Leitsatz (amtlich)

1. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers können allein insoweit als Einkommen angerechnet werden, als sie entsprechende Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen ersparen.

2. Zur Zurechnung eines fiktiven Einkommens bei vorhandener Berufserfahrung als Kraftfahrer.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603

 

Verfahrensgang

AG Bottrop (Beschluss vom 09.02.2012; Aktenzeichen 21 F 482/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bottrop vom 9.2.2012 abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das minderjährige Kind B, geboren am 4.7.1998, rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. 412 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 373 EUR seit dem 26.11.2010 und weiteren 39 EUR ab dem 1.2.2011 und laufenden Kindesunterhalt i.H.v. jeweils 12 EUR monatlich für die Monate Januar 2011 und Februar 2011, jeweils 156 EUR monatlich für die Monate März 2011 bis einschließlich Januar 2012, jeweils 141 EUR monatlich für die Monate Februar 2012 bis einschließlich Dezember 2012 und ab einschließlich Januar 2013 jeweils 116 EUR monatlich im Voraus zum ersten Werktag eines jeden Monats zu zahlen.

Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das minderjährige Kind D, geboren am 4.2.2000, rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. 140 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2010 und laufenden Kindesunterhalt i.H.v. 10 EUR für Februar 2011, jeweils 127 EUR monatlich für die Monate März 2011 bis einschließlich Januar 2012, jeweils 141 EUR monatlich für die Monate Februar 2012 bis einschließlich Dezember 2012 und ab einschließlich Januar 2013 jeweils 116 EUR monatlich im Voraus zum ersten Werktag eines jeden Monats zu zahlen, wobei die Zahlungen für den Zeitraum von Februar 2011 bis einschließlich September 2011 an das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Kreis X, für die Zeit von November 2011 bis einschließlich Januar 2012 an das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Stadt C, und im Übrigen an die Antragstellerin zu leisten sind.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen. Die weiter gehende Beschwerde und Anschlussbeschwerde werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden der Antragstellerin zu 63 % und dem Antragsgegner zu 37 % auferlegt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin zu 47 % und dem Antragsgegner zu 53 % auferlegt.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.438 EUR festgesetzt; hiervon entfallen 6.330 EUR auf die Beschwerde und 108 EUR auf die Anschlussbeschwerde.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über Kindesunterhalt.

Die Beteiligten sind seit dem 11.10.2010 getrennt lebende Eheleute. Sie sind seit dem 31.1.2012 durch Beschluss des AG Bottrop - 21 F 424/11 - vom 28.12.2011 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind die beiden Kinder B und D hervorgegangen. Die Kinder leben bei der Antragstellerin. Das Kindergeld für die Kinder erhält die Antragstellerin.

Der Antragsgegner hat keinen Schulabschluss. Er absolvierte das Berufsvorbereitungsjahr und das Berufsgrundjahr. Er hat keinen Beruf erlernt. Eine Lehre zum Fahrzeugbaulackierer brach er nach dem ersten Lehrjahr ab. Er war von Herbst 2008 bis zum 26.10.2010 als selbständiger Futterlieferant tätig. Ab dem 1.11.2010 war er aufgrund Arbeitsvertrages vom 15.10.2010 in dem Unternehmen seines Bruders als Fahrer für Kehrmaschinen und Lkw-Fahrten beschäftigt. Vom 16.12.2010 bis zum 2.2.2011 war er arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er erhielt während dieser Zeit Lohnfortzahlungen seines Arbeitgebers. Seit November/Dezember 2011 befindet sich der Antragsgegner in Paraguay.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.10.2010 wies die Antragstellerin den Antragsgegner auf Unterhaltsansprüche der gemeinsamen Kinder hin und forderte den Antragsgegner zur Zahlung des Mindestunterhaltes auf. Der Antragsgegner verweigerte mit anwaltlichem Schreiben vom 16.11.2010 die Zahlung unter Hinweis auf seine Erkrankung und sein geringes tatsächlich erzieltes Einkommen und verlangte die Einräumung von Umgangskontakten.

Die Antragstellerin erhielt für das Kind D Leistungen nach dem UVG vom 11.10.2010 bis 30.9.2011 vom Kreis X i.H.v. 2.112 EUR (1 × 132 EUR im Oktober und 11 × 180 EUR für die Folgemonate) und seitens der Stadt C seit dem 1.11.2011 i.H.v. 180 EUR monatlich.

Die Antragstellerin hat gemeint, der Antragsgegner sei hinreichend leistungsfähig. Der Arbeitsvertrag vom 15.10.2010 sei nach eigenen, ihr gegenüber gemachten Angaben des Antragsgegners so gestaltet worden, dass er keinen Kindesunterhalt zahlen müsse. Der Antragsgegner gehe dort einer verantwortungsvollen Tätigkeit und nicht nur Fahrertätigkeiten nach, so dass das arbeitsvertraglich festgesetzte Bruttogehalt weit untersetzt sei. Beachtlich sei in diesem Zusammenhang, dass der Antragsgegner mit seiner Lebensgefährtin eine...

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