Leitsatz (amtlich)

Eine Gerichtsstandbestimmung gemäß § 36 I Nr. 3 ZPO kann - wie im Klageverfahren auch - im selbstständigen Beweisverfahren nicht mehr erfolgen, wenn die Beweisaufnahme bereits begonnen hat. Eine nach Gründen der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit vorzunehmende Gerichtsstandbestimmung ist nicht mehr möglich, sobald das selbständige Beweisverfahren in das Stadium der Beweisaufnahme gelangt ist. Nach, während oder unmittelbar vor der Durchführung einer Beweisaufnahme scheidet auch in diesem Verfahren aufgrund des Prozessstands die Bestimmung eines anderen als des mit dem Verfahren bereits befassten Gerichts aus Gründen der Prozessökonomie praktisch aus.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens (§§ 485 ff ZPO) die Klärung von Beweisfragen mittels schriftlichen Sachverständigengutachtens aus Anlass eines am 03.10.2016 in X/Niederlande erlittenen Verkehrsunfalls. Er nimmt die Antragsgegnerin zu 1) als Fahrerin und die Antragsgegnerin zu 2) als Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten gegnerischen Fahrzeugs in Anspruch. Die begehrte Beweiserhebung soll sich sowohl mit der Frage der Verursachung des Unfalls durch die Antragsgegnerin zu 1) als auch mit der Frage der zur Wiederherstellung des Fahrzeugs erforderlichen Kosten befassen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beweisbeschluss des Amtsgerichts C vom 30.03.2017 Bezug genommen, in dessen Folge die Verfahrensakten dem Sachverständigen Dipl.-Ing. T am 11.04.2017 übermittelt worden waren. Mit Schreiben vom 25.04.2017 forderte der Sachverständige die Parteien zur Vorlage weiterer Informationen und Unterlagen auf, ohne die das Gutachten nicht erstattet werden könne. Daraufhin nahmen die Antragstellervertreterin mit Schriftsatz vom 26.04.2017 und die Antragsgegnervertreter mit Schriftsatz vom 11.05.2017 ergänzend Stellung.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 23.06.2017 rügte die Antragsgegnerin zu 2) sodann erstmals die örtliche Zuständigkeit des von dem Antragsteller angerufenen Amtsgerichts C unter Verweis auf den Unfallort in den Niederlanden.

Mit Verfügung vom 02.08.2017 hat das Amtsgericht C darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Akte zur Gerichtsstandsbestimmung gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, 37 ZPO dem Landgericht N vorzulegen, und ist nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 15.09.2017 enrtsprechend verfahren.

Mit Beschluss vom 23.10.2017 hat das Landgericht N das Verfahren daraufhin unter Verweis auf § 36 Abs. 2 ZPO zuständigkeitshalber dem Senat zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.

Mit Verfügung vom 21.11.2017, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Senat die Parteien darauf hingewiesen, dass der begehrten Zuständigkeitsbestimmung die bereits getroffene Beweisanordnung entgegenstehen dürfte.

II. Das Oberlandesgericht Hamm ist zwar gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berufen. Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihren allgemeinen Gerichtsstand i.S.d. §§ 12, 13, 17 ZPO in C, die Antragsgegnerin zu 2) in L. In Bezug auf diese Gerichtsstände wäre der Bundesgerichtshof das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht. Das im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm gelegene Amtsgericht C war als erstes mit der Sache befasst.

Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen jedoch nicht vor.

Zwar sollen die Antragsgegnerinnen als Streitgenossen im Sinne der - weit auszulegenden - §§ 59, 60 ZPO in Anspruch genommen werden, zudem ist für den Rechtsstreit auch kein die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in der Regel hindernder gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet. Ein solcher ergibt sich hier insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung, da sich der Unfall nicht im Inland, sondern - worauf die Antragsgegnerin zu 2) zu Recht verweist - in den Niederlanden ereignet hat (§§ 32 ZPO, 20 StVG, 115 VVG bzw. Art. 7 Nr. 2, Art. 12 i.V.m. Art. 10 EuGVVO).

Eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann - wie im Klageverfahren auch - im selbständigen Beweisverfahren aber nicht mehr erfolgen, wenn - wie hier - die Beweisaufnahme bereits begonnen hat. Zwar schließt die Beantragung eines selbständigen Beweisverfahrens nicht von vornherein generell die Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aus (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 36 ZPO, Rn. 16). Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts kann allerdings nicht mehr erfolgen, wenn eine Beweisaufnahme zur Hauptsache bereits stattgefunden hat (vgl. OLG Karlsruhe, 19 AR 16/05, OLGR 2006, 29; OLG Schleswig, 2 W 107/07, OLGR 2007, 959; Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 36 ZPO, Rn. 21; Zöller/Vollkommer a. a. O.) oder die Durchführung einer Beweisaufnahme unmittelbar bevorsteht (OLG Bremen, 3 AR 8/10, MDR 2011, 188). Das ...

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