Leitsatz (amtlich)

Das Nachlassgericht kann sich von den für die Erbfolge maßgegebenden (Abstammungs-)Verhältnissen bei nicht vorhandenen öffentlichen Urkunden auch anhand anderweitiger Beweismittel seine Überzeugung verschaffen. Die "anderen" Beweismittel müssen jedoch ähnlich klare und verlässliche Schlussfolgerungen ermöglichen wie eine Urkunde, so dass an die Voraussetzungen der Beweisführung über § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB regelmäßig strenge Anforderungen zu stellen sind. Nur nach Maßgabe dieser strengen Anforderungen haben Tatsachen jeder Art als andere Erkenntnisquellen i.S.v. § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB Berücksichtigung zu finden.

 

Normenkette

BGB §§ 2354, 2356

 

Verfahrensgang

AG Gütersloh (Aktenzeichen 17 VI 72/13)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 350.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 27.10.2009 verstarb in H - seinem letzten Wohnsitz - der ledige Erblasser X, geboren am xx. xx. 1929 in L. Zur Sicherung und Verwaltung seines Nachlasses sowie zur Ermittlung der Erben hat das AG Gütersloh mit Beschluss vom 1.12.2009 (7 VI 561/09) eine Nachlasspflegschaft angeordnet. Der bestellte Nachlasspfleger Rechtsanwalt E in H hatte im Zuge eigener Erbenermittlung ausweislich seiner Mitteilung vom 7.2.2011 an das Nachlassgericht (Bl. 37 f. der Beiakte) den Hinterlassenschaften des Erblassers lediglich Schriftwechsel mit vermeintlichen Personen der mütterlichen Verwandtschaft als Hinweis auf die Abstammung entnehmen können und die Einschaltung eines professionellen Erbenermittlungsinstituts angeregt.

Der Antragsteller hat - nach Einschaltung der I Bank AG und über diese veranlasst - mit notariell beurkundetem Antrag vom 7.9.2009 zur UR-Nr. 603/2012 des Notars J in T bei dem AG Gütersloh die Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge begehrt, der ihn und die übrigen Verfahrensbeteiligten als (entferntere) Abkömmlinge der jeweiligen Großeltern des Erblassers väterlicher- und mütterlicherseits als quotale Erben ausweist

Diesen Antrag hat das AG Gütersloh - nach einer Zwischenbeanstandung vom 12.3.2013 (Bl. 53 d.A.) und weiteren Ermittlungen - durch Beschluss vom 26.5.2014 zurückgewiesen. In dieser Entscheidung - wegen deren Einzelheiten auf den niedergelegten Beschlussinhalt (Bl. 216 f. d.A.) Bezug genommen wird - hat das Nachlassgericht die Auffassung vertreten, es lägen keine Nachweise für die Abstammung des Erblassers vor. Der Antragsteller habe weder die zur Abstammung des Erblassers von seinen Eltern grundsätzlich erforderlichen Personenstandsurkunden vorgelegt noch sich auf andere Beweismittel bezogen, die - den strengen Anforderungen der Rechtsprechung zu § 2356 BGB entsprechend - ähnlich klare und verlässliche Folgerungen hinsichtlich der Abstammung ermöglichten. Hinzu komme, dass für verschiedene Personen der behaupteten großelterlichen Linie väterlicherseits keine oder jedenfalls keine geeigneten Abstammungsnachweise vorgelegt worden seien.

Gegen diesen - der von ihm bevollmächtigten I Bank AG am 28.5.2014 zugestellten - Beschluss hat der Antragsteller mit Schreiben vom 25.6.2014 - eingegangen per Telefax am selben Tage - beim AG Gütersloh Beschwerde mit dem Ziel der Erteilung des beantragten Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge eingelegt.

Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller im Kern geltend, das Nachlassgericht habe mit seiner den Antrag zurückweisenden Entscheidung die angebotenen Erbbeweise nicht ausreichend gewürdigt, naheliegende Erkenntnisquellen zur Abstammung nicht genutzt und das erforderliche Beweismaß im Erbscheinsverfahren unter Verkennung der gesetzlich gewährten Ermessensspielräume unverhältnismäßig verschärft. Das Nachlassgericht habe die Beteiligten T und G, die den Erblasser von Kindesbeinen an als Sohn ihrer Verwandten D gekannt hätten, vernehmen müssen. Hierzu hat sich der Antragsteller ergänzend auf nachgereichte eidesstattliche Versicherungen der genannten gesetzlichen Miterbinnen vom 21.7.2014 (Bl. 289 f. d.A.) und vom 28.7.2014 (Bl. 295 ff. d.A.) sowie auf weitere von diesen eingereichte Korrespondenz nebst Familienfotos bezogen.

Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde die Auffassung vertieft, die väterliche Abstammung des Erblassers von S sowie dessen Eltern K und B, sei angesichts der im II. Weltkrieg vernichteten und nicht mehr erlangbaren Unterlagen des Standesamtes für Y hinreichend den Aufgebotsunterlagen zur Eheschließung der Eltern und dem gemeinschaftlichen Erbschein des AG Warendorf vom 20.1.1958 (3 VI 18/58) zu entnehmen, der den Erblasser als "Sohn des am 26.12.1941 gefallenen S" bezeichne.

Das AG Gütersloh hat der Beschwerde des Antragstellers durch Beschluss vom 10.9.2014 (Bl. 309 d.A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat des OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben des bevollmächtigten Erbenermittlers vom 30.09,2014 in beglaubigter Kopie Unterlagen aus der Personalakte des Erblassers bei der Bezi...

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