Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Fahrzeug in einem vorgeschädigten Bereich erneut (= deckungsgleich) beschädigt und ist die Unfallursächlichkeit der geltend gemachten Schäden deshalb streitig, muss der Geschädigte darlegen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 287 ZPO nachweisen, dass der geltend gemachte Schaden nach Art und Umfang insgesamt oder ein abgrenzbarer Teil hiervon auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen ist (im Anschluss an OLG Hamm Beschl. v. 28.3.2018 - 9 U 180/17, NJW-RR 2018, 1296 = juris Rn. 12).

2. Wenn feststeht, dass die Schäden "weitgehend" durch den streitgegenständlichen Unfall entstanden sind und mit diesem Schadenshergang zusammenpassen, ist eine Schätzung nach § 287 ZPO etwa in der Weise möglich, dass eindeutige Vorschäden ausgeschieden werden und bei den verbleibenden Schäden wegen der Unsicherheit, ob weitergehende Vorschäden durch das streitgegenständliche Schadensereignis überdeckt worden sind, ein angemessener Abschlag vorgenommen wird (in Fortführung zu BGH Urt. v. 27.3.1990 - VI ZR 115/89, DAR 1990, 224 = juris Rn. 4).

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 5 O 53/20)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten gegen das am 02.11.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Essen nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es ist ferner beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.058,39 EUR festzusetzen und den Tenor des erstinstanzlichen Urteils in Ziffer 3 dahingehend gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen, dass "an den Kläger" zu zahlen ist.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung der Beklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere für sie günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der auf Aufhebung und Zurückverweisung gerichtete Berufungshauptantrag verspricht keine Aussicht auf Erfolg, da es an einem kausalen Verfahrensfehler iSd § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO fehlt. Auf den Hilfsantrag kommt eine Abänderung des Urteils nicht in Betracht. Im Einzelnen:

Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.878,39 EUR, Freistellung von den noch offenen Gutachtergebühren in Höhe von 1.180,00 EUR und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 258,17 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 VVG, 1 PflVG zu.

1. Sofern die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung rügen, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft von der Aktivlegitimation des Klägers ausgegangen sei, verfängt dies nach Auffassung des Senats nicht. Für den Umstand, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Eigentümer des von ihm geführten unfallbeteiligten Fahrzeugs gewesen ist, spricht die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB, die die Beklagten nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht erschüttert haben. Es wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei.

Da der Kläger den Pkw zum Unfallzeitpunkt geführt hat, ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von seinem Eigenbesitz auszugehen. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme hat nicht zur Erschütterung der Vermutung, sondern im Gegenteil zu ihrer Bestätigung geführt. Sowohl der Kläger als auch die Zeugen Herr A und Frau B haben angegeben, dass der Kläger das Fahrzeug von Herrn A käuflich erworben habe. Auf Grundlage dieser Angaben bzw. Aussagen ist davon auszugehen, dass Herr A als Verkäufer dem Kläger als seinem Vertragspartner das gekaufte Fahrzeug in Erfüllung seiner kaufvertraglichen Verpflichtung übereignet hat.

2. Die zur Behebung des durch den Unfall vom 28.02.2020 verursachten Schadens erforderlichen Reparaturkosten belaufen sich gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auf die vom Landgericht zugesprochenen 4.853,39 EUR netto. Ein wesentlicher erstinstanzlicher Verfahrensfehler lässt sich insoweit nicht feststellen, so dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat. Im Einzelnen:

a. Nach § 249 BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Für die Berechnung von Kraftfahrzeugschäden stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs. Verursacht allerdings bei mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den ge...

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