Leitsatz (amtlich)

Zum Absehen vom Fahrverbot, wenn dem Betroffenen ggf. die Kündigung des Arbeitsverhältnisses droht.

 

Verfahrensgang

AG Lübbeck (Entscheidung vom 02.07.2004)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als offensichtlich unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Lübbecke zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Lübbecke hat den Betroffenen mit Urteil vom 02.07.2004 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 450,- EUR verurteilt, gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Monaten verhängt und bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Nach den zugrunde liegenden Feststellungen befuhr der Betroffene am 17.10.2003 außerhalb geschlossener Ortschaft die Bundesstraße 239 mit seinem PKW Volkswagen, amtliches Kennzeichen XXXXXXXXX, in einem Bereich, in dem die Geschwindigkeit auf 70 km/h begrenzt ist, mit einer Geschwindigkeit von mindestens 151 km/h, die durch ein Radarmessgerät Multanova MU VR 6 F festgestellt wurde.

Zu den persönlichen Verhältnissen hat das Amtsgericht Folgendes festgestellt:

"Der Betroffene ist als Elektroinstallateur beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehören eigenständige Arbeiten bei auswärtigen Kunden. Darüber hinaus ist er auch für den 30 Kilometer langen Weg zur Arbeitsstelle auf die Nutzung eines PKWs angewiesen. Der Arbeitgeber hat mitgeteilt, dass er dem Betroffenen einen durchgehenden Urlaubsanspruch von einem Monat gewähren will. Im Falle eines längeren Fahrverbotes müsse der Betroffene mit einer Kündigung rechnen."

Im Rahmen der Bemessung des Fahrverbotes führt das Amtsgericht schließlich aus:

"Daneben war die Verhängung eines zweimonatigen Fahrverbotes gem. § 25 StVG erforderlich, angesichts der beruflichen Folgen eines Fahrverbotes für den Betroffenen in dieser Länge aber auch ausreichend. Auch wenn der Betroffene verkehrsrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist und der Vorfall zu nächtlicher Zeit geschah, war angesichts der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung die Fahrverbotszeit auf über einen Monat festzusetzen. Dabei ist sich das Gericht bewusst, dass der Betroffene bei der erkannten Fahrverbotsdauer mit Schwierigkeiten am Arbeitsplatz rechnen muss. Diese sind jedoch vom Betroffenen selbst verschuldet und erscheinen dem Gericht nicht unverhältnismäßig. Ob dem Betroffenen aufgrund des Fahrverbotes tatsächlich eine rechtmäßige Kündigung droht, scheint dem Gericht nicht zuletzt aufgrund der dem Betroffenen gem. § 25 II a StVG einzuräumenden 4-Monatsfrist und der damit verbundenen Dispositionsmöglichkeit weniger wahrscheinlich."

Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Betroffene mit am 07.07.2004 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schreiben seines Verteidigers Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Urteilszustellung an den Verteidiger am 19.07.2004 mit am 19.08.2004 bei dem Amtsgericht eingegangenem weiteren Schreiben des Verteidigers begründet. Die Rechtsbeschwerde wendet sich vor allem gegen die Bemessung der Dauer des Fahrverbotes.

Die Rechtsbeschwerde beantragt,

das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahingehend aufzuheben und abzuändern, dass gegen den Betroffenen auf ein Fahrverbot von einem Monat erkannt wird gegen ggf. angemessen zu erhöhende Geldbuße.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist, so wie der Senat sie auslegt, unbeschränkt eingelegt. Zwar bezieht sich der Antrag der Rechtsbeschwerde allein auf den Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils. Andererseits ist die Rechtsbeschwerde selbst ohne eine solche Beschränkung eingelegt worden und auch eingangs der Begründung wird zunächst allgemein ohne eine solche Beschränkung die Verletzung materiellen Rechts gerügt, während sich die Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch mit dem Anschluss "insbesondere wird gerügt" an die allgemeine Sachrüge anschließen.

Zum Schuldspruch hat die Rechtsbeschwerde allerdings keinen Erfolg. Insoweit hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben, § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO.

Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils hält der rechtlichen Überprüfung dagegen nicht Stand. Die Ausführungen des Amtsgerichts hierzu sind unklar und widersprüchlich. Das Amtsgericht stellt nämlich einerseits fest, dass der Arbeitgeber des Betroffenen mitgeteilt habe, dass der Betroffene im Falle eines längeren Fahrverbotes als einem Monat mit einer Kündigung rechnen müsse. Angesichts dieser Feststellung des Amtsgerichts besteht eine ernstliche Gefahr für den Bestand des Arbeitsplatzes des Betroffenen im Falle der Verhängung eines die...

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