Leitsatz (amtlich)

Zwar verlangt der für Verkehrszeichen geltende Sichtbarkeitsgrundsatz die Wiederholung aller Streckenvorschriftszeichen hinter jeder Kreuzung oder Einmündung auf der Straßenseite, für die das Gebot oder Verbot besteht; dies gilt jedoch nur für den Einbiegevorgang.

 

Verfahrensgang

AG Schwelm

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Jedoch wird der Tenor des angefochtenen Urteils wie folgt neu gefasst:

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 600, - DM verurteilt.

Dem Betroffenen wird für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. "

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Schwelm hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil im Ergebnis wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 600, 00 DM verurteilt sowie ein Fahrverbot von einem Monat unter Beachtung der Vorschrift des § 25 Abs. 2 a StVG verhängt.

Es hat - zusammengefasst - festgestellt, der Betroffene habe seinen Pkw am 20. Oktober 1999 um 20. 08 Uhr in Schwelm außerhalb geschlossener Ortschaft auf der Wittener Straße mit einer um 77 km/h erhöhten Geschwindigkeit gesteuert. Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner rechtzeitig eingelegten Rechtsbeschwerde, die er form- und fristgerecht begründet hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II.

Das zulässige Rechtmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die formelle Rüge, mit der die fehlerhafte Behandlung eines Beweisantrages beanstandet wird, ist nicht in der nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gebotenen Form erhoben worden und deshalb unzulässig.

2. Die Überprüfung des Schuldspruchs des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat bis auf die Klarstellung der Schuldform im Tenor der Entscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2 Nr. 7 (Zeichen 274), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24 StVO. Die Geschwindigkeitsermittlung auf der Grundlage des vorliegend verwendeten Radarmessgerätes , , Multanova 6 F" ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung als sog. standardisiertes Messverfahren in Sinne der Rechsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHSt 39, 291 = DAR 1993, 474; NJW 1998, 321 = DAR 1998, 110) anerkannt, so dass grundsätzlich nähere Ausführungen zur Funktionsweise des Geräts und möglichen, nicht konkret belegten Fehlerquellen entbehrlich sind (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss in VRS 95, 141 m. w. Nachw. ). Demgemäss sind die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zur objektiven Tatseite ausreichend.

Zwar enthält das angefochtene Urteil keine ausdrücklichen Ausführungen zur inneren Tatseite, insbesondere teilt es nicht ausdrücklich mit, ob und wie der Betroffene sich zu den Umständen der Geschwindigkeitsüberschreitung eingelassen hat. Es wird lediglich festgestellt, der Betroffene habe zumindest fahrlässig gehandelt.

Dem Gesamtzusammenhang des Urteils kann jedoch entnommen werden, dass der Betroffene Angaben zur Sache gemacht hat und sich dahingehend geäußert hat, dass er das Zeichen 274 zwar wahrgenommen, er aber angenommen habe, das Streckenverbot sei nach der Kreuzung aufgehoben gewesen. Insoweit unterlag er jedoch einem vermeidbaren Verbotsirrtum. Entgegen der Auffassung des Betroffenen ist die Tatrichterin zu Recht davon ausgegangen, dass für den Betroffenen an der Messstelle die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 50 km/h beschränkt war. Er ist nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen nämlich nicht erst aus einer Seitenstraße kommend auf die Wittener Straße eingebogen, sondern befuhr diese bereits vor dem die Geschwindigkeit beschränkenden Zeichen 274. An diese Feststellungen ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden. Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zutreffend ausgeführt hat, gilt eine Streckenvorschrift nicht nur jeweils bis zur nächsten Straßeneinmündung -oder Straßenkreuzung. Es ist einhellige Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass eine durch Zeichen 274 angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung als sog. Streckenverbot erst an einen gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO aufgestellten Zeichen 278 endet (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. , § 3 StVO Rdnr. 46 m. w. Nachw. ; Beschluss des Senats vom 8. Juli 1996, abgedr. in NZV 1996, 247). Zwar verlangt der Sichtbarkeitsgrundsatz die Wiederholung aller Streckenvorschriftszeichen hinter jeder Kreuzung oder Einmündung auf der Straßenseite, für die das Gebot oder Verbot besteht; dies...

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