Leitsatz (amtlich)

›Bei einer i.S. von § 2 Abs. 2 lit. a AUB 61 relevanten Kraftanstrengung muss es sich um eine erhöhte, nicht lediglich um eine normale Kraftanstrengung handeln. Eine erhöhte Kraftanstrengung fehlt, wenn es beim Reinigen einer Windschutzscheibe zu einer Rotatorenmanschettenruptur kommt.‹

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 2 O 198/01)

 

Gründe

I.

Die Kläger nimmt den Beklagten wegen eines Vorfalls vom 02.01.1999 auf Leistungen aus einer seit 1984 bestehenden Unfallversicherung in Anspruch; es gelten die AUB 61.

Vereinbart war eine Invaliditätssumme von 60.000 DM.

Der Kläger war damit beschäftigt, die Windschutzscheibe seines Pkw innen zu reinigen. Er saß dabei auf dem Fahrersitz und putzte mit der linken Hand - der rechte Unterarm des Klägers ist seit 1955 amputiert - die Scheibe. Um auch die rechte Seite der Windschutzscheibe zu erreichen, stützte sich der Kläger mit dem rechten Armstumpf auf dem Beifahrersitz ab. In dieser Stellung verspürte er beim Putzen einen plötzlichen schmerzhaften "Knacks" in der linken Schulter.

In der Folgezeit wurde der Kläger wegen stets anhaltender starker Schmerzen in der linken Schulter erfolglos behandelt. Am 24.06.1999 ergab eine Kernspintomographie die Diagnose einer Rotatorenmanschettenruptur.

In einer Operation am 14.07.1999 wurde eine Rotatorenmanschettenrekonstruktion vorgenommen. Am 10.09.1999 wurde eine zweite Operation erforderlich, da sich in der Schulter ein Abszess gebildet hatte. Es kam zu einer erneuten Unterbrechung der Supraspinatussehne. Der Kläger leidet an persistierenden Schmerzen in der Schulter.

Der Kläger erstattete am 02.08.1999 eine Unfallschadenanzeige.

Der Beklagte holte ärztliche Stellungnahmen der Unfallchirurgen ... und ..., ein und rechnete mit Schreiben vom 15.12.1999 das Krankentagegeld auf der Basis einer Vorschädigung von 80 % ab.

Sodann veranlasste er eine ärztliche Untersuchung in der ... . Der untersuchende Oberarzt ... kam zu dem Ergebnis einer dauerhaften Beeinträchtigung des linken Armes von 25 %.

Auf der Grundlage dieses Gutachtens (1/4 Armwert) und unter Berücksichtigung einer Vorschädigung von 80 % rechnete der Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2001 (Bl. 37 f. GA) die Invaliditätsentschädigung ab und erstattete 2.100 DM.

Der Kläger ist von einer dauerhaften Beeinträchtigung des linken Arms von 50 % ausgegangen. Er hat unter Berufung auf einen Bericht der Klinik vom 23.06.1998 jede Vorschädigung bestritten und über die bereits gezahlten Beträge hinaus weitere 22.200 DM verlangt.

Das Landgericht hat ein Gutachten des Sachverständigen ... vom 11.09.2001 eingeholt; der Sachverständige verneint einen kausalen Zusammenhang zwischen dem vom Kläger geschilderten Scheibenputzen am 02.01.1999 und der Ruptur der Supraspinatussehne.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da kein Unfall im Sinne der Bedingungen festzustellen sei. Auf den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen Zahlungsanspruch wie in erster Instanz weiter verfolgt.

Er macht geltend, der Beklagte habe in seinen Abrechnungsschreiben, insbesondere in dem vom 15.12.1999, anerkannt, dass es sich bei dem Vorfall vom 02.01.1999 um ein versichertes Ereignis gehandelt habe. Daran sei er festzuhalten.

Der Kläger rügt, das Landgericht habe § 2 Abs. 2 a AUB 61 rechtsirrig angewendet und den Begriff der Kraftanwendung verkannt. Infolge unrichtiger Rechtsanwendung sei es zu einem unrichtigen Ergebnis gelangt. Es sei zwingend, dass der Kläger beim Putzen der rechten Seite der Windschutzscheibe Kraft habe aufwenden müssen.

II.

Die Berufung verspricht keine Aussicht auf Erfolg.

Auch der Senat verneint, dass der vom Kläger geschilderte Vorgang vom 02.01.1999 ein nach den AUB 61 versichertes Risiko darstellt.

1. Nicht davon auszugehen ist, dass der Beklagte verbindlich anerkannt hat, dass es sich bei dem vom Kläger geschilderten Ereignis um einen Unfall gehandelt hat.

Die eine Entschädigung bejahende Erklärung eines Versicherers nach § 11 AUB stellt in aller Regel kein Anerkenntnis dar; vielmehr kann der Versicherer selbst erbrachte Leistungen zurückfordern, sofern er später Ablehnungsgründe erkennt (Knappmann, AUB 61, § 11 AUB 88, § 11 Rdn. 4 m.w.N.; Prölss/Kollhosser, VVG, § 55 Rdn. 4; Grimm, AUB, § 11 Rdn. 2).

Im Übrigen trifft es nicht zu, dass das Abrechnungsschreiben vom 15.12.1999 mit keinem Wort in Zweifel zieht, dass es sich bei dem Ereignis vom 02.01.1999 um einen Unfall im Sinne der Bedingungen gehandelt hat.

Das Schreiben bezieht sich in seinem letzten Absatz auf die ärztlichen Berichte ... und ..., die beide die Ansicht vertreten hatten, es handele sich bei dem geschilderten Vorfall nicht um einen Unfall. Sodann heißt es in dem Schreiben vom 15.12.1999, der Beklagte habe abweichend von den ärztlichen Berichten nein Unfallgeschehen unterstellt. Daraus folgt klar, dass es sich um eine Kulanzregulierung handelte, nicht jedoch ein den Beklagten bindendes Anerkenntnis eines Unfalls ausgesprochen...

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