Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Beschilderung in Gestalt einer blauen Tafel mit weißem "P" sowie weißer Zusatztafel mit schwarzer Aufschrift "Elektrofahrzeuge während des Landevorgangs"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Beschilderung in Gestalt einer blauen Tafel mit weißem "P" sowie weißer Zusatztafel mit schwarzer Aufschrift "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs" ist die Bedeutung eines Parkverbotes für andere Fahrzeuge beizumessen.

2. Der Erlass eines solchen Verbotes ist ein Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung.

3. Aufgrund der sog. Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten ist es dem (Verkehrsstraf-)gericht versagt, das Verbot in vollem Unfang auf seine materielle Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Danach dürfen Rechtswirkungen eines Verwaltungsaktes von einem Gericht, das zu seiner Überprüfung nicht berufen ist, nur dann unbeachtet gelassen werden, wenn er nichtig und damit unwirksam ist (§ 43 Abs. 3, 44 VwVfG NW). Insbesondere ein sog. gesetzloser Verwaltungsakt ist nicht bereits deshalb nichtig, weil er einer gesetzlichen Grundlage entbehrt.

 

Normenkette

StVO § 49; StVG § 24; VwVfG NW § 44; StVO § 12 Abs. 3, § 45 Abs. 1 Nrn. 3, 6, Abs. 1b Nrn. 2a, 5, § 46 Abs. 1 Nr. 4a; VwVfG NW § 43

 

Verfahrensgang

AG Essen (Aktenzeichen 35 OWi 317/13)

 

Tenor

  • I.

    Entscheidung der nach § 80 a Abs. 1 OWiG zuständigen Einzelrichterin:

    Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG.

    Das Verfahren wird dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragen, § 80a Abs. 3 OWiG.

  • II.

    Auf die Rechtsbeschwerde wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

    Der Betroffene wird wegen eines vorsätzlich begangenen Parkverstoßes gem. §§ 12 Abs. 3 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO, 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 10,- € verurteilt.

  • III.

    Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten der Rechtsbeschwerde,

    werden dem Betroffenen auferlegt.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen durch Urteil vom 28. Juni 2013 von dem Vorwurf eines Parkverstoßes gemäß §§ 12 Abs. 3, 49 StVO, 24 StVG freigesprochen.

Das Amtsgericht hat u.a. ausgeführt:

"Am 21.01.2013 um 11.04 Uhr oder in der Zeit davor parkte der Betroffene seinen Pkw der Marke VW Golf Cabrio, amtliches Kennzeichen xxx, auf einem Parkstreifen in Essen an der Zweigertstraße gegenüber dem Haus Nummer 52 ab. Bei diesem Haus handelt es sich um das Land- und Amtsgericht Essen. Das Fahrzeug stand dort mindestens bis 11.29 Uhr. Anschließend wurde es auf Veranlassung einer Mitarbeiterin des Ordnungsamtes der Stadt Essen abgeschleppt. An der Zweigertstraße befindet sich eine lange Reihe von Parkmöglichkeiten, die alle quer zur Fahrbahn ausgestaltet sind. Bislang waren alle Parkplätze in der Weise gebührenpflichtig, dass nur mit ordnungsgemäß ausgelegten Parkscheinen, die zuvor am Parkautomat zu erwerben waren, geparkt werden durfte.

Für die beiden ganz westlich gelegenen Abstellplätze wurde vor einiger Zeit eine Ladestation installiert. Diese Elektroladestation weist rechts und links zwei Kabelanschlüsse auf. Auf diese Weise sind auf den beiden westlichsten Parkplätzen gleichzeitig zwei Elektroautos aufladbar.

Im Zusammenhang mit der Anbringung dieser Elektroladestation wurden offensichtlich von der Stadt Essen zusätzliche Schilder installiert, und zwar Parkplatzschilder mit weißem P auf blauem Grund. Diese Schilder wurden rechts vom rechten Parkplatz und links vom linken der beiden Parkplätze installiert.

Am rechten Schild weist ein Pfeil nach links, am linken Schild ein solcher nach rechts. Unter beiden Schildern ist ein Zusatzschild mit schwarzer Beschriftung auf weißem Grund installiert. Darauf heißt es: "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs".

Die Stadt Essen wollte mit der Aufstellung dieser Schilder offensichtlich anordnen, dass hier nur Elektrofahrzeuge abgestellt werden dürfen, und zwar auch nur während des Landevorgangs.

Diese Installation und Beschilderung hatte dann zur Folge, dass diese beiden Plätze fast durchgängig besetzt waren mit Mietwagen, die die Aufschrift "###" tragen. Lange Zeit standen dort zwei Fahrzeuge vom Typ Opel Ampera. Später standen dort ein Fahrzeug vom Typ Opel Ampera und ein Fahrzeug vom Typ Nissan Leaf. Diese Fahrzeuge sind nahezu durchgängig durch eine Kabelverbindung mit der vorgenannten Ladestation verbunden, und dies ganz offensichtlich ohne jegliche Fahrzeugbewegung über viele Tage. Das Dauerparken dieser Fahrzeuge hat zur Folge, dass um die Fahrzeuge herum aus den Pflasterfugen Gras zu wachsen beginnt, was an den weiter links (östlich) befindlichen Parkflächen, die mit Parkschein zu benutzen sind, aufgrund der häufigen Fahrzeugwechsel natürlich nicht der Fall ist.

(...)

Den Sachverhalt konnte das Gericht feststellen aufgrund der eigenen glaubhaften Angaben des Betroffenen und aufgrund eigener Ortskenntnisse des Gerichts.

Die Örtlichkeit befindet sich unmittelbar gegenüber dem Amtsgericht Essen und ist dem Gericht bestens bekannt. Der Betroffene hat glaubhaft bekunde...

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