Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 23.03.1999; Aktenzeichen 7 T 968/98)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Auf die erste Beschwerde der Beteiligten vom 19.10.1998 wird die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 17.09.1998 ebenfalls aufgehoben.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der ersten und der weiteren Beschwerde wird auf 500,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligte ist als Eigentümerin des vorbezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Sie hat zu notarieller Urkunde vom 23.06.1998 mit Ergänzung vom 22.09.1998 (UR-Nr. … und … Notar … in …) das Eigentum in 6 Miteigentumsanteile jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung aufgeteilt. Den Antrag des Urkundsnotars auf Vollzug der Erklärung im Grundbuch hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts mit Zwischenverfügung vom 17.09.1998 beanstandet: Es fehle die Genehmigung der Stadt … gemäß § 172 BauGB. Zur Behebung des Hindernisses ist eine Frist von 1 Monat gesetzt worden.

Gegen diese Zwischenverfügung hat die Beteiligte mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 19.10.1998 Erinnerung eingelegt, zu deren Begründung sie geltend gemacht hat: Die Landesregierung habe bislang von der bundesrechtlichen Ermächtigung in § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß in Gebieten einer gemeindlichen Satzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung die Begründung von Sondereigentum an Wohngebäuden nicht ohne Genehmigung erfolgen darf, keinen Gebrauch gemacht. Daraus folge, daß die Aufteilung in Sondereigentum einer behördlichen Genehmigung nicht bedürfe. Es sei daher nicht erforderlich, für einen unzweifelhaft nicht genehmigungsbedürftigen Vorgang ein Negativattest der Stadt … beizubringen. Ihr, der Beteiligten, sei nicht zumutbar, die Verwaltungsgebühren für ein solches Negativattest zu tragen, wenn bereits nach Landesrecht die Genehmigungsbedürftigkeit des Vorgangs ausgeschlossen werden könne.

Die Rechtspflegerin und die Richterin des Grundbuchamts haben der Erinnerung mit Verfügungen vom 22.10. bzw. 24.11.1998 nicht abgeholfen. Das nunmehr als Beschwerde geltende Rechtsmittel hat das Landgericht durch Beschluß vom 23.03.1999 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, die sie mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 01.04.1999 bei dem Grundbuchamt eingelegt hat.

Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gemäß § 80 Abs. 1 Satz 3 GBO formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits daraus, daß das Landgericht ihre erste Beschwerde zurückgewiesen hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78 Satz 1 GBO). Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Entscheidungen beider Vorinstanzen.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässigen Erstbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts ausgegangen, deren Rechtsmittelfähigkeit anerkannt ist (BGH NJW 1980, 2521; NJW 1994, 1158). In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts jedoch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Für das Grundbucheintragungsverfahren war unter Berücksichtigung der früheren Fassung des § 23 Abs. 1 BauGB anerkannt, daß das Grundbuchamt zunächst selbständig und in eigener Verantwortung die ihm vorliegenden Unterlagen daraufhin zu prüfen hatte, ob der zur Eintragung im Grundbuch beantragte Vorgang einen nach § 19 BauGB genehmigungspflichtigen Tatbestand darstellt (vgl. BayObLGZ 1981, 279, 281; Rpfleger 1988, 408; Rpfleger 1996, 65; Demharter, GBO, 22. Auflage, § 7 Rdnr. 8).

Die Neufassung, die § 20 Abs. 2 Satz 2 BauGB in der Neubekanntmachung vom 27.08.1997 erhalten hat, hat zu Zweifeln daran geführt, ob das Grundbuchamt entgegen dem mit der Neufassung der §§ 19 ff. BauGB verfolgten Deregulierungsgedanken nunmehr in sämtlichen Fällen einer Grundstücksteilung eine behördliche Genehmigung oder ein Negativattest anzufordern hat. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift knüpft die vom Grundbuchamt zu beachtende Grundbuchsperre nicht mehr an die Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtsvorgangs an. Dementsprechend wird teilweise die Auffassung vertreten, in allen Fällen einer Grundstücksteilung müsse ein Genehmigungsbescheid oder ein Negativattest der Gemeinde beigebracht werden, insbesondere ohne Rücksicht darauf, ob die betreffende Gemeinde durch Ortsatzung das Genehmigungserfordernis eingeführt hat (so Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 20 Rdnr. 20; Finkelburg NJW 1998, 1, 3). Der abweichende Standpunkt geht dahin, daß das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu prüfen hat, ob die Gemeinde eine die Genehmigungspflicht begründende Satzung erlassen bzw. ob die Landesregierung gemäß § 19 Abs. 5 BauGB durch Rechtsverordnung vorgeschrieben hat, daß eine solche Satzung nicht erlassen werden darf (so mit guten Gründen Schmidt-Eichstaedt/Reitzig, NJW 1999, 385 ff.). Diese Frage kann der Senat hier o...

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