Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsmäßigkeit der Führung der Betreuung im "Bochumer Modell"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Feststellung der Berufsmäßigkeit der Führung der Betreuung kann nicht isoliert Gegenstand einer Beschwerde sein.

2. Die Beschwerdebefugnis der Betreuungsbehörde gem. § 69g Abs. 1 FGG umfasst auch das Recht, die Auswahlentscheidung der Vorinstanz mit dem Ziel angreifen zu können, die Aufnahme der Tätigkeit der ausgewählten Person speziell in ihrer Eigenschaft als Berufsbetreuer zu verhindern.

3. Das Recht und die Pflicht zur Mitwirkung der Betreuungsbehörde bei der Entscheidung über die Auswahl eines Berufsbetreuers (§ 1897 Abs. 7 BGB, § 8 BtBG) ergibt keine gesetzliche Grundlage für die Installation eines - hier "Bochumer Modell" genannten - Zulassungsverfahrens für Berufsbetreuer durch die Betreuungsbehörde, das zugleich das Auswahlermessen des VormG dahin binden könnte, nur die so zugelassenen Bewerber als Berufsbetreuer zu berücksichtigen.

 

Normenkette

VBVG § 1; FGG § 69g Abs. 1; BGB § 1897 Abs. 7

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 09.11.2005; Aktenzeichen 7 T 129/05)

AG Bochum (Aktenzeichen 15-XVII Sch 608)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 3) hat die den Beteiligten zu 1) und 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Für die Betroffene wurde im Jahre 1999 eine Betreuung eingerichtet, die zuletzt durch Beschluss vom 21.6.2004 mit dem Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten verlängert wurde. Dabei wurde als Datum für die erneute Überprüfung der Betreuung der 20.6.2009 festgelegt. Mit Schreiben vom 22.3.2005 begehrte die Betroffene die Aufhebung der Betreuung. Im April 2005 regte die damalige Betreuerin die Aufrechterhaltung der Betreuung und die zusätzliche Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge an. Ferner beantragte sie ihre Entlassung als Betreuerin, da sie von der Betroffenen verbal massiv bedroht worden und das Vertrauensverhältnis zu dieser völlig zerrüttet sei. Das AG holte daraufhin ein ärztliches Gutachten zur Notwendigkeit der Betreuung und eines Einwilligungsvorbehaltes ein, welches die Ärztin Frau Y. unter dem Datum 20.4.2005 erstattete, und hörte die Betroffene am 2.5.2005 persönlich an. Durch Beschluss vom selben Tag hielt das AG die Betreuung aufrecht, erweiterte den Aufgabenkreisder Betreuung u.a. auf die Gesundheitsfürsorge und Wohnungsangelegenheiten, ordnete einen Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge an, entließ die bisherige Betreuerin und bestellte an deren Stelle eine Mitarbeiterin des S-e.V. zur Vereinsbetreuerin.

Gegen diesen Beschluss hat die Betroffene mit Schriftsatz vom 12.5.2005 Beschwerde eingelegt, die sie mit weiterem Schriftsatz vom 8.7.2005 auf die Betreuerauswahl mit der Maßgabe beschränkt hat, dass sie die Bestellung ihrer Verfahrensbevollmächtigten "zu den Bedingungen einer Berufsbetreuerin" beantragt hat. Das LG hat der damaligen Betreuerin sowie der Beteiligten zu 3) Gelegenheit gegeben, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Mit Beschluss vom 9.11.2005 hat das LG in Abänderung der Entscheidung des AG die Beteiligte zu 2) zur Berufsbetreuerin der Betroffenen bestellt.

Mit Schreiben an das LG vom 8.12.2005 hat die Beteiligte zu 3) beantragt, die Bestellung der Beteiligten zu 2) als Berufsbetreuerin aufzuheben. Diese erfülle nicht die Voraussetzungen des § 1836 BGB und sei der Betreuungsstelle als Berufsbetreuerin nicht bekannt. Es sei auch nicht beabsichtigt, mit der Beteiligten zu 2) oder weiteren Berufsbetreuern die Zusammenarbeit aufzunehmen. In diesem Zusammenhang verwies die Beteiligte zu 3) auf die mit den Richtern und Rechtspflegern des AG Bochum erarbeiteten Standards der Zugangsvoraussetzungen für Berufsbetreuer nach dem von ihr sog. "B-Modell". Dieses sieht die "Zulassung" eines Bewerbers als Berufsbetreuer durch ein Auswahlgremium vor. Die "zugelassenen" Berufsbetreuer werden in einer von der Beteiligten zu 3) aktualisierten Liste geführt. Ergänzend hat die Beteiligte zu 3) erklärt, gegen eine Bestellung der Beteiligten zu 2) als ehrenamtliche Betreuerin bestünden keinerlei Einwände.

Auf Nachfrage des Senats hat die Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 10.1.2006 erklärt, es solle das zulässige Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gegen die Bestellung der Beteiligten zu 2) als Berufbetreuerin eingelegt werden.

Die Beteiligten zu 1) und 2) treten dem Rechtsmittel entgegen.

II. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) ist nach §§ 27, 29 FGG statthaft und formgerecht erhoben.

Der Betreuungsbehörde steht nach §§ 69i Abs. 8, 69g Abs. 1 FGG ein Beschwerderecht gegen die Bestellung eines neuen Betreuers nach § 1908c BGB unabhängig von einer eigenen Beschwer zu (BayObLG v. 17.5.1995 - 3Z BR 91/95, BayObLGReport 1995, 78 = BtPrax 1995, 181). Die Beschwerde kann sich auch auf die Auswahl der Betreuungs...

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