Leitsatz (amtlich)

1. Allein der Umstand, dass der Verteidiger mit der Begründung der Rechtsbeschwerde seine Ausführungen nur gegen die verhängten Rechtsfolgen richtet, rechtfertigt in der Regel noch nicht, von einer nachträglichen Konkretisierung der Rechtsbeschwerde im Sinne einer Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch auszugehen.

2. Im Falle der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren sind in den Urteilsgründen in der Regel nicht nur die Länge der Messstrecke, der - ungefähre - Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug und die Höhe des Sicherheitsabschlages festzustellen, sondern auch die Orientierungspunkte, die die Schätzung des Abstandes zu dem vorausfahrenden Fahrzeug des Betroffenen ermöglicht haben.

 

Verfahrensgang

AG Essen

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Essen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der nach Zeichen 274 zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 300, - DM sowie ein Fahrverbot von einem Monat Dauer verhängt.

Nach den zugrunde liegenden Feststellungen befuhr der Betroffene am 07. 02. 2001 gegen 23. 15 Uhr mit seinem PKW die Autobahn A 52 in Fahrtrichtung Düsseldorf. Zwischen dem Kilometer 77, 5 und 75, 5 ist dort die Geschwindigkeit durch Verkehrszeichen 274 auf 80 km/h beschränkt, und zwar für die Zeit zwischen 22. 00 Uhr und 06. 00 Uhr aufgrund Lärmschutzes. Trotzdem habe der Betroffene diese Distanz über 2 km mit einer Geschwindigkeit von 127 km/h gefahren. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde im Wege des Nachfahrens mit einem Polizeifahrzeug gemessen. Das Amtsgericht hat einen Toleranzwert von 15 % der abgelesenen Geschwindigkeit, die 150 km/h betrug, in Ansatz gebracht. Der Abstand zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und dem hinter ihm fahrenden Polizeifahrzeug betrug nach den Angaben der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten 100 m und sei über die Messstrecke gleich bzw. annähernd gleich geblieben. Zur Zeit des Vorfalls war es dunkel, es regnete und das Fahrzeug des Betroffenen verursachte Wasserverwirbelungen. Der Straßenverlauf beschrieb auf dem betroffenen Stück der Autobahn zunächst eine leichte Rechtskurve und danach eine lange Linkskurve. Das Fahrzeug des Betroffenen war nach den zeugenschaftlichen Angaben beider Polizeibeamten immer klar erkennbar gewesen, da dessen Fahrzeug beleuchtet gewesen sei.

Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Betroffene mit am 21. 07. 2001 bei dem Amtsgericht in Essen eingegangenem Schreiben seines Verteidigers Rechtsbeschwerde eingelegt, ohne das Rechtsmittel näher zu begründen. Mit weiterem Schreiben vom 06. 09. 2001, am selben Tage beim Amtsgericht eingegangen, hat der Verteidiger die Rechtsbeschwerde mit Ausführungen, die sich gegen die Verhängung des Fahrverbots und gegen die Bemessung der Geldbuße richten, näher begründet und abschließend beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht Essen zurückzuverweisen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig und hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg.

1. Zunächst ist die Rechtsbeschwerde - entgegen offenbar der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft - hier unbeschränkt eingelegt worden. Allein der Umstand, dass der Verteidiger mit der Begründung der Rechtsbeschwerde allein Ausführungen gemacht hat, die sich gegen die verhängten Rechtsfolgen richtet, rechtfertigt hier noch nicht, von einer nachträglichen Konkretisierung der Rechtsbeschwerde im Sinne einer Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch auszugehen. Zwar ist eine solche nachträgliche Konkretisierung ohne weiteres möglich, wenn das Rechtsmittel zuvor ohne weitere Ausführungen zum Ziel der Rechtsbeschwerde eingelegt worden war (vgl. BGHSt 38, 4), auch bedarf die nachträgliche Konkretisierung des Anfechtungsumfangs nicht in jedem Fall einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung des Rechtsmittelführers (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 13). Sie liegt aber insbesondere dann nahe, wenn der Rechtsmittelführer zuvor bereits geständig gewesen war und auf dieser Grundlage mit der Begründung seines Rechtsmittels nur noch Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch macht (so der Fall BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 13). Im vorliegenden Fall hatte der Betroffene jedoch die ihm zur Last gelegte Tat zumindest teilweise bestritten, indem er angab, er sei jedenfalls nicht schneller als 120 km/h gefahren, und zwar aufgrund der zur Tatzeit herrschenden Witterung (starker Regen). Darüber hinaus hat der Verteidiger mit der Begründung der Rechtsbeschwerde einen umfassenden Aufhebungsantrag und nicht etwa nur einen Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch gestellt. Bei dieser Sachlage reichen hier die dem Senat zur Verfügung stehenden Anhalts...

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