Leitsatz (amtlich)

Eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann - wie im Klageverfahren auch - im selbständigen Beweisverfahren nicht mehr erfolgen, wenn die Beweisaufnahme bereits begonnen hat oder abgeschlossen ist.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 485

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Aktenzeichen 21 O 4/12)

 

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung.

Der Wert für das Verfahren der gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung wird auf 1.262,49 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragsgegnerin zu 1. nimmt vor der Kammer für Handelssachen des LG Hagen in dem Verfahren 21 O 4/12 (vormals 23 O 7/10) die Antragstellerin auf Zahlung eines Restwerklohns i.H.v. 6.312,43 EUR nebst Zinsen aus einem Bauvorhaben in H gerichtlich in Anspruch. Die Antragstellerin wendet u.a. Mängel im Bereich der verlegten Fliesen ein.

Der Antragsgegner zu 2. ist der Streithelfer der Antragstellerin in diesem Rechtsstreit.

Die Antragsgegnerin zu 3. wurde von der Antragstellerin mit der Ausführung der Bodenbelagsarbeiten im Bauvorhaben beauftragt.

Im laufenden Verfahren ist gegen die Antragsgegnerin zu 1. und den Antragsgegner zu 2. gem. § 485 Abs. 1 ZPO von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8.10.2010 ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet worden. Das LG hat mit Beweisbeschluss vom 1.12.2010 die Beweiserhebung angeordnet worden. Mit Beschluss vom 31.1.2011 hat das LG den Beweisbeschluss inhaltlich um weitere Beweisfragen ergänzt.

Am 9.3.2011 hat der vom LG bestimmte Sachverständige einen Ortstermin am Bauvorhaben durchgeführt.

Mit Schriftsatz vom 16.3.2011 hat die Antragstellerin das selbständige Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerin zu 3. erweitert. Mit Beschluss vom 10.5.2011 hat das LG die Erweiterung des selbständigen Beweisverfahrens auf die Antragsgegnerin zu 3. als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragsgegnerin zu 3. nicht an dem Rechtsstreit beteiligt sei und auch nicht ersichtlich sei, dass das erkennende Gericht ansonsten für ein Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 3. funktionell zuständig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses vom 10.5.2011 Bezug genommen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat der 19. Zivilsenat des OLG Hamm in dem Verfahren 19 W 35/11 durch Beschluss vom 9.8.2011 zurückgewiesen, da weder dargelegt noch sonst ersichtlich sei, dass für ein Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 3. die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen nach § 95 GVG gegeben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses vom 9.8.2011 Bezug genommen.

Am 17.8.2011 hat der gerichtlich bestellte Sachverständige einen weiteren Ortstermin am Bauvorhaben durchgeführt.

Mit Schriftsatz vom 29.8.2011 hat die Antragstellerin Gegenvorstellung gegen den Beschluss des OLG Hamm vom 9.8.2011 in dem Verfahren 19 W 35/11 erhoben und zugleich hilfsweise beantragt, die funktionelle Zuständigkeit für das selbständige Beweisverfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu bestimmen.

Mit Schriftsatz vom 22.9.2011 hat die Antragstellerin außerhalb des Beschwerdeverfahrens einen Antrag auf gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestellt.

Am 10.10.2011 hat der gerichtlich bestellte Sachverständige einen dritten Ortstermin am Bauvorhaben durchgeführt.

B. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor, weil die Antragstellerin die Gerichtsstandsbestimmung erst nach Beginn der Beweisaufnahme beantragt hat.

I. Das OLG Hamm ist gem. § 36 Abs. 1 ZPO als das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht im Verhältnis zu den in Betracht kommenden Spruchkörpern innerhalb des LG Hagen - Kammer für Handelssachen und Zivilkammer - zur Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.

II. Der erbetenen Zuständigkeitsbestimmung steht nicht entgegen, dass im Streitfall weder die örtliche noch die sachliche, sondern die funktionelle Zuständigkeit bestimmt werden soll. In Rechtsprechung und Fachliteratur ist anerkannt, dass sich § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO jedenfalls in entsprechender Anwendung der Norm auch auf die funktionelle Zuständigkeit bezieht (OLG Frankfurt NJW 1992, 2900; BayObLG NJW-RR 1999, 1010, 1011; OLG Schleswig NJW-RR 2003, 1650; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 36 ZPO Rz. 14).

III. Einer Zuständigkeitsbestimmung steht jedoch entgegen, dass bei Eingang des Antrags auf gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit die Beweiserhebung bereits begonnen hatte.

1. Zwar schließt die Beantragung eines selbständigen Beweisverfahrens nicht von vornherein generell die Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aus (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rz. 16 zum Klageverfahren). Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts kann allerdings nicht mehr erfolgen, wenn eine Beweisaufnahme zur Hauptsache bereits stattgefunden hat (v...

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