Leitsatz (amtlich)

Der Widerspruch gegen die Verwertung einer ohne Einschaltung eines Richters gewonnenen Blutprobe muss spezifiziert begründet werden, damit das Tatgericht erkennen kann, welche Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Blutprobenentnahme zur Prüfung des Tatgerichts gestellt werden sollten.

Die Notwendigkeit der Rückrechnung über einen Zeitraum von mehr als sieben Stunden rechtfertigt sowohl unter dem Gesichtspunkt der absoluten Fahruntüchtigkeit als auch unter dem Gesichtspunkt der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB die Annahme einer drohenden Gefahr eines Beweismittelverlustes.

 

Normenkette

StPO §§ 81a, 81a Abs. 2, § 349 Abs. 2, § 473 Abs. 1; StGB §§ 20-21; GVG § 152

 

Tenor

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Lemgo hat den Angeklagten wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung und Bedrohung und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr, beide Taten begangen im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit, zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20,- EUR verurteilt. Ferner hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und angeordnet, dass ihm vor Ablauf von sieben Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf.

Nach den zugrunde liegenden Feststellungen befuhr der Angeklagte am 08.06.2008 mit dem PKW VW, amtliches Kennzeichen ... öffentliche Straßen in Lemgo. Dort fiel er der Polizeibeamtin F. , die sich mit dem Streifenwagen auf dem Tankstellengelände der Shell-Tankstelle am B. befand, wegen der von dem Angeklagten gefahrenen überhöhten Geschwindigkeit in Verbindung mit einem Überholmanöver auf. Der Angeklagte wurde angehalten. Da er nach Alkohol roch, bot man ihm einen Atemalkoholtest an, den er freiwillig absolvierte und der zu einem Wert von 1,23 mg/l führte, Aus diesem Grunde sollte der Angeklagte zwecks Entnahme einer Blutprobe in den Streifenwagen einsteigen. Der Angeklagte begann nunmehr, mit dem Licht seines Handys der Polizeibeamtin F. in die Augen zu leuchten und unterließ dieses Verhalten auch nach mehrmaliger Aufforderung durch die Zeugin nicht. Als die Zeugin daraufhin dem Angeklagten auf den Arm schlug, wobei dessen Handy auf den Boden fiel, versetzte er der Polizeibeamtin einen Schlag ins Gesicht und drohte ihr mit den Warten: "Wenn Du mich noch mal anfasst, bringe ich dich um," Sodann setzte sich der Angeklagte in sein Fahrzeug und fuhr davon.

Im Rahmen der sich anschließenden Fahndung nach dem flüchtigen Angeklagten wurde dieser - nunmehr zu Fuß - von dem Polizeibeamten L. in einem Hinterhof gestellt. Dem Angeklagten wurden Handschellen angelegt. Er stand zu diesem Zeitpunkt vor einer Hauswand. Unvermittelt schlug er nun derart heftig seinen Kopf gegen die Hauswand, dass er bewusstlos zusammenbrach. Nachdem der Angeklagte kurze Zeit später aus seiner Bewusstlosigkeit wieder erwacht war, bedeutete er den Polizeibeamten, die zwischenzeitlich einen Rettungswagen bestellt hatten, zunächst, dass es "wieder gehe", rannte dann aber plötzlich los und gezielt gegen einen Eisenpfahl. Als die Polizeibeamten den Angeklagten eingeholt hatten und in den Streifenwagen setzen wollten, verpasste sich der Angeklagte am Streifenwagen eine weitere "Kopfnuss".

Das Amtsgericht hat den Angeklagten, der sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen hat, aufgrund der Zeugenaussagen der beteiligten Polizeibeamten sowie aufgrund des eingeholten Blutalkoholgutachtens, das zu einem BAK-Wert von 2,57 o/oo geführt hat, als überführt angesehen.

II.

Mit der form- und fristgerecht eingefegten und begründeten Revision erhebt der Angeklagte die Verfahrensrüge der Verletzung des § 81 a StPO und die näher ausgeführte Sachrüge.

Zur Begründung der Verfahrensrüge hat der Angeklagte ausführen lassen, dass der Verteidiger bereits nach der Belehrung des Angeklagten für diesen erklärt habe, dass der Angeklagte zur Sache nichts sagen werde, im Anschluss an die Vernehmung der Polizeibeamten F., L. und S. das Gutachten des Labors Y vom 13.06.2008, Bl. 18/19 d.A., verlesen worden, Der Verteidiger habe daraufhin erklärt:

"Der Verwertung des Gutachtens wird widersprochen.", (Hauptverhandlungsprotokoll vom 11.11.2008, BI. 70 d.A.).

Die Anordnung der Blutprobenentnahme sei erforderlich gewesen, da sich der Angeklagte der Blutprobenentnahme nicht freiwillig habe unterziehen wollen. Eine Belehrung oder Nachfrage seitens der Polizeibeamten sei unterblieben. Auf Nachfrage des Verteidigers hätten die Zeugen F. und S. bestätigt, dass vor Anordnung der Blutentnahme durch die Polizeibeamten nicht versucht wurde, einen Richter oder einen Staatsanwalt zu erreichen. Ausführungen, worin er die die Annahme der Gefahr im Verzug begründende Eilbedürftigkeit gesehen habe, habe der Zeuge S. nicht gemacht. Sowohl die Zeugin F. Ls. auch der Zeuge S. hätten bestätigt, dass sie generell nicht den Versuch unternähmen, vor einer Blutentnahme einen Richter oder einen Staatsanwalt zu erreiche...

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