Entscheidungsstichwort (Thema)

Wechsellichtzeichen. räumlicher Schutzbereich. Pflichtwidrigkeitszusammenhang

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen der Nichtbefolgung eines roten Wechsellichtzeichens (hier: rotes Lichtzeichen für Linksabbiegerfahrstreifen) und einer nachfolgenden Kollision

 

Verfahrensgang

AG Herford (Aktenzeichen 11 OWi 744/12)

 

Tenor

1. (Entscheidung des Einzelrichters Richter am Oberlandesgericht ###)

Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

2. (Entscheidung des Bußgeldsenats in der Besetzung mit drei Richtern)

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Herford zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässigen Missachtens des Rotlichtes einer Lichtzeichenanlage in Tateinheit mit einem fahrlässigen Verstoß gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht (Ordnungswidrigkeit nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 2 StVO) zu einer Geldbuße von 240 € und verhängte gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat.

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 3. April 2012 mit dem Pkw Audi mit dem amtlichen Kennzeichen #### die Salzufler Straße in Herford in südlicher Fahrtrichtung. Von der Salzufler Straße zweigt nach Osten - also aus Sicht des Betroffenen nach links - die Bauvereinstraße ab. Nur wenige Meter südlich dieser Abzweigung befindet sich auf der Westseite der Salzufler Straße die Zufahrt zum Parkplatz eines Einkaufszentrums. Der Verkehr in diesem gesamten Bereich ist durch Lichtzeichenanlagen geregelt. Für den die Salzufler Straße in Fahrtrichtung Süden befahrenden Verkehr verfügt die Salzufler Straße vor und an der Abzweigung der Bauvereinstraße über zwei Fahrstreifen: einen Fahrstreifen für diejenigen Fahrzeuge, die nach links in die Bauvereinstraße abbiegen wollen, und einen Fahrstreifen für die Fahrzeuge, die die Salzufler Straße weiter geradeaus in südlicher Richtung befahren wollen. Unmittelbar am Beginn der Bauvereinstraße - d.h. unmittelbar hinter der Abzweigung der Bauvereinstraße von der Salzufler Straße - liegt an der Südseite der Bauvereinstraße der Parkplatz der Gaststätte "A-Grill".

Der Betroffene befuhr im Bereich der vorbeschriebenen Abzweigung zunächst den - aus seiner Sicht - rechten Fahrstreifen, der für diejenigen Fahrzeuge vorgesehen ist, die die Salzufler Straße weiter geradeaus in südlicher Fahrtrichtung befahren wollen. Vor ihm befanden sich weder auf dem von ihm benutzten Fahrstreifen noch auf dem für die Linksabbieger in die Bauvereinstraße vorgesehenen Fahrstreifen andere Fahrzeuge. In dem Moment, als der Betroffene die Haltlinie (Zeichen 294) des von ihm benutzten Fahrstreifens überfuhr, zeigte die Lichtzeichenanlage für diesen Fahrstreifen grünes Licht an, während sie für den Linksabbiegerfahrstreifen rotes Licht anzeigte. Als der Betroffene die Haltlinie gerade passiert hatte, signalisierte er unvermittelt mit dem Fahrtrichtungsanzeiger seines Fahrzeuges, dass er nach links abbiegen wollte, und bog sodann auch nach links in die Bauvereinstraße ab. Zu diesem Zeitpunkt fuhr gerade der Geschädigte T mit seinem Pkw Opel Vectra rückwärts vom Parkplatz der Gaststätte "A-Grill" auf die Bauvereinstraße. Es kam zu einer Kollision zwischen den Fahrzeugen des Betroffenen und des Geschädigten. Der Pkw des Geschädigten wurde im Bereich der rechten Heckleuchte beschädigt, das Fahrzeug des Betroffenen erlitt Schäden an der rechten Vordertür.

Seiner Rechtsfolgenentscheidung legte das Amtsgericht die Regelung in Nr. 132.2 des Bußgeldkataloges zur BKatV zugrunde, die für die Nichtbefolgung eines roten Wechsellichtzeichens mit Sachbeschädigung eine Regelgeldbuße von 240 € sowie ein Regelfahrverbot von einem Monat vorsieht.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Einzelrichter des Senats überträgt die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern, weil es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen (§ 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG).

II.

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge (vorläufig) Erfolg.

1. Der Schuldspruch hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass das Fahrverhalten des Betroffenen im Bereich der Abzweigung der Bauvereinstraße von der Salzufler Straße eine Nichtbefolgung des für den Linksabbiegerfahrstreifen von der Lichtzeichenanlage angezeigten roten Lichtes darstellte (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25. Januar 2006 - 1 Ss OWi 223/05 - ≪[...]≫). Ebenfalls zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 49 Abs. 3 Nr. 2, 37 StVO grundsätzlich auch tateinheitlich mit einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 2 StVO begangen werden kann, weil der Regelungsgehalt des § 1 Abs. 2 StV...

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