Entscheidungsstichwort (Thema)

Namensführung einer türkischen Frau nach Ehescheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist die Ehe einer türkischen Staatsangehörigen durch ein deutsches Gericht geschieden worden, beurteilt sich für ihre Namensführung die Vorfrage nach der Wirksamkeit der Ehescheidung nach deutschem Recht.

2. Die türkische Staatsangehörige hat danach gem. Art. 173 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 türk. ZGB ihren vorehelichen Namen zu führen.

3. Wegen Abweichung von der Entscheidung des BayObLG (BayObLG v. 12.9.2002 - 1Z BR 10/02, BayObLGZ 2002, 299 = StAZ 2003, 13) wird die Sache gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

 

Normenkette

EGBGB Art. 10; Türk. ZGB Art. 173

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 14.10.2003; Aktenzeichen 23 T 614/03)

AG Bielefeld (Aktenzeichen 3 III 115/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.06.2007; Aktenzeichen XII ZB 17/04)

 

Tenor

Die Sache wird gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 2) und 3), beide ursprünglich ausschließlich türkische Staatsangehörige, schlossen am 27.12.1988 vor dem Standesbeamten in B. (Türkei) die Ehe. Die Ehegatten führten fortan nach türkischem Recht den Familiennamen U. des Beteiligten zu 3) als Ehenamen; die Beteiligte zu 2) hatte vor der Eheschließung den Namen D. geführt. Die Ehe wurde auf Antrag der Beteiligten zu 2) mit Zustimmung des Beteiligten zu 3) durch Urteil des AG - FamG - Bielefeld vom 17.3.2000, rechtskräftig seit dem 26.4.2000, geschieden. Beide Ehegatten wohnten bereits damals in B. Der Beteiligte zu 3) hatte zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Eine Anerkennung des deutschen Scheidungsurteils in der Türkei ist nicht erfolgt.

Die Beteiligte zu 2) hat am 16.6.2003 einen Knaben geboren, dem sie den Vornamen E. erteilt hat. Vater des Kindes ist nach der Darstellung des vorlegenden Standesbeamten der Beteiligte zu 3), der in einer - allerdings nicht vorgelegten - Erklärung die Vaterschaft anerkannt haben soll.

Der Standesbeamte des Standesamtes B. hat mit Schreiben vom 3.7.2003 die Sache gem. § 45 Abs. 2 PStG dem AG zur Entscheidung vorgelegt im Hinblick auf Zweifel, die bei der Beurkundung der Geburt des Kindes in Bezug auf die Namensführung der Mutter bestünden. Nach Art. 173 türk. ZGB erhalte die geschiedene Ehefrau ihren vorehelichen Namen. Dementsprechend sei in der bisherigen standesamtlichen Praxis die geschiedene türkische Mutter jeweils mit ihrem vorehelichen Namen eingetragen worden. Der Fortführung dieser Praxis könne nunmehr aber der Beschluss des BayObLG vom 12.9.2002 entgegenstehen, das in seiner Entscheidung zu der Schlussfolgerung gelangt sei, die geschiedene Ehefrau trage weiterhin den bisherigen Ehenamen, wenn eine Anerkennung des Scheidungsurteils in der Türkei nicht erfolgt sei.

Der Beteiligte zu 4) hat die Vorlage des Standesbeamten mit Schreiben vom 21.7.2003 an das AG weitergeleitet und darauf hingewiesen, der bisherigen standesamtlichen Praxis liege eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 2.11.1999 zugrunde, das für eine vergleichbare Fallgestaltung zu einer der genannten Entscheidung des BayObLG gegenteiligen Schlussfolgerung gelangt sei. Die Vorlage des Standesbeamten diene der Klärung der Rechtslage.

Das AG hat, nachdem es den Beteiligten zu 2) und 3) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, durch Beschluss vom 12.2.2003 den Standesbeamten des Standesamtes B. dazu angehalten, in dem Geburtenbucheintrag für das betroffene Kind den Familiennamen des Kindes und der Mutter mit U. zu beurkunden.

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 4) mit Schreiben vom 24.9.2003 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG durch Beschl. v. 14.10.2003 zurückgewiesen hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4), die er mit Schreiben vom 22.10.2003 bei dem LG eingelegt hat.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 Abs. 1 S. 1 PStG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Dem Beteiligten zu 4) steht nach § 49 Abs. 2 PStG das Recht zu, unabhängig von einer eigenen Beschwer durch Einlegung des Rechtsmittels eine obergerichtliche Klärung der Rechtslage herbeizuführen.

In der Sache hält der Senat das Rechtsmittel für begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Der Senat möchte unter Aufhebung der Entscheidungen beider Vorinstanzen den Standesbeamten anweisen, in dem Geburtenbucheintrag den Familiennamen der Beteiligten zu 1) und 2) mit D. zu beurkunden. Einer dahin gehenden abschließenden Entscheidung steht jedoch der auf sofortige weitere Beschwerde ergangene Beschluss des 1. Zivilsenats des BayObLG vom 12.9.2002 (abgedruckt u.a. in BayObLG v. 12.9.2002 - 1Z BR 10/02, BayObLGZ 2002, 299 = StAZ 2003, 13) entgegen; denn auf der Grundlage der vom BayObLG vertretenen Rechtsauffassung müsste der Senat die sofortige weitere Beschwerde zurückweisen.

1. Nach Auffassung des Senats ist hier folgende rechtliche Beurteilung g...

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