Kläger aber keine Obliegenheitsgebundenheit mehr (vgl. dazu Römer/Langheid, VVG, § 6 Rdnr. 21). Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil die Beklagte ihre Leistungsablehnung u.a auch auf einen Verstoß, des Klägers gegen die Bestimmung des § 13 Abs. 1 a VHB 74 gestützt und s...

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