Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidungstitel: Rapidshare II

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Host-Provider kann sich zu den auf seinen Servern gespeicherten Inhalten jedenfalls dann nicht mit Nichtwissen erklären, wenn ihm genaue URLs zu den Speicherplätzen als rechtverletzend bezeichneter Inhalte mitgeteilt wurden, er eine Überprüfung der dort abgespeicherten Inhalte jedoch unterlassen hat.

2. Die Haftung des Host-Providers für Verletzungen des Urheberrechts über die von ihm betriebene Plattform beurteilt sich weiterhin nach den Grundsätzen der Störerhaftung.

3. Hat eine Person die ernsthafte Gefahr einer Verletzung von Urheberrechten durch Dritte in zurechenbarer Weise (mit)verursacht, folgt daraus ihre Verpflichtung, alle zumutbaren Sicherungsmaßnahmen zu treffen, durch die die Gefährdung der Rechte des Urhebers ausgeschlossen oder doch soweit wie möglich gemindert werden kann. Art und Umfang der Maßnahmen bestimmen sich nach Treu und Glauben.

4. Ein Geschäftsmodell, das auf Grund seiner Struktur durch die Möglichkeit des anonymen Hochladens in Pakete zerlegter, gepackter und mit Kennwort gegen den Zugriff geschützter Dateien der massenhaften Begehung von Urheberrechtsverletzungen wissentlich Vorschub leistet, kann von der Rechtsordnung nicht gebilligt werden. Die vom BGH zum Schutze des Dienstbetreibers vorgesehenen Begrenzungen von Prüfungspflichten greifen insbesondere nicht ein, wenn der Betreiber ihm zumutbare und naheliegende Möglichkeiten, die Identität des Nutzers zum Nachweis einer etwaigen Wiederholungshandlung festzustellen, willentlich und systematisch ungenutzt lässt (Bestätigung von HansOLG NJOZ 2008, 4927 [Volltext] = GURUR-RR2009, 95 [Leitsätze] -Rapidshare).

5. Lässt der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes in Kenntnis begangener Urheberrechtsverletzungen weiterhin einschränkungslos eine anomyme Nutzung seines Dienstes zu, kann er sich zur Vermeidung seiner Verantwortlichkeit als Störer unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr auf eine ansonsten gegebenenfalls bestehende Unzumutbarkeit umfangreicher Prüfungspflichten berufen (Bestätigung von HansOLG NJOZ 2008, 4927 [Volltext] = GURUR-RR2009, 95 [Leitsätze] - Rapidshare).

6. Jedenfalls hinsichtlich des identifizierbaren Nutzerkreises, der bereits Rechtsverletzungen zu Lasten des Rechtsinhabers begangen hat, ist dem Betreiber eines Share-Hosting-Dienstes eine konkrete inhaltliche Überprüfung des Inhaltes von Dateien bereits vor dem oder jedenfalls während des Hochladens abzuverlangen.

 

Normenkette

UrhG §§ 19a, 97; TMG § 7-10; BGB §§ 823, 1004

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 09.05.2008; Aktenzeichen 308 O 708/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Hamburg vom 9.5.2008 - 308 O 708/07, abgeändert:

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,

die aus der Anlage zum Urteil ersichtlichen Fotografien selbst oder durch Dritte im Internet über den Dienst "www.rapidshare.com" öffentlich zugänglich zu machen, insbesondere wenn dies geschieht durch Dateien mit den Namen:

HA-Dasha-Harmony.part1.rar

HA-Dasha-Harmony.part2.rar

_Hegre_-_2005_05_18_-_Yanka_Silky_Nudes_x60_4x00x6000. rar

Luba_Beach.rar

HA_Veronika_in_tan_top_2.11.2004_44x3000

Luba_Dancing.rar

Putu_first_nudes.zip

III. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

IV. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

V. Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 1/7 und die Beklagte 6/7 zu tragen.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 25.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

VII. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus Urheberrecht auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung verschiedener Lichtbilder sowie auf Schadensersatz (Zahlung einer fiktiven Lizenz) und Erstattung von Anwaltskosten in Anspruch.

Die Beklagte betreibt auf der Webseite "www.rapidshare.com" einen Webhosting-Dienst. Hierbei wird Nutzern Serverplatz zur Hinterlegung von Dateien zur Verfügung gestellt, die diese hochladen können. Diese Daten können anschließend von anderen Internet-Nutzern zur Nutzung herunter geladen werden, vor allem wenn diese über einen Link zum jeweiligen Speicherplatz verfügen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Dienst der Beklagten "fast ausschließlich" zur Verbreitung illegaler Inhalte genutzt oder ob die Anzahl der Raubkopien ...

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