Entscheidungsstichwort (Thema)

Cybersky II

 

Leitsatz (amtlich)

1. In einem Anwaltsprozess sind Parteischriftsätze nur dann zulässig, wenn deren Inhalt von dem Prozessbevollmächtigten verantwortet wird. Dies ist nicht bereits deshalb der Fall, weil ein Rechtsanwalt den von seiner Partei selbst verfassten Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung dem Gericht ohne Abgabe von Erklärungen überreicht. Von einer inhaltlichen Billigung und Verantwortung kann jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt kurze Zeit zuvor selbst einen Schriftsatz verfasst hatte, der nicht unterzeichnete Schriftsatz der Partei keine Anhaltspunkte für eine Kenntnisnahme/Billigung durch den Prozessbevollmächtigten erkennen lässt und der über 130 Seiten umfassende Schriftsatz inhaltlich ein schwer durchschaubares Konglomerat aus materiell-rechtlichen Ausführungen sowie zum Teil offensichtlich formunwirksamer prozessualer Erklärungen enthält.

2. Veränderte Gründe i.S.v. § 927 Abs. 1 ZPO, die die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung rechtfertigen können, erfordern bei dem Vorwurf einer urheberrechtswidrigen Bewerbung eines Produkts jedenfalls die Abstandnahme von einer weiteren Beeinträchtigung der Rechte des Urhebers. Ist auf Grund konkreter Anhaltspunkte weder erkennbar noch zu erwarten, dass der Störer künftig bereit sein könnte, die berechtigten Interessen des Verletzten nunmehr zu respektieren, kommt eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht in betracht.

 

Normenkette

ZPO § 78 Abs. 1, § 130 Nr. 6, § 927 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 13.06.2006; Aktenzeichen 312 O 136/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.01.2009; Aktenzeichen I ZR 57/07)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 13.6.2006 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 530.000 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin vertreibt unter der Bezeichnung "Premiere" verschlüsselte entgeltliche digitale Fernsehprogramme, sog. "Abonnement TV" oder "Pay TV".

Der Beklagte hat die Software "Cybersky TV" entwickelt. Diese sollte zukünftig Teil der Software "TVOON Media Center" sein (Anlage ASt3 des einstweiligen Verfügungsverfahrens 5 U 78/05)(Die Bezugnahme auf Anlagen erfolgt - soweit die Anlagen dort bereits eingereicht worden sind - einheitlich nach der Bezeichnung im Verfügungsverfahren (z.B. ASt4 usw.), damit die in dieses Urteil eingeblendeten Ausführungen aus dem Senatsurteil in dem Verfügungsverfahren vom 8.2.2006 verständlich bleiben.), welche ohne die Software "Cybersky TV" von der in erster Instanz ebenfalls in Anspruch genommenen Firma TC Unterhaltungselektronik AG (im Folgenden: TCU AG) bereits im Internet vertrieben wird. Die TCU AG tritt bzw. trat im Internet unter der Adresse www.tvoon.tv auf, der Beklagte zumindest zeitweilig unter der Adresse www.tvoon.tv/ctv. Der Beklagte ist neben der Vorstandsvorsitzenden P. B. ebenfalls Vorstandsmitglied der Firma TCU AG.

Die entwickelte Software "Cybersky TV" soll bzw. sollte innerhalb der Software "TVOON Media Center" ein sog. Peer-to-Peer-System zur Verfügung stellen. Durch dieses kann ein virtuelles Netzwerk zwischen allen Besitzern dieser Software, die mit ihrem Rechner online sind, aufgebaut werden. Jeder Software-Anwender ist damit in der Lage, Daten sowohl zu senden als auch von den anderen Teilnehmern zu empfangen. Das Peer-to-Peer-Netzwerk soll eine Übertragungsrate zwischen 400 und 600 Kilobit pro Sekunde erreichen, so dass insb. auch Fernsehbilder nahezu in Echtzeit übertragen werden können. Die Software macht es damit möglich, dass ein Abonnent eines PayTV-Senders das Programm dieses Bezahlfernsehsenders in das Internet "einstreamt" und es dadurch anderen Nutzern der Software ermöglicht, diese Sendungen ebenfalls sehen zu können, ohne selbst Abonnenten der Klägerin zu sein.

Die Software "TVOON Media Center" wurde u.a. auch von dem Beklagten über die Internet-Adresse www.tvoon.tv/ctv/tvoon/index.html durch einen Link auf die Seite www.download.tvoon.de zur Verfügung gestellt (Anlagen ASt4 und 5). Zumindest am 5.12.2004 waren auf der Internet-Seite www.tvoon.tv/ctv/01fce295a514cf302/index.html verschiedene Fotos zu erkennen, die u.a. die Textpassagen "Cybersky TV No Borders" und "10.000 channels worldwide with Cybersky TV" enthielten (Anlage ASt7). Unter einem der Fotos befand sich der Satz "When is the premiere?" (Anlage ASt7).

In einer Presseerklärung vom 15.11.2004 wurde auf der Internet-Seite www.telecontrol.de/pressemitteilungen die Formulierung "Wenn also das normale TV nichts mehr zu bieten hat, reicht ein Knopfdruck auf die Fernbedienung und "kostenloses Pay-TV" steht bereit" verwendet (Anlage ASt10). Als Verantwortliche für diese Pressemitteilung wurde die TCU AG sowie deren Vorstandsvorsitzend...

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