Leitsatz (amtlich)

1. Der nach der kapitalisierten Rente (hier: Rente aus Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag) errechnete Vergleichsbetrag führt auch dann nicht zu einer Erhöhung des Wertes der Einigungsgebühr, wenn der höher als der Streitwert für das Verfahren ist.

2. Eine Erhöhung der Einigungsgebühr findet statt, wenn ein Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages nicht anhängig ist, jedoch die Parteien im Wege des Vergleiches eine Einigung über die Beendigung des Versicherungsvertrages treffen. Die Erhöhung beträgt 20 % des 3,5 fachen Wertes der Summe von Rentenleistung und Versicherungsprämie.

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Beschluss vom 08.12.2011; Aktenzeichen 12 O 189/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten und unter Zurückweisung der Beschwerde der Klägervertreter wird der Streitwertbeschluss der Zivilkammer II des LG Detmold vom 8.12.2011 wie folgt abgeändert:

Der Streitwert für den Rechtsstreit beträgt 59.050,65 EUR; der Gegenstandswert des Vergleiches beträgt 70.925,06 EUR.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Höhe des Wertes von Rechtsstreit und Vergleich.

Im Einzelnen geht es um Folgendes:

Mit ihrer Klage vom 22.7.2009 hat die Klägerin Ansprüche aus ihrer mit der Beklagten im Jahre 2001 abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend gemacht. Mit dem Klageantrag zu 1) hat sie die Zahlung rückständiger Leistungen wegen Berufsunfähigkeit i.H.v. 11.452,94 EUR und mit dem Klageantrag zu 2) die Feststellung verlangt, dass die Beklagte verpflichtet sei, an sie monatlich 1.413,62 EUR nach Maßgabe des Versicherungstarifs, beginnend mit dem Monat Juli 2009, zu zahlen. Mit dem Klageantrag zu 3) hat sie Rückzahlung der nach behaupteter Berufsunfähigkeit eingezogenen Prämien von 100,08 EUR und mit dem Antrag zu 4) Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 1.880,20 EUR begehrt.

Mit Beschluss vom 8.12.2011 hat die Zivilkammer II des LG Detmold festgestellt, dass die Parteien einen Vergleich des Inhalts geschlossen haben, dass die Beklagte zur Erledigung aller wechselseitigen Ansprüche aus der streitgegenständlichen Versicherung an die Klägerin 150.000 EUR sowie die mit dem Klageantrag zu 4) geltend gemachten 1.880,20 EUR zahlt (s. Bl. 462 der Akte). Zugleich hat die Kammer in ihrem nunmehr angefochtenen Beschluss den Wert für den Rechtsstreit und den Vergleich auf 237.488,16 EUR festgesetzt und dies damit begründet, dass dies den Ansprüchen bei einer Laufzeit des Vertrages von noch 168 Monaten entspreche.

Die Beklagte hat gegen die Streitwertfestsetzung mit Schreiben vom 20.12.2011 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Wert gemäß den §§ 48 IV GKG, 3 und 9 ZPO auf 70.925,06 EUR festzusetzen. Zur Begründung hat sie insbesondere darauf hingewiesen, dass der Wert des Antrags zu 2) mit dem 42fachen der monatlichen Leistungen (= 59.372,04 EUR) zu bewerten sei.

Die Klägervertreter haben gegen den Beschluss des LG ebenfalls Beschwerde eingelegt und beantragt, den Wert für das Verfahren auf 625.394,07 EUR und für den Vergleich auf 657.349,81 EUR festzusetzen. Zur Begründung verweisen sie darauf, dass die Klägerin von einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten aus der Berufsunfähigkeitsversicherung bis an ihr Lebensende ausgegangen sei. Bei einer statistischen Lebenserwartung von insgesamt 83 Jahren ergebe sich hochgerechnet bis April 2045 ein Anspruch von 620.579,18 EUR (= Rente für 439 Monate), der für die Streitwertberechnung maßgeblich sei. Gegebenenfalls sei davon ein Abschlag von 20 % vorzunehmen, da es sich um eine Feststellungsklage handele.

II. Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig und führt dazu, den Streitwert auf 59.050,65 EUR und den Vergleichswert auf 70.925,06 EUR festzusetzen. Die Beschwerde der Klägervertreter hingegen ist unbegründet. Dazu im Einzelnen:

1. Streitwert

Bei wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Ansprüche auf Rente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung gehören, ist der Wert nach § 9 Satz 1 ZPO zu bestimmen, also mit dem 3,5 fachen Wert des einjährigen Bezuges, wobei darauf bei einer positiven Feststellungsklage ein Abschlag von 20 % vorzunehmen ist (s. dazu zuletzt BGH, Beschl. v. 6.10.2011 - IV ZR 183/10, juris Tz. 1 und 2). Diese Wertbemessung ist unabhängig von der vertraglichen Laufzeit des Versicherungsvertrages, so dass weder auf die volle Laufzeit bis zum Vertragsende (so das LG) noch auf die von der Klägerin behauptete Vorstellung, die Rente bis an ihr Lebensende beziehen zu können (so die Klägervertreter), abzustellen ist. Bei Klageeinreichung bereits fällige Beträge, die mit der Klage beziffert geltend gemacht werden, sind nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG hinzuzurechnen. Spätere Veränderungen rückständiger Beträge bleiben außer Betracht, selbst wenn sie während des Rechtsstreits mit einem bezifferten Antrag geltend gemacht werden (BGH, Beschl. v. 25.6.2008 - II ZR 179/07, juris Tz. 2; Beschluss vom 25.11.1998. IV ZR 199/98, juris Tz. 3, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Auf die...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge