Leitsatz (amtlich)

1) Ein Eintragungsantrag kann nicht deshalb als nicht gestellt angesehen werden, weil er von Anfang gegenstandslos ist. Auch eine Erledigung der Hauptsache ist in einer solchen Konstellation ausgeschlossen. Der Antrag kann nur zurückgenommen und muss anderenfalls zurückgewiesen werden.

2) Eine Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG, durch die von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen wird, scheidet aus, wenn der Antragsteller durch die Kostenerhebung bei versehentlicher Antragstellung nicht unbillig belastet wird.

3) Die Gebühr für die Rücknahme des Antrags auf Löschung mehrerer, in verschiedenen Blättern eingetragener Vormerkungen wird nur einmal erhoben, wenn die Anträge am selben Tag bei Gericht eingegangen sind und die Vormerkung einen einheitlichen Anspruch auf Eigentumsübertragung sichert.

 

Normenkette

FamFG § 81 Abs. 1 S. 1; GBO § 13; GNotKG KV Nrn. 14401, 14152

 

Verfahrensgang

AG Hamm (Beschluss vom 11.11.2016; Aktenzeichen PE-2555-28)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Das Grundbuchamt hat den mit Schriftsatz vom 26.09.2016 gestellten Antrag auf Löschung einer zugunsten der Beteiligten zu 2) eingetragenen Auflassungsvormerkung mit Beschluss vom 11.11.2016 zu Recht zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben mittlerweile erkannt, dass der Vollzug des von ihnen gestellten Antrags daran scheitert, dass die Löschung einer Auflassungsvormerkung mangels entsprechender Eintragung im Grundbuch nicht in Betracht kommt.

Die Versuche der Beteiligten, die Existenz des entsprechenden Antrags nunmehr im Wege der Auslegung in Frage zu stellen, vermögen nicht im Ansatz zu überzeugen.

Ein Grundbuchantrag nach § 13 GBO ist zwar der Auslegung zugänglich. Die gesetzlichen Regelungen über die Auslegung (§ 133 BGB) sind entsprechend anwendbar (Senat Rechtspfleger 1992, 474; Demharter, GBO, 30. Auflage, § 13 Rn. 15). Der Antrag ist dabei vollzugsfreundlich in dem Sinne auszulegen, dass eine zulässige Eintragung begehrt wird (Demharter a.a.O.; BeckOK-GBO-Hügel, § 13 Rn. 116). Das Vorliegen eines Antrags kann aber nur dann verneint werden, wenn sich der Inhalt der beantragten Eintragung auch im Wege der Auslegung nicht ermitteln lässt (BeckOK-GBO-Hügel a.a.O. Rn. 115). Hier ist der Inhalt der beantragten Eintragung (Löschung der Auflassungsvormerkung in den insgesamt 49 Wohnungsgrundbüchern) aber klar und bedarf keiner weiteren Auslegung.

Der Gesichtspunkt, dass der Eintragungsantrag von Beginn an gegenstandslos ist, weil in den Wohnungsgrundbüchern entgegen der irrtümlichen Annahme des Notars bei der Antragstellung Auflassungsvormerkungen nicht eingetragen sind, kann an diesem Auslegungsergebnis nichts ändern. Der Irrtum im Beweggrund kann die inhaltlich unzweideutige Antragstellung als solche nicht ungeschehen machen, zumal die Antragstellung als verfahrensrechtliche Erklärung auch nicht angefochten werden kann.

Die Gegenstandslosigkeit des Antrags ermöglicht es den Beteiligten auch nicht, das Verfahren ohne eine Antragsrücknahme zu beenden. Allerdings ist anerkannt, dass auch im Grundbucheintragungsverfahren eine Erledigung der Hauptsache mit der Folge eintreten kann, dass das Grundbuchamt eine Sachentscheidung nicht mehr zu treffen hat, ohne dass es einer Antragsrücknahme bedarf (Bauer in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 13 Rn. 105). Die Erledigung der Hauptsache ist in erster Linie im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen, kann aber auch im erstinstanzlichen Eintragungsverfahren eintreten. Die Erledigung der Hauptsache führt hier zu einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses und damit zur Unzulässigkeit des Antrags (Bauer a.a.O. Rn. 98). Die Begriffsbildung und die verfahrensrechtliche Behandlung der Erledigung der Hauptsache folgen im Grundbuchverfahren den für das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entwickelten Grundsätzen. Danach tritt eine Erledigung der Hauptsache ein, wenn der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, das eine Änderung der Sach- und Rechtslage herbeigeführt hat, fortgefallen ist, so dass eine Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (BGH FGPrax 2012, 91). Um eine Veränderung der Sach- oder Rechtslage handelt es sich aber gerade nicht, wenn - wie hier - der gestellte Löschungsantrag bereits zum Zeitpunkt seines Eingangs bei dem Grundbuchamt gegenstandslos ist. Der Beteiligte kann in dieser Situation seinen Antrag nur zurücknehmen, wenn er eine Zurückweisung durch das Grundbuchamt vermeiden will.

Der Senat hat ergänzend erwogen, ob eine Anordnung zu treffen ist, dass Gerichtskosten für das Verfahren erster Instanz nicht zu erheben sind. Anlass dafür ist die Darstellung des Notars, der gestellte Antrag auf Löschung der Vormerkungen beruhe auf der Verwendung eines Formulars seiner Notarpraxis, in dem der Antrag auf Löschung der im Rahmen des Vollzugs eines Kaufvertrages eingetragenen Auflassungsvormerkung vorgesehen ist. Die hier bestehende Besonderheit, dass ...

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