Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit der ausdrücklichen Feststellung des Gerichts vor Abschluss des Vergleichs, dass die vorgeschlagene Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht

 

Leitsatz (amtlich)

§ 31 Abs. 4 GKG ist eng auszulegen. Für die darin enthaltene kostenrechtliche Vergünstigung muss eindeutig festzustellen sein, dass das Gericht in seinem Vergleichsvorschlag, d.h. vor Abschluss des Vergleichs, auf die zu erwartende Kostenentscheidung hingewiesen hat.

 

Normenkette

GKG § 31 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 05 T 326/20)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 23.06.2020 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Münster zurückverwiesen.

Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das vorliegende Verfahren betreffend den Gerichtskostenansatz hat die Erstattung von Gerichtskosten nach Vergleichsabschluss im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 31 Abs. 4 GKG zum Gegenstand.

Zugrunde liegt ein Mietrechtsstreit, in dem der Kläger vom Beklagten die Zahlung rückständiger Miete sowie die Räumung der Wohnung nach auf Verzug gestützter Kündigung begehrte. Den Beklagten, die Mängel der Wohnung einwandten, wurde Prozesskostenhilfe, auch für eine auf Rückzahlung überzahlter Miete gerichtete Hilfswiderklage, bewilligt. Nach Zeugeneinvernahme und Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie Rücknahme der Widerklage schlossen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2019 einen Vergleich (Bl. 449), der eine Kostenübernahme bezüglich der Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis 80:20 zulasten der Beklagten vorsah. Der Vergleichsschluss erfolgte nach dem Vorspann zum protokollierten Vergleich ausdrücklich auf Vorschlag des Gerichts. Den Beklagten wurde im Anschluss an den Vergleichsschluss durch Beschluss der Einzelrichterin Prozesskostenhilfe auch für den Abschluss des Vergleichs bewilligt; weiter heißt es im Beschluss: "Die Kostenquote für den Rechtsstreit ist im Hinblick auf die weit überwiegenden Erfolgsaussichten der Klage sachgerecht".

Gemäß Schlusskostenrechnung vom 06.01.2020 (Bl. III) beliefen sich die Gerichtskosten insgesamt auf 3.494,00 EUR, wovon nach Abzug von klägerseits geleisteten Vorschüssen i.H.v. 1.185,00 EUR noch 2.309,40 EUR offen standen. Diese wurden mit 1. Rechnung vom 07.01.2020 vom Kläger als Zweitschuldner nach § 31 Abs. 3 und 4 GKG i.V.m. §§ 22 Abs. 1, 29 GKG angefordert unter gleichzeitigem Hinweis darauf, dass er sich ggf. die Kosten gegen die Beklagten nach §§ 103 ff. ZPO titulieren lassen könne.

Den hiergegen gerichteten Rechtsbehelf des Klägers vom 16.01.2020 (Bl. 466) wies das Amtsgericht durch Beschluss vom 12.02.2020 (Bl. 475) zurück. Der Inanspruchnahme des Klägers stehe die Regelung des § 31 Abs. 4 GKG nicht entgegen. Es sei weder im Vergleichsvorschlag noch im eigentlichen Vergleichstext niedergelegt worden, dass die Kostenfolge der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspreche. Der nachträgliche Zusatz führe zu keiner anderen Beurteilung. Eine analoge Anwendung komme nicht in Betracht, da die Vorschrift allein auf die Erfüllung objektiver Kriterien abstelle.

Gegen diesen Beschluss legte der Kläger mit Schreiben vom 19.02.2020 (Bl. 481) Beschwerde ein. Diese wurde nach Nichtabhilfe am 30.03.2020 dem Landgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die dortige Einzelrichterin hat mit Beschluss vom 07.05.2020 den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer an das Amtsgericht zurückgegeben. Die Einzelrichterin hat die Voraussetzungen des § 31 Abs. 4 GKG als gegeben angesehen. Das Amtsgericht verkenne, dass im Protokoll kein ausführlicher ausformulierter Vergleichsvorschlag festgehalten sei, sondern der Vergleichsabschluss auf einen entsprechend mündlich unterbreiteten Vorschlag des Gerichts erfolgt sei. Der im Protokoll enthaltene Text sei der Vergleich selbst. Allenfalls im Vorschlag verlange § 31 Abs. 4 Nr. 3 GKG aber die genannte Feststellung. Eine Aufnahme in den Vergleich selber, der eine Parteivereinbarung darstelle, wäre nicht denkbar. Die erforderliche Feststellung werde durch den Protokollzusatz nach Sinn und Zweck der Vorschrift in ausreichendem Maße getroffen. Auch wenn das Wort "sachgerecht" zunächst eine mildere Wirkung habe, werde damit unmittelbar an die Erfolgsaussichten der Klage angeknüpft. Angesichts des Umstands, dass es nicht um einen bezifferten Antrag gegangen sei, reiche die gewählte Formulierung noch aus. Unschädlich sei auch, dass der Zusatz nur eine Aussage hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits und nicht hinsichtlich der Kosten des Vergleichs treffe, denn hierüber wäre eine Entscheidung nicht erfolgt.

Mit Beschluss vom 26.05.2020 (Bl. 510) hat das Amtsgericht die Kostenrechnung vom 07.01.2020 aufgehoben und die Sache an den Kostenbeamten zur erneuten ...

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