Leitsatz (amtlich)

Eine Gerichtsstandbestimmung gemäß § 36 I Nr. 3 ZPO kann aufgrund des fortgeschrittenen Prozessstands nicht mehr erfolgen, wenn eine Klage nach eingeholten Sachverständigengutachten auf weitere Beklagte erweitert werden soll.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Der Senat lehnt eine Zuständigkeitsbestimmung ab.

Die Kosten des Bestimmungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Gegenstandswert wird auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die im Bezirk des Landgerichts C wohnhafte Klägerin hat mit ihrer beim Landgericht C eingereichten Klage zunächst nur gegen den Beklagten zu 1 die Rückabwicklung eines Pferdekaufs geltend gemacht und die Feststellung beantragt, dass sich dieser mit der Annahme des Pferdes in Verzug befinde und verpflichtet sei, alle notwendigen Zukunftsaufwendungen zu ersetzen.

Der im Bezirk des Landgerichts P wohnhafte Beklagte zu 1 habe ein Pferd über F angeboten. Die Tochter der Klägerin habe es probegeritten. Nach Durchführung einer klinischen und röntgenologischen Kaufuntersuchung sei der Kaufvertrag geschlossen worden. Nach Übergabe des Pferdes hätten sich alsbald Lahmheiten eingestellt. Die im Nachgang erfolgten Krankheitsbefunde ständen mit der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit nicht im Einklang. Mit der Klageschrift hat die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.

Das Landgericht hat am 05.07.2017 in der Sache verhandelt und die Parteien persönlich angehört. Am 19.07.2017 hat es einen Beschluss verkündet, nach dem ein tierärztliches Gutachten eingeholt werden soll. Das Gutachten ist am 21.09.2017 beim Landgericht eingegangen und wurde tags drauf den Parteien zur Stellungnahme übersandt.

Mit einem an den Senat gerichteten Schriftsatz vom 07.11.2017 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie beabsichtige, die Klage gegen den Beklagten zu 2 zu erweitern, und beantragt, das Landgericht C als das auch für die erweiterte Klage zuständige Gericht zu bestimmen. Die Klageerweiterung ist mit einem an das Landgericht gerichteten Schriftsatz vom 14.11.2017 erfolgt, dessen Zustellung veranlasst wurde. Die Klage wird nunmehr mit der Beklagten zu 2 auch gegen die im Bezirk des Landgerichts P gelegene Pferdeklinik gerichtet, deren einer Geschäftsführer die Ankaufuntersuchung durchgeführt habe. Die Beklagte zu 2 wird wegen der Rückabwicklung des Kaufvertrags wie auch wegen der festzustellenden Einstandspflicht Gesamtschuldnerin des Beklagten zu 1. in Anspruch genommen. Die Klägerin wirft ihr insbesondere vor, keine vollständigen Röntgenuntersuchungen gefertigt und die gefertigten Röntgenaufnahmen nicht ordnungsgemäß erstellt zu haben. Zudem habe sie fehlerhaft mitgeteilt, die angefertigten Röntgenuntersuchungen seien ohne Befund.

Im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren hat die Klägerin ausgeführt, für die Beklagte zu 1 sei das Landgericht C örtlich zuständig, für die Beklagte zu 2 das Landgericht P. Der Schwerpunkt des Rechtsstreits liege im Bezirk des Landgerichts C, da der Kaufvertrag dort abgeschlossen worden sei und sich das Pferd dort befinde. Eine Zuständigkeitsbestimmung sei möglich, obwohl das Landgericht bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt habe, da hier nicht ein anderes Gericht angerufen werden solle als dasjenige, das bereits Beweis erhoben habe. Aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit sei eine Bestimmung des Landgerichts C, auch soweit die Klage gegen den Beklagten zu 2 gerichtet sei, erforderlich. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dass eine Zuständigkeitsbestimmung im laufenden Verfahrensstand nicht mehr möglich sei.

II. 1. Das Oberlandesgericht Hamm ist zur Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 2 ZPO berufen, da im Verhältnis zwischen dem zunächst angerufenen Landgericht C und dem Gericht des allgemeinen Gerichtsstands der Beklagten, dem Landgericht P, der Bundesgerichtshof das nächst höhere Gericht wäre und das im hiesigen Bezirk befindliche Landgericht C als erstes mit der Sache befasst war.

2. Der Antrag ist zurückzuweisen, da die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gleich unter mehreren Aspekten nicht vorliegen.

a) Zum einen kommt eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich nur in Betracht, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen verklagt werden sollen. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben: Für beide Beklagten befindet sich der allgemeine Gerichtsstand gem. §§ 12, 13 ZPO bzw. §§ 12, 17 ZPO beim Landgericht P. Sowohl der Wohnort des Beklagten zu 1 (G) als auch der Sitz der Beklagten zu 2 (B) liegen in dessen Bezirk. Ein Ausnahmefall, in dem ausnahmsweise trotzdem eine Gerichtsstandsbestimmung zulässig wäre, liegt nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass für die auf vertraglichen Ansprüchen beruhende Klage zumindest gegen einen Beklagten ein vom allgemeinen Gerichtsstand abweichender ausschließlicher Gerichtsstand besteht (vgl. hierzu Zöller/Voll...

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