Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 09.03.1995; Aktenzeichen 333 O 196/94)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 33, vom 9. März 1995 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten beträgt DM 48.600,–.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Herausgabe einer Wohnung, die sie im Wege der Zwangsversteigerung erworben hat und die von den Beklagten genutzt wird. Voreigentümerin war die geschiedene Ehefrau des Beklagten zu 1). Die Beklagten vertreten u.a. die Auffassung, aus der Scheidungsfolgenvereinbarung vom 11. Oktober 1989 (Anl. B 1), bei der es sich auch um einen Mietvertrag handele, stehe ihnen – jedenfalls noch – das Nutzungsrecht an der Wohnung zu.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Das Landgericht hat der Klage mit Versäumnisurteil vom 2. November 1994, das mit der angefochtenen Entscheidung aufrechterhalten wurde, stattgegeben. Auf die Begründung seines Urteils wird ebenfalls Bezug genommen.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgen die Beklagten ihr Klagabweisungsbegehren weiter. Sie halten die Klage wegen der vorangegangenen, von der Voreigentümerin gegen sie erhobenen Herausgabeklage sowie im Hinblick auf § 93 ZVG für unzulässig. Im übrigen verweisen sie auf einen Mietvertrag, den der Beklagte zu 1) 1982 mit dem damaligen Wohnungseigentümer abgeschlossen habe und der mit Erwerb der Wohnung seitens der geschiedenen Ehefrau des Beklagten zu 1) im Jahre 1987 kraft Gesetzes zunächst auf diese und sodann – modifiziert durch die Scheidungsfolgenvereinbarung – auf die Klägerin übergegangen sei.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. März 1995 abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 2. November 1994 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagten zur sofortigen Herausgabe der streitigen Wohnung an die Klägerin verurteilt.

1. Die Klage ist zulässig; es fehlt nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Einen zur Umschreibung gemäß § 727 ZPO geeigneten Titel der Rechtsvorgängerin der Klägerin gegen die Beklagten gibt es nicht. Denn die Parteien in dem vorangegangenen, in erster Instanz vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 333 O 203/93 geführten Verfahren haben in der Berufungsinstanz (4 U 72/94) den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Damit wurde die in erster Instanz zugunsten der damaligen Klägerin ergangene Entscheidung wirkungslos (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 19. Aufl., § 91 a Rdn. 12).

Ebenfalls ohne Erfolg verweisen die Beklagten die Klägerin auf § 93 Absatz 1 Satz 1 ZVG. Denn nach Satz 2 jener Vorschrift soll die Zwangsvollstreckung nicht erfolgen, „wenn der Besitzer aufgrund eines Rechtes besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist.” Ein solches Recht ist nach § 57 ZVG in Verbindung mit § 571 BGB insbesondere die Miete. Wie schon gegenüber der Voreigentümerin haben die Beklagten auch gegenüber der Klägerin von Anfang an die Auffassung vertreten, sie seien aufgrund eines Mietverhältnisses zum Besitz der Wohnung berechtigt. Der Streit der Parteien darüber, ob ein Mietverhältnis tatsächlich besteht, wäre nicht im Klauselerteilungsverfahren auszutragen gewesen. Vielmehr wäre die Vollstreckungsklausel für den Zuschlagsbeschluß der Klägerin allein mit der Begründung zu versagen gewesen, daß die Beklagten sich auf ein Mietrecht beriefen. Die Klärung der materiell-rechtlichen Frage, ob dies zu Recht geschah (und geschieht), ist dem Erkenntnisverfahren vorbehalten.

2. Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Klägerin kann gemäß § 985 BGB von den Beklagten die Herausgabe der Wohnung verlangen. Ein Recht zum Besitz (§ 986 Abs. 1 BGB) haben die Beklagten nicht; insbesondere besteht kein Mietverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1). Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Auch die Berufungsbegründung gibt dem Senat keinen Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung. Auf den behaupteten Mietvertrag des Beklagten zu 1) aus dem Jahre 1982 (vgl. Anl. B 1 zum Schriftsatz vom 9. Mai 1995) kommt es nicht an. Denn dieser Mietvertrag – möglicherweise auf Vermieterseite gemäß § 571 BGB für eine sogenannte „logische Sekunde” auf die geschiedene Ehefrau des Beklagten zu 1) als spätere Erwerberin übergegangen – ist von den damaligen Eheleuten Hinterthür offenkundig nicht fortgeführt worden. Das Nutzungsrecht des Beklagten zu 1) gegenüber seiner damaligen Ehefrau ergab sich nämlich bereits aus d...

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