Leitsatz (amtlich)

Wird ein Wohnungsrecht an einer Eigentumswohnung bestellt, kann eine Verpflichtung des Eigentümers zur Wiederherstellung des Gebäudes nicht zum Inhalt des Wohnungsrechts bestimmt werden.

 

Normenkette

BGB § 1093; WEG § 22 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Marl (Beschluss vom 16.02.2012; Aktenzeichen STH-6111-14)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die nach den §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Grundbuchamt hat den Antrag vom 24.11.2011 auf Eintragung eines Wohnungsrechts zugunsten der Beteiligten zu 1) an dem Wohnungseigentum des Beteiligten zu 2) im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Dies folgt jedenfalls daraus, dass die in § 2 der notariellen Urkunde vom 8.9.2008 (UR-Nr. 19/2008 des Notars S in N) vorgesehene Wiederherstellungspflicht des Eigentümers im Falle einer Zerstörung des Objekts ("Der jeweilige Grundstückseigentümer ist verpflichtet, den Vertragsgegenstand ... im Falle von Zerstörung wiederherzustellen") im vorliegenden Fall nicht dinglicher Inhalt des Wohnungsrechts (§ 1093 BGB) sein kann.

Aus der Formulierung am Ende des § 2 ("Für das vorstehend eingeräumte Wohnungsrecht samt Nebenleistungen bestellt der Grundstückseigentümer eine beschränkte persönliche Diestbarkeit ...") ergibt sich aus der im Grundbuchverfahren maßgeblichen Sicht des unbefangenen Betrachters hinreichend klar, dass alle vorher in § 2 aufgeführten Regelungen zum dinglichen Inhalt des Wohnungsrechts gemacht werden sollen. So war die Bestimmung ausweislich der Beschwerdebegründung auch gemeint, denn mit der Beschwerde wird geltend gemacht, dass die von dem Grundbuchamt beanstandeten Regelungen sehr wohl Inhalt des dinglichen Rechts sein könnten.

Ob im Grundsatz eine Nebenverpflichtung des Eigentümers zur Wiederherstellung des Gebäudes zum Inhalt eines Wohnungsrechts gemacht werden kann (bejahend: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 1272; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl., § 1093 Rz. 11), braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. In der vorliegenden Fallkonstellation ist die getroffene Bestimmung jedenfalls zu weitgehend. Hier besteht die Besonderheit, dass das Wohnungsrecht an einer Wohnungseigentumseinheit begründet werden soll. Dies ist zwar zulässig (vgl. BGH NJW 1989, 2391 [2392]), jedoch darf der Inhalt des Wohnungsrechts durch besondere Vereinbarungen zwischen dem Wohnungseigentümer (Besteller) und dem Berechtigten nicht derart ausgestaltet werden, dass hierdurch die Rechte der anderen Miteigentümer betroffen werden (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O., Rz. 2952; Staudinger/Mayer, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1093 Rz. 17 i.V.m. § 1018 Rz. 58, 59). Im Falle einer vollständigen oder teilweisen Zerstörung des Gebäudes steht dessen Wiederaufbau nicht im Belieben eines einzelnen Wohnungseigentümers (vgl. § 22 Abs. 4 WEG und § 6 der Anlage zur Teilungserklärung - Gemeinschaftsordnung - vom 5.2.1980). Ein eigenmächtiger Wiederaufbau des Gebäudes durch den Beteiligten zu 2) würde dementsprechend in die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer eingreifen.

Auf die weiteren Beanstandungen des Grundbuchamts, die zur Zurückweisung des Eintragungsantrags geführt haben, kommt es daher nicht mehr entscheidend an. Insoweit weist der Senat jedoch für das weitere Verfahren ohne Bindungswirkung auf Folgendes hin:

Entgegen der Ansicht des Grundbuchamts ist der Löschungserleichterungsvermerk nach § 23 Abs. 2 GBO im vorliegenden Fall eintragungsfähig. Rückstände von Leistungen sind hier schon deshalb möglich, weil nach der in § 2 der Urkunde vom 8.9.2008 getroffenen - vom Grundbuchamt ausdrücklich akzeptierten - Vereinbarung ("Der jeweilige Grundstückseigentümer ist verpflichtet, den Vertragsgegenstand in bewohnbarem Zustand zu erhalten") eine Unterhaltungspflicht des betroffenen Wohnungseigentümers als Nebenleistungspflicht zum dinglichen Inhalt des Wohnungsrechts gehört (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 14.12.1995 - 15 W 424/95, zitiert nach juris Rz. 18 ff.; OLG Celle, Beschl. v. 30.8.2012 - 4 W 156/12, zitiert nach juris Rz. 6 f.; Staudinger/Mayer, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1093 Rz. 51; Joost in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1093 Rz. 27; BeckOK/BGB/Wegmann, § 1093 Rz. 28; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., §§ 23, 24, Rz. 39; Kohler in Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., §§ 23, 24, Rz. 38).

Die in § 2 der Urkunde vom 8.9.2008 getroffene Regelung zur Kostenverteilung ("Die Kosten für Schönheitsreparaturen, Strom, Wasser und Heizung sowie Müllabfuhr, Kanalbenutzungs- und Kaminkehrgebühren trägt die Erschienene zu 1.). Die weiteren Hausunkosten trägt der Erschienene zu 2.).") kann nach Auffassung des Senats zum dinglichen Inhalt des Wohnungsrechts gemacht werden. Bedenken hiergegen könnten sich allerdings daraus ergeben, dass diese Bestimmung in weiten Teilen nur klarstellenden Charakter hat. Sie ist aber geeignet, Abgrenzungsschwierigkeiten zu verringern. Außerdem beinhaltet die Regelung eine Übernahme aller nicht ausdrücklich aufgeführt...

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