VG untersagt Datenspeicherung auf Cloud-Servern von US-Konzernen

Einer Hochschule wurde der Einsatz einer Cookie-Management-Plattform im Eilverfahren verboten, weil die IP-Adressen der Nutzer auch auf Cloud-Servern von US-Konzernen gespeichert werden. Sie fallen damit unter den Cloud-Act und US-Behörden haben auf sie Zugriff. Die Entscheidung des VG Wiesbaden sorgt für Verunsicherung. Sollte der Beschluss stand halten, hätte dies Auswirkungen auf viele Websites.

Eine in einem Eilverfahren getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden zur Verwendung einer Cookie-Management-Plattform sorgt momentan für einiges Aufsehen.  Es ist die erste Entscheidung in Deutschland, die einen Datentransfer untersagt weil personenbezogene Daten über einen Cloud-Anbieter mit Sitz in dem USA fließen.

Mit "C[xxx]bot" kann der User seine Cookie-Einwilligungen festlegen

Das Verwaltungsgericht untersagte einer staatlichen Hochschule die Verwendung des Dienstes "C[xxx]bot". Hierbei handelt es sich um eine Lösung, über die die Besucher einer Website festlegen können, ob und in welchem Umfang sie die Speicherung von Cookies auf ihrem Rechner zulassen oder blockieren wollen.

Problem: "C[xxx]bot" überträgt Daten in die USA

Solche Lösungen für das Cookie-Management sind notwendig, um die nach der DSGVO notwendige Einwilligung oder gegebenenfalls auch die Ablehnung der Website-Besucher für die Cookies zu erfassen. Problematisch am Einsatz speziell dieser Lösung ist jedoch, dass dieser Dienst die erfassten Daten, insbesondere die ungekürzte IP-Adresse, an Server übermittelt, die von Unternehmen aus den USA betrieben werden, und die dabei nicht durchgehend verschlüsselt sind. Im Falle von "C[xxx]bot" sind dies Cloud-Server des amerikanischen Anbieters Akamai Technologies.

Bibliotheksnutzer mahnt die Hochschule an

Ein Nutzer der Hochschulbibliothek der staatlichen Hochschule RheinMain hatte die Einrichtung abgemahnt, weil durch die von "C[xxx]bot" durchgeführte Übermittlung seiner IP-Adresse auf die Cloud-Server des US-Unternehmens aufgrund des Cloud-Acts, wonach U-Unternehmen sämtliche Daten nach entsprechender Aufforderung an US-Strafverfolger oder Geheimdienste etc. weitergeben müssen, auch US-Behörden auf diese Informationen zugreifen könnten und dies somit einen Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO darstelle.

In ihrer Entscheidung orientieren sich die Wiesbadener Richter am EuGH-Urteil im Fall Schrems II, durch die das Privacy-Shield-Abkommen zwischen der EU und den USA gekippt worden war, und untersagten der Hochschule die weitere Verwendung dieser Cookie-Management-Lösung.

Sitz des Cloud-Anbieters entscheidet über Zulässigkeit

Die Entscheidung des VG Wiesbaden ist die erste ihrer Art, bei der ein Datentransfer untersagt wurde, weil die personenbezogenen Daten über einen Cloud-Anbieter fließen, dessen Betreiber seinen Firmensitz in den USA hat und der damit dem Cloud-Act unterliegt. Ein solcher Datentransfer könne bestenfalls dann rechtmäßig vorgenommen werden, wenn zwischen dem Website-Betreiber (Hochschule RheinMain) und dem Dienstanbieter (Cybot) Standardvertragsklauseln verwendet würden, durch die zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen vereinbart werden, die den notwendigen Schutz der Daten sicherstellen könnten. Dies ist nach Auffassung des Gerichts hier jedoch nicht der Fall. Eine Vereinbarung zwischen "C[xxx]bot" und dem Cloud-Dienstleister Akamai sah das Gericht nicht als ausreichend an.

Weitreichende Konsequenzen denkbar

Diese Entscheidung könnte drastische Auswirkungen für eine kaum überschaubare Zahl von Websites haben, sofern sie nicht in möglichen Berufungsverfahren revidiert wird oder andere Gerichte abweichende Entscheidungen fällen.

  • Denn erstmals wird in dieser Entscheidung die gängige Praxis, dass personenbezogene Daten auch auf Cloud-Servern von US-Unternehmen gespeichert werden, gerichtlich beanstandet.
  • Dies betrifft längst nicht nur den beanstandeten Cookie-Manager "C[xxx]bot",
  • sondern zahlreiche weitere Dienste und Tools von den US-Internetkonzernen wie Google, Microsoft, Facebook etc. 

Werkzeuge wie Google-Analytics, die Einbindung von Skripten, Captchas, externen Schriftarten, YouTube-Videos und zahllosen weiteren Tools, bei denen die Anbieter in Drittländern ansässig sind und bei denen personenbezogene Daten wie die IP-Adressen unverschlüsselt über Server von US-Unternehmen fließen, stellten somit einen Verstoß gegen die Datenschutzvorgaben dar.

Derr Beschluss des VG Wiesbaden erfolgte in einem Eilverfahren. Es ist daher noch abzuwarten, ob dieser im Laufe des weiteren Verfahrens diese Entscheidung überhaupt weiter aufrecht erhalten bleiben wird. Ebenso ist es denkbar, dass höhere Instanzen, sofern sie angerufen werden, die Entscheidung bestätigen oder aufheben werden.

Was als sichere Alternativen empfohlen wird

Dennoch dürfte die Entscheidung zunächst einmal für einige Unruhe und zusätzliche Rechtsunsicherheit unter Website-Betreibern sorgen. Als sichere Alternativen empfehlen Juristen die Nutzung von Diensten, die eine durchgehende Verschlüsselung anbieten oder Treuhandlösungen, bei denen US-Konzerne mit europäischen Anbietern zusammenarbeiten wollen, um die Daten europäischer Nutzer vor dem Zugriff durch US-Behörden zu schützen.

(Verwaltungsgericht Wiesbaden, Beschluss v. 1.12.2021, 6 L 738/21.WI)

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