Leitsatz (amtlich)

Nach einhelliger Meinung der Oberlandesgerichte kann das Vorliegen von vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr nicht bereits aus einer hohen Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit geschlossen werden, vielmehr müssen i.d.R. weitere Feststellungen getroffen werden.

 

Verfahrensgang

AG Bielefeld (Entscheidung vom 08.12.2003)

 

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 08.12.2003 wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bielefeld hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen in Höhe von je 35,- EUR verurteilt. Darüber hinaus hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Straßenverkehrsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von noch 10 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte mit am 12.12.2003 bei dem Amtsgericht Bielefeld eingegangenem Schreiben seines Verteidigers Rechtsmittel eingelegt. Nach der Urteilszustellung an den Verteidiger am 30.12.2003 hat dieser mit am 29.01.2004 bei dem Amtsgericht Bielefeld eingegangenem Schreiben das Rechtsmittel als Revision bezeichnet und mit dem Antrag begründet,

das Urteil des Amtsgerichts vom 08.12.2003 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückzuverweisen.

Die Revision wendet sich mit der Sachrüge gegen die Annahme vorsätzlicher Tatbegehung durch das Amtsgericht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,

das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Amtsgericht Bielefeld zurückzuverweisen.

II.

Die zulässige Revision des Angeklagten hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Auf die Revision des Angeklagten war das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Die Urteilsgründe tragen den Schuldspruch wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr nämlich nicht.

1.

Das Amtsgericht hat die von ihm als Einlassung des Angeklagten gewertete Erklärung des Verteidigers, der Angeklagte habe hinsichtlich seiner Alkoholisierung fahrlässig gehandelt, als durch die Angaben der Zeugen POM M. und POM'in B. widerlegt angesehen. Diese Zeugen hatten angegeben, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der von ihnen durchgeführten Verkehrskontrolle im Fahrerraum des von ihm geführten LKWs eine Kühlbox mit sich geführt habe, in der sich Dosen eines Whisky-Cola-Mixgetränkes befunden hätten, und zwar bereits angebrochene und auch noch verschlossene Dosen mit diesem Getränk. Das Amtsgericht führt auf der Grundlage dieses Beweisergebnisses weiter Folgendes aus:

"Da der Angeklagte während der Fahrt in dem Fahrgastraum alkoholische Getränke bei sich führte und die Getränkedosen teilweise angebrochen waren, ist davon auszugehen, dass der Angeklagte wusste, dass er alkoholisiert im Straßenverkehr ein Fahrzeug führte und infolge der Alkoholisierung absolut fahruntüchtig war. Dafür spricht zum einen die Tatsache, dass der Angeklagte angebrochene Getränkedose in der Fahrgastzelle des LKWs bei sich führte, so dass er während der Fahrt Zugriff auf die Getränke nehmen konnte. Zum anderen spricht die erhebliche Alkoholisierung von 2,49 o/oo dafür, dass der Angeklagte wusste, dass er in erheblichem Umfang alkoholisiert ist und somit Kenntnis von seiner Fahruntauglichkeit hatte (...) Neben den mit im Fahrgastraum geführten Getränken und dem hohen Grad der Alkoholisierung gibt es noch einen weiteren Anhaltspunkt, der für die vorsätzliche Begehungsweise des Angeklagten im Hinblick auf die alkoholbedingte Fahruntauglichkeit und die Teilnahme im Straßenverkehr spricht. Der Angeklagte gab nach Durchführung des Atemalkoholtests vor, ein Mundspray benutzt zu haben, um die Beamten so in die Irre zu führen und Glauben machen zu lassen, dass das Atemalkohol-Prüfgerät ausgeschlagen sei, da er ein Mundspray benutzt hatte.

Dass dies tatsächlich nicht der Fall gewesen sein konnte, sondern das Gerät ein positives Ergebnis zeigte, weil der Angeklagte Alkohol konsumiert hatte, ergibt sich daraus, dass auch der zweite Atemalkoholtest ein positives Ergebnis anzeigte. Der Angeklagte wollte durch dieses Täuschungsmanöver davon ablenken, dass er Alkohol zu sich genommen hatte und sich im Zustand alkoholbedingter Fahruntauglichkeit befand. Darüber hinaus war der Angeklagte für das Fahren unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr sensibilisiert. Er war bereits im Jahre 2002 durch Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen und hatte einen Bußgeldbescheid erhalten."

Hinsichtlich der genannten Vorbelastung stellt das Amtsgericht fest, dass dem Angeklagten in dem Bußgeldbescheid der Stadt Bielefeld vom 16.01.2002, mit dem gegen i...

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