Leitsatz (amtlich)

1. Auf den Internet-Versandhandel von DocMorris ist nach dem Marktortprinzip deutsches Wettbewerbsrecht als Recht des Ortes anzuwenden, auf den die geschäftliche Tätigkeit dieser Internet-Apotheke ausgerichtet ist. Die Ausrichtung auf den deutschen Markt ergibt sich daraus, dass das Angebot in deutscher Sprache und an deutsche Kunden erfolgt sowie daraus, dass Medikamente vertrieben werden, die in Deutschland zugelassen sind, und dass die Abrechnung mit deutschen Krankenkassen erfolgt.

2. Die Arzneimittelpreisverordnung stellt zwingendes öffentliches Recht i.S.v. Art. 34 EGBGB dar. Der niederländische Anbieter DocMorris ist daher verpflichtet, die deutschen Arzneimittelpreisvorschriften bei einem Vertrieb nach Deutschland einzuhalten.

3. Das "Bonus-Modell" des Anbieters DocMorris stellt einen Verstoß gegen § 78 AMG, §§ 1, 3 AMPreisV sowie gegen § 7 HWG dar. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung sind die §§ 1,3 AMPreisV und § 7 HWG in der Regel nebeneinander anwendbar.

 

Normenkette

EGBGB Art. 34; UWG § § 8 Abs. 1, § 4 Nr. 11; AMG § 78 Abs. 2 S. 2; AMPreisV §§ 1, 3; HWG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 17.08.2006; Aktenzeichen 407 O 82/09)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 31.03.2016; Aktenzeichen 2 BvR 929/14)

BGH (Urteil vom 26.02.2014; Aktenzeichen I ZR 79/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 17.8.2006 - 407 O 82/09, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung wegen des Unterlassungstenors gegen Sicherheitsleistung i.H.v. EUR 50.000 abwenden, wenn nicht der Kläger vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet. Wegen der Kosten des Rechtsstreits kann die Beklagte die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger ist der Landesapothekerverband ... e.V. Gemäß seiner Satzung verfolgt der Kläger u.a. den Zweck, die fachlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern. Hierzu gehört gem. § 1 Nr. 2 f. der Satzung die Förderung des lauteren Wettbewerbs und die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sowie anderer Missstände und schädigender Auswüchse im geschäftlichen Verkehr (Anlage K 1).

Die Beklagte ist ein großes deutsches Versandhandelsunternehmen. Sie hat Ende April 2006 unter der Überschrift "... empfiehlt DocMorris" auf der Internetseite "www ... de/docmorris" eine Werbung für die niederländische Versandapotheke 0800DocMorris N. V (nachfolgend: DocMorris/Anlage K 2) veröffentlicht. Die Klägerin hat darüber hinaus ihrem Katalog vom April 2006 eine entsprechende Werbebroschüre als Einleger beigefügt (Anlage AS 4 des Verfügungsverfahrens 3 U 225/06). Für diese Werbemaßnahmen erhielt sie von DocMorris ein Entgelt.

In der angegriffenen Werbebroschüre hieß es u.a. "... empfiehlt DocMorris" und "Sparen Sie heute 100 % Ihrer Zuzahlung" und "Sparen auf Rezept" und "100 % sparen auf Rezept". Danach sollten gesetzlich Versicherte bei einer Erstbestellung für jedes Medikament ihres Kassenrezeptes einen "Sofort-Bonus in Höhe Ihrer kompletten Zuzahlung" erhalten und "bei jedem Medikament bis zu 10 EUR!" sparen. Bei allen nachfolgenden Bestellungen sollte der "Sofort-Bonus immer 50 %" der Zuzahlung betragen. Die von der Zuzahlung befreiten gesetzlich Versicherten, sollten bei einer Erstbestellung eine Gutschrift in Höhe des 100 %-Bonus auf ein Sammelkonto erhalten Bei allen weiteren Bestellungen sollte der Sofort-Bonus 50 % betragen. Sobald auf dem Sammelkonto ein Betrag von EUR 30 erreicht war, sollte der Betrag an den Versicherten überwiesen werden. Im Hinblick auf Privatversicherte wurde ausgeführt, dass diese "ebenfalls Plus" machen könnten. Sie sollten bei einer Erstbestellung für jedes rezeptpflichtige Medikament (ausgenommen Lifestyle-Präparate) einen Treue-Bonus von EUR 5 erhalten. Bei allen weiteren Bestellungen sollte der Treue-Bonus EUR 3 betragen. Auch diese Beträge sollten auf ein Sammelkonto übertragen werden. Sobald auf dem entsprechenden Sammelkonto ein Betrag von EUR 30 erreicht war, sollte der Betrag an den Privatversicherten überwiesen werden (vgl. Anlage AS 4 des Verfügungsverfahrens 3 U 225/06).

Im Rahmen des Internetangebots der Beklagten hieß es ebenfalls "Sparen Sie heute 100 % Ihrer Zuzahlung", "gesetzlich Versicherte sparen bei DocMorris 100 % Ihrer Rezeptzuzahlung", "Privat Versicherte erhalten 5 EUR Treuebonus" und "Bei rezeptfreien Medikamenten sparen Sie bis zu 30 %" (Anlage K 2).

Unter dem 3.5.2006 hat das LG Hamburg der Beklagten im Wege der Beschlussverfügung, Az. 315 O 340/06, bei Meidung der ...

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